Liebe Community,
ich möchte mit euch auf eine sehr spezielle und berechtigter Weise fragwürdige Art der substanzunabhängigen Techniken eingehen. Die Ergebnisse spiegeln sich zwar größtenteils in dem Thread Wachtraum wider, die Erreichung des Zieles ist aber gänzlich anderer Natur.
Ich spreche von der Müdigkeit. Nach einer langen Zeit des Schlafentzuges scheint das Gehirn anders zu arbeiten, zu reagieren; die Konzentration schwindet, die Fehleranfälligkeit nimmt zu, die Klarheit schwindet deutlich dahin. Doch neben den negativen Begleiterscheinungen kommt es zu einem wunderschönen Traumerleben, das ich im vergangenen Jahr mehrmals ausgetestet und genossen habe; nun spreche ich nicht von dem festen Schlaf, in dessen Tiefe Stille herrscht, sondern eher von den in der Gesellschaft und unter widrigen Bedingungen geführten Schlafzyklen, die, der Oberflächlichkeit bedingt, genügend Platz zwischen Bewusstsein und Traumwelt lassen. Ich habe es damals vermehrt zu Prüfungszeiten beobachten können: ich arbeitete eine Nacht durch, setzte mich am darauffolgenden Morgen in die U-Bahn, hörte Musik und schloss die Augen. Die Bahn fuhr, hielt an - Leute kamen und gingen. An tiefen Schlaf ist nicht zu denken. Und doch ist die Schwelle zum Abschalten der Aufmerksamkeit merklich herabgesetzt: man driftet also immer wieder ab, zwischen den einzelnen Haltestellen.
Das Erstaunliche geschah genau in diesen Phasen. Die Bahn fuhr los, ich dachte nach und in blitzeseile werde ich in seltsame, abstrakte Traumlandschaften gezogen, denen ich ganz beiwohne, doch dessen Gestalten mir weitgehend fern blieb; ich dachte an ein Musikstück und inbinnen von Sekunden rasten meine Gedanken von einem zum nächsten Punkt und nach einer Minute sah ich mich vor einem Orchester auf einem Schiff. Zusammenhänge gab es definitiv, diese waren aber weniger strukturiert und logisch, als beim klaren, nüchternen, wachen Denken. Hierbei übernahm das Unterbewusstsein das Denken und spann einen wirren Faden. Der Schlafentzug machts möglich.
Ein anderes Mal sah ich plötzlich ein Brautkleid, ohne nur im geringsten zu wissen, wie ich zu diesen, beinahe unsinnigen, Gedanken und Bildern kam; aber es bildete sich im Kopf, es schwamm mir irgendwie zu.
Es ist aber nicht notwendig nächtelang wach zu bleiben, um diese traumhaften Szenarien zu erleben. Auch eine verminderte Schlafzeit über mehrere Tage ermöglichen den Zugang zu diesen absurden Gedanken, welche man in sekundenschnelle durchläuft.
Von einem philosophischen oder psychologischen Nutzen kann ich nicht unbedingt sprechen. Aber es sind sehr interessante Erlebnisse. Besonders wenn man versucht den Zusammenhang zwischen den bewusst gedachten Ausgangsgedanken und den letzten Bildern zu finden.
Manchmal zuckte ich auch zusammen, weil man gerade auf diese rasenden "Erlebnisse" reagierte und jedes mal, als die nächste Bahn an der nächsten Station hielt, wachte ich auf und konnte nicht fassen, dass ich immer noch in der Bahn sitze.
Kennt ihr diese Form des Träumens? Mir persönlich ist es suspekt, aber reizvoll. Vielleicht habt ihr ähnliche Erfahrungen mit Müdigkeit und Schlafentzug gehabt. Nach einigen Tagen soll es sogar zu realen Halluzinationen kommen. Und das scheint mir mittlerweile gar nicht mehr so abwegig.
Viele Grüße,
Yagé
Übermüdung
1Die Realität ist Spiegelbild der Seele; wird nun das Innere verzerrt, so verschieben sich auch die Wesenszüge der Wirklichkeit.