Re: Philosophische Sprüche/Texte

316
Niemand wählt eine gestörte Beziehung oder eine negative Situation bewusst aus. Wahl setzt immer ein hohes Maß an Bewusstsein voraus. Ohne Bewusstsein hast du keine Wahl. Denn die Möglichkeit zu wählen beginnt in dem Augenblick, in dem du dich vom Verstand und seinen erlernten Mustern trennst, in dem Moment, in dem du wachsam bist. Erst dann bist du in spiritueller Hinsicht bewusst. Das hat nichts mit Intelligenz im üblichen Sinne zu tun. Ich habe viele hochintelligente und gebildete Menschen getroffen, die zugleich vollkommen unbewusst waren. Wenn geistige Entwicklung und zunehmendes Wissen nicht durch entsprechendes Wachstum an Bewusstsein ausgeglichen wird, dann ist das Potenzial für Unglück und Katastrophen sehr groß.

Natürlich wählt niemand Gestörtheit, Konflikt oder Schmerz. Sie entstehen, weil nicht genug Gegenwärtigkeit in dir vorhanden ist, um die Vergangenheit auszulöschen, nicht genügend Licht, um die Dunkelheit zu vertreiben. Du bist noch nicht vollkommen hier. Du bist noch nicht ganz aufgewacht. In der Zwischenzeit beherrscht der konditionierbare Verstand dein Leben.

Ganz ähnlich ist es, wenn du zu den vielen Menschen gehörst, die in eine unbewältigte Geschichte mit den Eltern verwickelt sind. Wenn du ihnen weiterhin übel nimmst, was sie getan oder nicht getan haben, dann glaubst du, dass sie eine Wahl hatten, dass sie anders hätten handeln können. Es sieht immer so aus, als wenn Menschen eine Wahl hätten, aber das ist eine Illusion. Solange dein Verstand mit seinen konditionierten Mustern dein Leben beherrscht, solange du dein Verstand bist, welche Wahl hast du da? Gar keine. Du bist nicht einmal da. Mit dem Verstand identifiziert zu sein, ist ein sehr kranker Zustand. Fast jeder leidet in unterschiedlichem Maß an dieser Krankheit. In dem Moment, in dem du das erkennst, kann es keinen Groll mehr geben. Wie kannst du jemandem seine Krankheit vorwerfen? Die einzige angemessene Antwort ist Mitgefühl. Aber wenn du von deinem Verstand beherrscht wirst, musst du weiterhin die Konsequenzen deiner Unbewusstheit erleiden, obwohl du keine Wahl hast, und du wirst weiteres Leiden verursachen. Du wirst die Last der Angst, der Konflikte, der Probleme und der Schmerzen tragen müssen. Das so erschaffene Leiden wird dich schließlich aus deinem unbewussten Zustand herauszwingen.

Wenn du dich dem hingibst, was ist, und dadurch voll gegenwärtig bist, dann verliert die Vergangenheit an Macht. Du brauchst sie nicht mehr. Gegenwärtigkeit ist der Schlüssel. Das Jetzt ist der Schlüssel. Sei du selbst: authentisch, wahrhaftig und hilfsbereit. Lass alles los, um den Ballast abzuwerfen, der dich belastet, erfahre deine Gefühle. Niemand kennt deinen Weg, dein Weg ist einzigartig! Darum geh deinen Weg des Herzens.


Eckhart Tolle



~~Meine Erfahrungen, Erlebnisse, Erkenntnisse (gerade auch) der letzten Zeit und teilweise sogar meine Worte aus der Feder eines anderen. Das ist doch wie nach Hause kommen. <3 Vielleicht sollte ich mir mal ein Buch von ihm zulegen. :) ~~
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Re: Philosophische Sprüche/Texte

317
Der Fotograf muss das Leben aus der Überraschung heraus, sozusagen beim Sprung aus dem Bett, aufnehmen. Die Fotografie hält keineswegs das Leben auf, sondern überrascht es in seinen Augenblicken höchster Dichte oder vielmehr Leichtigkeit, denn es geht nun einmal nicht darum, mit Bedeutung übersättigte und mit Botschaften überladene Szenen festzuhalten. Das Leben streift und geht vorüber. Um es einfangen zu können, muss sich der Fotograf diesem Gesetz unterordnen und wie auf dem Sprung fotografieren.

Henri Cartier-Bresson
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Re: Philosophische Sprüche/Texte

319
Carrie: He said, 'I miss you, baby.' Do you think that was meant to be some kind of coded mea culpa?
Miranda: You mean like what he really meant was, 'I've been a complete idiot, please forgive me for having dinner with that other woman.'
Carrie: Exactly.
Miranda: Could be.
Carrie: Well no, because that would mean that everything he ever said that I interpreted as sincere is subject to interpretation, and in that case, what I perceive as his feelings for me may only really be reflected projections of my feelings for him.
Miranda: What?

(Sex and the City - The Monogamists (1998))

:rofl: :2daumen: :lol:
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Re: Philosophische Sprüche/Texte

320
Wenn nur noch die gute Stimmung erlaubt ist, wird jede Verstimmung zur schlimmen Störung. Die unscheinbarste Unregelmäßigkeit erscheint dann negativ, und es setzt ein Kampf gegen Windmühlenflügel ein, da das Negative schneller herbeistürmt, als ein Positivdenker positiv denken kann. Mit aller Macht die positive Sichtweise aufrechtzuerhalten, laugt Menschen aus, mit dem Resultat, noch wütender positiv zu denken. Da muss womöglich etwas im eigenen Inneren niedergekämpft werden. Vielleicht ist das die Grundregel: Je heftiger Menschen auf dem Positiven beharren, desto tiefer stecken sie im Negativen fest.

Aber was hilft es, Trost darin zu finden, die Dinge so zu sehen, wie sie nicht sind? Dieser Trost kann nicht von Dauer sein. Inspirierend ist das Positivdenken, um problematische Dinge auch wieder anders zu sehen. Zum Problem wird das Positivdenken, wenn es dazu führt, nur noch Positives sehen zu wollen. Nichts wird mehr ernst genommen, alles erscheint lediglich als Frage der Sichtweise. (...)

Dass Dinge und Verhältnisse davon abhängen, was Menschen darüber denken, war ursprünglich eine Entdeckung antiker Philosophen. Schon Epiktet wusste, dass die Deutung eines Geschehens in der Macht des Menschen steht, der missliche Dinge so interpretieren kann, dass sie lebbar werden, denn nicht das, was uns zustößt, ist bedrückend, sondern unsere Meinung darüber. Aber nicht alles kann beliebig gedeutet werden. Gläser sind nicht nur halb voll oder halb leer, sondern gelegentlich auch ganz leer. Nur die frühzeitige Wahrnehmung erlaubt eine rechtzeitige Auffüllung. Krisen sind Chancen, das hat sich herumgesprochen, aber dürfen sie auch mal einfach nur Probleme sein? Schulden werden mit einem reframing in einen anderen Rahmen gestellt, aber werden sie auch mal getilgt? (...)

Eine differenzierte Lebenskunst besteht darin, die Dinge gelegentlich positiv zu sehen und sich dennoch negative Dinge vorbehaltlos klarzumachen. Nicht blind an das Positive zu glauben und dabei blind gegen das mögliche Negative zu werden, sondern kritische Fragen zu stellen und sich an Verbesserungen zu versuchen. Nicht nur im Negativen das Positive, sondern auch im Positiven das Negative zu sehen. Die Probleme auf den Punkt zu bringen und nüchtern nach Lösungen zu suchen, statt sich endlos der Hoffnung hinzugeben, es werde alles gut, wenn man nur lange genug gut davon denkt. So kommen Menschen zügig aus einem Schlamassel wieder heraus, ansonsten dauert es etwas länger.

Aus: Zur Fülle des Lebens gehört nicht nur Positives In: Wilhelm Schmid: Unglücklich sein. Eine Ermutigung
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Re: Philosophische Sprüche/Texte

322
Dieses kleine Buch ist die konsequente Fortsetzung von

Bild

(Der Untertitel gefällt mir zwar nicht, weil zu reißerisch, aber das Buch hat mich vergangenes Jahr begeistert. Den Nachfolger habe ich mir Dienstag gekauft und in Kürze durch, beide sind seitenmäßig recht überschaubar.)

Ich steh auf Wilhelm Schmid. :2daumen:
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Re: Philosophische Sprüche/Texte

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"Das ist das Schöne an Musik. Sie können sie dir nicht nehmen. Habt ihr bei Musik nie sowas empfunden? Man braucht Musik, um nicht zu vergessen. Um nicht zu vergessen, dass es noch Orte auf der Welt gibt, die nicht aus Stein sind. Dass in deinem Inneren etwas ist, das sie nicht kriegen können und das dir allein gehört."

Die Verurteilten, 1994

<3
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Re: Philosophische Sprüche/Texte

330
Nen paar dzogchen sätze:

Da alles bereits vollendet ist, lassen wir die Krankheit der Anstrengung hinter uns, und finden uns im spontan vollkommenen Zustand: das ist Kontemplation.

Es gibt einen wichtigen Satz von Garab Dorje: »Beobachte, ob sich Gedanken oder Bewegung einstellen.« Beobachten bedeutet, man ist gegenwärtig. Wenn Gedanken und Bewegung erscheinen, ist das gyuwa. Wenn sie beobachtet werden, verschwinden beide. Wenn sie weg sind, ist man im ruhigen Zustand. Da gibt es keinerlei Unterschied. Das heißt, wenn man meditiert, geht es nicht um die Suche nach dem ruhigen Zustand, denn Ruhe ist eine Erfahrung, sie ist nicht Kontemplation. Deshalb hat Garab Dorje gesagt: »Es gibt keinen Unterschied zwischen Bewegung und dem ruhigen Zustand.«
Don't worry, nothing is under control.

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