Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Dr.Schuh hat geschrieben: Auch der physische Körper ist imho ein im Wechselspiel befindlicher Ausdruck des wahren Selbst, weniger des Egos. Ich persönlich habe erst im Rahmen der Psychonautik überhaupt eine Beziehung zu ihm aufgebaut.

Mir ist er nicht unwichtig, und ich halte mitlerweile wenig davon, ausschließlich die geistige, ätherische Welt für das höchste Maß der Dinge zu halten...und das habich lange getan. Fürmich besteht da mitlerweile ein unmittelbarer Zusammenhang.
Fraglos hängen Körper und Geist zusammen. Das kann unter anderem auch biologisch sehr gut begründet werden - in Bauchnähe befindet sich ebenfalls ein neuronales Netzwerk, das identisch zu dem im Gehirn ist. Das gibt dem Wort Bauchgefühl doch gleich eine neue Qualität. ;)

Die Grundlage des Selbst ist bei uns Menschen sicherlich Bewusstsein in Verbindung mit der biologischen Hülle. Allerdings kann ich mir eine Existenz ohne Körper vorstellen - aber keinen Körper ohne Bewusstsein.
happiness is the absence of resistance

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben:
gowiththeflo hat geschrieben: Als (stark vereinfachtes) Beispiel:
Selbst = Erraphex - konstruiertes Ich - materieller Körper - Welt bzw. Kosmos = Gesamtbewusstsein

Entspricht das Deiner Definition? Die drei anderen Definitionen wären dann eine Folge daraus.
Weiss ich nicht. ;)

Unterscheiden sich Erraphex und das konstruierte Ich? Was ist der Unterschied?

Und was ist Gesamtbewusstsein und der Unterschied zu Bewusstsein?
Nein, Erraphex und das konstruierte Ich unterscheiden sich nicht. Ich dachte nur, dass das gesamte Bewusstsein (= Summe von Bewusstsein und Unterbewusstsein) auch noch in Erraphex drin steckt, so dass nach Auflösung des Ichs sowie Abzug der Komponenten Körper und Welt nur noch (Gesamt-)Bewusstsein übrig bleibt.

Aber vielleicht ist das Beispiel auch unangebracht bzw. zu einfach / naiv gestrickt, als dass es einen so komplexen Sachverhalt wie das Selbst erläutern könnte.
Dr.Schuh hat geschrieben:Auch der physische Körper ist imho ein im Wechselspiel befindlicher Ausdruck des wahren Selbst, weniger des Egos.
Das hätte ich auch eher so, als anders herum betrachtet. Das Ego beansprucht, darin zu wohnen bzw. der Körper zu sein, während das Selbst jede Zelle des Körpers durchdringt.
Dr.Schuh hat geschrieben:Mir ist er nicht unwichtig, und ich halte mitlerweile wenig davon, ausschließlich die geistige, ätherische Welt für das höchste Maß der Dinge zu halten...und das habich lange getan. Fürmich besteht da mitlerweile ein unmittelbarer Zusammenhang.
Ich wollte auch nicht sagen, dass der Körper unwichtig ist. Ich achte sehr auf meinen Körper. Wenn es körperlich bergab geht, dann wird automatisch auch der Geist in Mitleidenschaft gezogen. Körper und Geist sind (in der Existenzform als Mensch) untrennbar miteinander verbunden und bedingen sich gegenseitig.
Mao hat geschrieben:Setzt man das Nichts mit der Unendlichkeit so ändert sich der Blickwinkel doch gleich ins Positive. Man ist die Unendlichkeit; ein jeder von uns. Das ist doch eine feine Sache. Man kann daraus zum Beispiel ableiten, dass man nie glauben sollte sich SELBST bis ins letzte zu kennen. Da kommt immer noch mehr. So entstehen immer neue Entwicklungsmöglichkeiten und man endeckt an sich sets ungeahnte neue Fähigkeiten.
Ich sehe das genau so. Die andere Sichtweise war nur ein kurzer Anfall von vorübergehender Orientierungslosigkeit. :strubbel:

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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gowiththeflo hat geschrieben:Im Großen und Ganzen geht es mir genau so. Der Versuch, es zu ergründen resultierte meist in Irrungen und Wirrungen, vor allem deswegen, weil das Ego stets im Weg zu sein scheint. Trotzdem lässt mich der Gedanke nicht los, dass man es doch irgendwie erfahren können sollte / müsste. Naja, vielleicht muss ich (irgendwann noch) einsehen, dass dem nicht so ist.
Bei mir lief das etwas anders ab. Irgendwann auf Drogen wurde mein Ich erschlagen, ohne das zu beabsichtigen oder dafür "vorbereitet" zu sein (zu wissen, dass man sich auflöst). Erst danach war ich gezwungen mich mit den Fragen außeinander zu setzen. Überhaupt wurde alles "verdreht". Es war ein böses Erwachen, weil ich von einer Erkenntnis zur nächsten gedrängt wurde und überhaupt nicht mehr wusste, was ich sein soll oder ob es mich überhaupt gibt :freak:

Dazu gehört die Einsicht in die Leere.
Hattest Du niemals Gefühle der Leere, der Bedeutungslosigkeit, Angst (sich aufzulösen, nichts zu sein oder beim Versuch, die Irrationalität zu begreifen, wahnsinnig zu werden)?
Ende September bis Ende November '08 war so eine Zeit, die ich nur mit der Hölle selbst vergleichen kann. Ich bin durch einen abnormalen Trip von "allem getrennt" worden. Mein Körper fing an zu leuchten und durch das starke Licht außeinander zu bröseln (Licht kam durch jede Zelle) und dann traf mich etwas, wozu ich keine Erinnerungen mehr habe. Da ist etwas in mir passiert, was mir einen totalen Blackout gegeben hat. Und als ich zu mir kam war das alte Ich nicht mehr da, in mir befand sich etwas total fremdartiges, ich konnte nicht mal sagen, dass es mein Körper war, in dem ich steckte. Mein altes Ich war ausradiert und das war der Schock meines Lebens. Danach war's eine ziemlich krasse Zeit, in der ich im Alltag wenig zurechtkam. Ich machte eigentlich alles rein automatisch, ohne daran beteiligt zu sein :verwirrt:
Das war buchstäblich "zwischen zwei Welten" stecken.

Erst jetzt kann ich mir halbwegs erklären, was da los war. Durch die Einsicht in die wahre Natur des Seins bin ich der Unendlichkeit, der Leere, "mir selbst" begegnet. Das hat alles in Schutt und Asche gelegt. Und daran hatte ich volle 2 Monate ununterbrochen zu knabbern, bis ich die Einsicht integrieren konnte.
Es geht aber sicher auch einfacher wie gleich den Kopf zu verlieren. Ich denke, diese Einsicht kann man allmählich erfahren und integrieren, ohne dabei in alle Richtungen verissen zu sein, wie es bei mir der Fall war. :doh:
Mittlerweile - mit genügend Abstand und Gelassenheit - fühlt sich diese mit der Erkenntnis gewonnene Freiheit tatsächlich manchmal an, wie die "schlichte Wirklichkeit" / das pure Leben / das leichte Sein. Anhaftungen werden immer lockerer und Loslassen fällt immer leichter, da ich hinter die Kulissen schauen kann. Ein wichtiger Schritt in Richtung bewusstes Sein.

Statt mich einzuschränken, macht es mich flexibel und wendig. :hurra:
Oh ja, alles wird bewusster, klarer und schöner. Dann gewinnt es an Stärke und es wird einem klar, welcher Weg zur Befreiung führt. :2daumen:
Mao hat geschrieben:Das war bei mir ebenso. Vielleicht sogar die wertvollste Erkenntnis kraft Psychedelika, die ich bislang sammeln durfte, vor allem, was die Integration in das sonstige Leben anbelangt.
Wirklich unglaublich, welche Verbindung man zu seinem Körper aufbauen kann. Man kann ihn fühlen, spüren und ihm sogar zuhören. Er kommuniziert mit uns und gehorcht brav unseren Anweisungen. Ein super Vehikel :knuddel:

Hatte das zuletzt gehabt, dass ich nach einem Trip einfach dalag und mir dann meines Körpers bewusst wurde. Ich spürte die Organe, die Atmung und unendlich viele komplizierte Prozesse und Abläufe. Mir wurde klar, wie perfekt dieser Körper ist, aber zugleich auch, dass er zart und zerbrechlich ist. Und dann ist da ein Gefühl einer Einheit.
Aber man weiß auch, dass man seinen Körper nicht behalten wird. Er ist nur unser Vehikel im Leben, damit wir unsere Lektionen lernen können.

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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gowiththeflo hat geschrieben:
Erraphex hat geschrieben:
gowiththeflo hat geschrieben: Als (stark vereinfachtes) Beispiel:
Selbst = Erraphex - konstruiertes Ich - materieller Körper - Welt bzw. Kosmos = Gesamtbewusstsein

Entspricht das Deiner Definition? Die drei anderen Definitionen wären dann eine Folge daraus.
Weiss ich nicht. ;)

Unterscheiden sich Erraphex und das konstruierte Ich? Was ist der Unterschied?

Und was ist Gesamtbewusstsein und der Unterschied zu Bewusstsein?
Nein, Erraphex und das konstruierte Ich unterscheiden sich nicht. Ich dachte nur, dass das gesamte Bewusstsein (= Summe von Bewusstsein und Unterbewusstsein) auch noch in Erraphex drin steckt, so dass nach Auflösung des Ichs sowie Abzug der Komponenten Körper und Welt nur noch (Gesamt-)Bewusstsein übrig bleibt.

Aber vielleicht ist das Beispiel auch unangebracht bzw. zu einfach / naiv gestrickt, als dass es einen so komplexen Sachverhalt wie das Selbst erläutern könnte.
Ok, verstehe.

Gibt es wirklich einen Unterschied zwischen Bewusstsein und dem Unbewussten? Abgesehen davon, dass uns das Unbewusste nicht bewusst ist? ^^

imho kann das Selbst gar nicht erläutert werden - sprachlich können wir uns nur annähern. Warum? Weil es ausschließlich in der Nicht-Dualität erfahren werden kann und diese Nicht-Dualität entzieht sich jeder sprachlichen Beschreibung.

Wie sagte ein weise Chinese? Das Tao welches beschrieben werden kann ist nicht das Tao. Und hier verhält es sich mit dem Selbst imho identisch. :)

Nichts desto trotz ist der Versuch interessant. ;)
gowiththeflo hat geschrieben: Das hätte ich auch eher so, als anders herum betrachtet. Das Ego beansprucht, darin zu wohnen bzw. der Körper zu sein, während das Selbst jede Zelle des Körpers durchdringt.
Sehr schön ausgedrückt.
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Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben:Gibt es wirklich einen Unterschied zwischen Bewusstsein und dem Unbewussten? Abgesehen davon, dass uns das Unbewusste nicht bewusst ist? ^^
Vermutlich nicht, ich habe bisher Geist als Summe aus Bewusstsein und Unbewusstem betrachtet. Deshalb habe ich beide getrennt genannt, auch wenn beides Bewusstsein ist.
Erraphex hat geschrieben:imho kann das Selbst gar nicht erläutert werden - wir können uns sprachlich nur einer Definition annähern. Warum? Weil es nur in dem Zustand der Nicht-Dualität erfahren werden kann und diese Nicht-Dualität entzieht sich jeder sprachlichen Beschreibung.

Wie sagte ein weise Chinese? Das Tao welches beschrieben werden kann ist nicht das Tao. Und hier verhält es sich mit dem Selbst imho identisch. :)
Ok, das klingt logisch.

Warum versucht man (also ich zumindest) trotzdem immer wieder, das Selbst zu begreifen / erklären? Ist es ein Versuch des Egos, sein Weltbild bzw. seine Existenz zu festigen, indem es vorgibt, das Selbst zu sein?

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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gowiththeflo hat geschrieben: Warum versucht man (also ich zumindest) trotzdem immer wieder, das Selbst zu begreifen / erklären? Ist es ein Versuch des Egos, sein Weltbild bzw. seine Existenz zu festigen, indem es vorgibt, das Selbst zu sein?
Gute Frage. Also, dein Szenario ist sicherlich eine Möglichkeit.

Was lässt uns Menschen forschen? Was ist die Ursache für Neugierde? Woher stammt die Motivation für die Erforschung unserer Selbst? Das sind imho alles urmenschliche Programme - es liegt geradezu in unserer Natur und scheint mir eine bedeutende Grundlage für den "Erfolg" der Spezies Mensch zu sein.

Gleichwohl habe ich es mehrmals als sehr befreiend empfunden jegliche Konzepte und Bilder fallenzulassen. Konzepte und Bilder erschaffen ein Modell der Wirklichkeit das die Interpretation der Wahrnehmung beeinflusst. Und das beschränkt uns imho.
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Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben:Gleichwohl habe ich es mehrmals als sehr befreiend empfunden jegliche Konzepte und Bilder fallenzulassen. Konzepte und Bilder erschaffen ein Modell der Wirklichkeit das die Interpretation der Wahrnehmung beeinflusst. Und das beschränkt uns imho.
Aight, das stimmt nun auch wieder.

Vorerst keine weiteren Fragen. ^^

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben: Was lässt uns Menschen forschen? Was ist die Ursache für Neugierde? Woher stammt die Motivation für die Erforschung unserer Selbst? Das sind imho alles urmenschliche Programme - es liegt geradezu in unserer Natur und scheint mir eine bedeutende Grundlage für den "Erfolg" der Spezies Mensch zu sein.
Dieser Prozess ist meiner Meinung nach evolutionär bedingt. Wir besitzen die Fähigkeit, zu lernen. wohl nicht als einzige Spezies auf diesem Planeten, aber zumindest zentrieren wir diesen Prozess in unserer Entwicklung wie keine andere. Und dieser Lernprozess, die Fähigkeit, unsere Umwelt zu instrumentalisieren und zu unserem Zweck umzugestalten, ermöglicht uns eine höhere biologische Überlebensfähigkeit. Der kindliche Spieltrieb, die naive, unbeschränkte Neugierde besitzt also ganz instinktiven Charakter. Vielleicht nicht so primär wie Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung. Eher übergreifenderer Natur, um diese Prozesse zu beschleunigen und zu erleichtern.
Ich würde das nicht als Problem formulieren, sondern als neutrale Eigenschaft.
Gleichwohl habe ich es mehrmals als sehr befreiend empfunden jegliche Konzepte und Bilder fallenzulassen. Konzepte und Bilder erschaffen ein Modell der Wirklichkeit das die Interpretation der Wahrnehmung beeinflusst. Und das beschränkt uns imho.
Sehr richtig. Das hat bei mir zu Beginn überwiegend mit Substanz funktioniert, aber mit wachsender Erfahrung und Integration dieser Erlebnisse gelingt das nun auch ganz nüchtern und im Alltag. Ganz ohne Substanz fehlt nämlich auch der Nebel, der bisweilen mit der Bewusstseinserweiterung verbunden ist: Wenn etwas beschleunigt wird, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die dadurch gewonnen Erkenntnisse von großer Weisheit geprägt sind. Man kann auch verdammt viel Reisen und dabei immernoch verdammt wenig verstehen. ;)
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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raellear hat geschrieben: Dieser Prozess ist meiner Meinung nach evolutionär bedingt.
Dieser Prozess ist die Evolution. Ich vergleiche es gerne mit Programmen - die Grundlage allen Lebens scheint mir ein sehr cleverer Algorithmus zu sein den wir als Evolution bezeichnen.

Wir sind das erwartete Resultat. ;)
raellear hat geschrieben: Ich würde das nicht als Problem formulieren, sondern als neutrale Eigenschaft.
Wer hat das als Problem formuliert? ^^
raellear hat geschrieben: Sehr richtig. Das hat bei mir zu Beginn überwiegend mit Substanz funktioniert, aber mit wachsender Erfahrung und Integration dieser Erlebnisse gelingt das nun auch ganz nüchtern und im Alltag.
Das liest sich als ob es ein konstanter Prozess sei? Nimmst du das so wahr?

Ich habe es einige Male als sehr einschneidend empfunden. Mit teilweise dramatischen Folgen. Diese Erfahrungen wurden immer ohne Hilfe von Substanzen getriggert.

Gleichwohl habe ich sicher auch viele, viele Bilder und Konzepte mithilfe psychedelischer Erfahrungen fallen lassen können. Aber das betraf mehr gesellschaftliche und durch das Umfeld geprägte Bilder und Konzepte.

Meine Äusserung bezog sich ausschließlich auf "spirituelle" Konzepte und Bilder.
raellear hat geschrieben: Ganz ohne Substanz fehlt nämlich auch der Nebel, der bisweilen mit der Bewusstseinserweiterung verbunden ist: Wenn etwas beschleunigt wird, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die dadurch gewonnen Erkenntnisse von großer Weisheit geprägt sind. Man kann auch verdammt viel Reisen und dabei immernoch verdammt wenig verstehen. ;)
Was auch für Erkenntnisse gilt die nicht beschleunigt gewonnen wurden, nicht?

imho macht es der Mix. Mächtige Hilfsmittel, Meditation, Integration in den Alltag, Selbstrelflexion, Fremdreflexion, Austausch mit anderen Menschen, Meister-Schüler Verhältnisse, Lernen durch Beobachtung...
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Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Oh ich hatte beim Lesen statt 'Programm' 'Problem' gelesen, also ein Missverständnis. So kann ich dir vollkommen Recht geben. Ich empfinde unseren übermäßig starken Lern- und Spieltrieb nicht nur als evolutionär, sondern sogar als postevolutionär. Weil er durch Anpassungsdruck bedingt die Möglichkeit gibt, selbst und aktiv Anpassungsleistung zu bringen. Das ist in unserem biologischem System doch ziemlich einzigartig.

Zu den spirituellen Konzepten: Nunja, das, was man damit versuchst zu begreifen ist ja letztlich jenseits von jedem Konzept. Deswegen halte ich das mit meinen Konzepten so, wie man das zum Beispiel in der Physik mit den Atommodellen macht. Man beginnt bei simplen Tennisballtheorien und arbeitet sich dann über Bohr und Rutherford hin zur Quantenmechanik vor. Und jedes Modell behält man nur solange, wie es sich als plausibel erweist. Und das bedeutet die ständige Hinterfragung und Überdenkung. Man hat es ja nur solange, bis man ein besseres findet.

Zur Erkenntnisbeschleunigung: Ich sag es mal so - wenn man in die falsche Richtung rennt, nutzt es niemanden, schneller zu laufen. Langsam und nachhaltig arbeiten, kritisch bleiben; wenn man nur richtig hinschaut, sieht man auch ohne Substanz mehr als man begreifen kann.
Der Mix macht es in der Tat. Substanz ist aber keine grundliegende Zutat hierfür. Taugt mehr zum Würzen.
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Re: nicht denken oder nicht-denken?

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raellear hat geschrieben: Oh ich hatte beim Lesen statt 'Programm' 'Problem' gelesen, also ein Missverständnis. So kann ich dir vollkommen Recht geben. Ich empfinde unseren übermäßig starken Lern- und Spieltrieb nicht nur als evolutionär, sondern sogar als postevolutionär. Weil er durch Anpassungsdruck bedingt die Möglichkeit gibt, selbst und aktiv Anpassungsleistung zu bringen. Das ist in unserem biologischem System doch ziemlich einzigartig.
Eigentlich empfinde ich das Wort Evolution als zu eingeschränkt. Die Entwicklung umfasst ja eben nicht nur die biologische Komponente auf DNS Basis. imho sind Sprache, Bücher, Computer, Internet, Roboter und KI genau so Teil dieses Programmes.
raellear hat geschrieben: Zu den spirituellen Konzepten: Nunja, das, was man damit versuchst zu begreifen ist ja letztlich jenseits von jedem Konzept. Deswegen halte ich das mit meinen Konzepten so, wie man das zum Beispiel in der Physik mit den Atommodellen macht. Man beginnt bei simplen Tennisballtheorien und arbeitet sich dann über Bohr und Rutherford hin zur Quantenmechanik vor. Und jedes Modell behält man nur solange, wie es sich als plausibel erweist. Und das bedeutet die ständige Hinterfragung und Überdenkung. Man hat es ja nur solange, bis man ein besseres findet.
So habe ich es auch eine ganze Weile betrieben. Bis dann auf Ebene des Fundaments eine Störung auftrat und alles einkrachte und mich in die schwerste Krise meines neureren Lebens stürzte. ;)

Für mich war es gefühlt nur ein intellektuelles Puzzlespiel und trotzdem waren die Auswirkungen des Einsturzes dramatischer Natur.

Wozu bedarf es dieser Konzepte?
raellear hat geschrieben: Zur Erkenntnisbeschleunigung: Ich sag es mal so - wenn man in die falsche Richtung rennt, nutzt es niemanden, schneller zu laufen. Langsam und nachhaltig arbeiten, kritisch bleiben; wenn man nur richtig hinschaut, sieht man auch ohne Substanz mehr als man begreifen kann.
Der Mix macht es in der Tat. Substanz ist aber keine grundliegende Zutat hierfür. Taugt mehr zum Würzen.
Was ist schon grundlegend? Natürlich ist es nicht grundlegend. Aber es kann helfen und mir hat es sehr geholfen.

Eine erhöhte Geschwindigkeit resultiert aber auch in einem erhöhten Risiko in die falsche Richtung zu rennen und dabei die Zeichen nur unzureichend wahrzunehmen und zu deuten.
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Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben: So habe ich es auch eine ganze Weile betrieben. Bis dann auf Ebene des Fundaments eine Störung auftrat und alles einkrachte und mich in die schwerste Krise meines neureren Lebens stürzte. ;)
Wie genau äußerte sich diese Krise? Das interessiert mich jetzt nicht nur sehr, sondern quasi brennend. ;)
Für mich war es gefühlt nur ein intellektuelles Puzzlespiel und trotzdem waren die Auswirkungen des Einsturzes dramatischer Natur.

Wozu bedarf es dieser Konzepte?
Um intellektuell greifbar zu machen, was man nur durch Wahrnehmung erfahren kann? Warum muss man überhaupt intellektuell begreifbar machen? Meiner Meinung nach, um kommunikativ vermitteln zu können. Die Konzepte ziehe ich dann heran, wenn ich anderen Leuten begreifbar machen möchte, was ich selbst empfinde. Vielleicht sprechen deswegen viele sogenannte spirituellen Menschen so gerne in Metaphern. Weil man eigentlich nicht wirklich erklären kann, was da vor sich geht.
Was ist schon grundlegend? Natürlich ist es nicht grundlegend. Aber es kann helfen und mir hat es sehr geholfen.

Eine erhöhte Geschwindigkeit resultiert aber auch in einem erhöhten Risiko in die falsche Richtung zu rennen und dabei die Zeichen nur unzureichend wahrzunehmen und zu deuten.
So ist es.
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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raellear hat geschrieben: Wie genau äußerte sich diese Krise? Das interessiert mich jetzt nicht nur sehr, sondern quasi brennend. ;)
Nun, ich kann natürlich nicht sagen ob alle Folgen unmittelbar kausal damit in Zusammenhang stehen. Gleichwohl habe ich es so empfunden.

Die Folge war, dass alles an Bedeutung verlor. Das betraf meine aktuelle gesellschaftliche Aufgabe, das Wahrgenommene, ja das Leben und damit die Existenz ansich. Halt alles.

Anschliessend folge eine Achterbahnfahrt der Gefühle und Emotionen. Ein Tag eine extreme Euphorie mit spontanen Lachanfällen und am nächsten Tag eine extreme Melancholie mit spontanen Weinen.
raellear hat geschrieben: Um intellektuell greifbar zu machen, was man nur durch Wahrnehmung erfahren kann? Warum muss man überhaupt intellektuell begreifbar machen? Meiner Meinung nach, um kommunikativ vermitteln zu können. Die Konzepte ziehe ich dann heran, wenn ich anderen Leuten begreifbar machen möchte, was ich selbst empfinde. Vielleicht sprechen deswegen viele sogenannte spirituellen Menschen so gerne in Metaphern. Weil man eigentlich nicht wirklich erklären kann, was da vor sich geht.
Ja. Hmm. Ich kann sehr gut nachfühlen was du sagst, aber: Gerade weil wir vieles nicht oder nie mit Sicherheit wissen und sprachlich vermitteln können entsprechen viele dieser Konzepte und Ideen der Natur eines Luftschlosses.

Für mich läuft die Entwicklung sehr radikal auf immer weniger Konzepte und Bilder und immer mehr auf das JETZT und damit nicht-denken hinaus. Das Leben findet nur im JETZT statt und das bedeutet für mich Spiritualität. Das Leben ist spirituell oder Spiritualität ist das Leben und es gibt keine Spiritualität ausserhalb dieses Lebens.

Konzepte und Bilder haben keine Bedeutung für unser Sein.

Konzepte und Bilder befriedigen den Wunsch nach Antworten auf die großen Fragen unserer Existenz. Was verspricht die Erfüllung des Wunsches? Sicherheit? Dieser Wunsch löst sich in Luft auf wenn wir uns dem Strom des Lebens hingebungsvoll anvertrauen. Der Strom ist das was fliesst. Was JETZT fliesst. Die subjektive Partizipation an der Schöpfung. Die Natur des Wunsches ist seine Orientierung in die Zukunft und das JETZT findet eben jetzt statt. ;)

Es ist die Suche nach einem Luftschloss und die Suche endet mit dem Entweichen der Luft - oder sie endet nie.

Und es ist eine Illusion zu glauben alle Antworten auf alle Fragen finden zu können. Dieser Wunsch wird damit nie Befriedigung erfahren. Und für was? Um etwas vermitteln zu wollen was nicht vermittelbar ist?

Es ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite diesem Wunsch zu folgen und Freude an dem intellektuellen Spiel zu finden und auf der anderen Seite die Haftung an diesen Bildern und Konzepten mit allen Nachteilen.
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Re: nicht denken oder nicht-denken?

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:rocker: @ Erraphex für den letzten Beitrag.

Das hat mir gewissermaßen das Dilemma meines eigenen Verhaltens vor Augen geführt. Ich war oft auf der Suche nach Antworten und Erklärungen für Dinge, die ich mir selbst nicht erklären konnte. Oder ich war auf der Suche nach Antworten auf Fragen, die sich aufgrund der Suche nach Antworten auf Fragen automatisch ergeben und in den Vordergrund gedrängt haben, die sich aufgrund der Suche nach Antworten auf Fragen automatisch ergeben und in den Vordergrund gedrängt haben, die sich aufgrund... ;)

Dabei war ich so sehr beschäftigt, dass ich Tage und Nächte damit verbracht (und verschwendet) habe, Antworten zu suchen, zu recherchieren und meine Denkmaschine zu füttern. Das wird zum Selbstläufer, ohne dass man es erkennt. Es ist ein Fass ohne Boden. Man häuft zwar Wissen an, aber Wissen ist relativ, begrenzt und begrenzend.

Die Suche nach Antworten zerstreut und fragmentiert den Geist, weil er ständig mit Denken beschäftigt ist. Im Grunde genommen braucht man aber keine Antworten, um vollkommen und ganz zu sein. Tatsächlich kann man leicht und mühelos im Hier und Jetzt sein, auch wenn man nichts weiß und keine Erklärungen parat hat. Eine Antwort mehr oder weniger macht den Braten auch nicht fett bei potenziell unendlich vielen Antworten. Bei jeder Antwort besteht immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese einem ungenauen, selbstbezogenen, illusorischen, gewohnheitsmäßigen oder schlicht falschen Gedankenmuster entsprungen ist, dessen Gültigkeit früher oder später bröckelt.

In diesem Sinne lieber wunschlos glücklich! :idee:

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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gowiththeflo hat geschrieben::
Dabei war ich so sehr beschäftigt, dass ich Tage und Nächte damit verbracht (und verschwendet) habe, Antworten zu suchen, zu recherchieren und meine Denkmaschine zu füttern. Das wird zum Selbstläufer, ohne dass man es erkennt. Es ist ein Fass ohne Boden. Man häuft zwar Wissen an, aber Wissen ist relativ, begrenzt und begrenzend.

Die Suche nach Antworten zerstreut und fragmentiert den Geist, weil er ständig mit Denken beschäftigt ist. Im Grunde genommen braucht man aber keine Antworten, um vollkommen und ganz zu sein. Tatsächlich kann man leicht und mühelos im Hier und Jetzt sein, auch wenn man nichts weiß und keine Erklärungen parat hat. Eine Antwort mehr oder weniger macht den Braten auch nicht fett bei potenziell unendlich vielen Antworten. Bei jeder Antwort besteht immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese einem ungenauen, selbstbezogenen, illusorischen, gewohnheitsmäßigen oder schlicht falschen Gedankenmuster entsprungen ist, dessen Gültigkeit früher oder später bröckelt.

In diesem Sinne lieber wunschlos glücklich! :idee:
Sehr schön ausgedrückt. :bow:

Gleichwohl finde ich es von Zeit zu Zeit auch spannend mich über dieses und jenes aus diesem Bereich auch auszutauschen. Hier im Forum, in anderen Foren und auch privat.

Den Unterschied macht imho die Art und Weise wie damit umgegangen wird und bei mir wurde es wie bei gowiththeflo zum Selbstläufer. Ohne das ich mir darüber bewusst war. Auf der rationalen Ebene argumentierte ich sogar, dass es ja nur ein Spiel, eine Freizeitbeschäftigung, eine intellektuelle Herausforderng für mich war und das ich das Spiel jederzeit sein lassen könnte.

Das war aber nicht der Fall.
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