Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben:Gleichwohl finde ich es von Zeit zu Zeit auch spannend mich über dieses und jenes aus diesem Bereich auch auszutauschen. Hier im Forum, in anderen Foren und auch privat.
Ich finde es vor allem erstaunlich, wie sich bestimmte Erfahrungen doch gleichen können. Finds auch super, wenn man auf diesem Weg voneinander lernen und profitieren kann.
Erraphex hat geschrieben:...und bei mir wurde es wie bei gowiththeflo zum Selbstläufer. Ohne das ich mir darüber bewusst war. Auf der rationalen Ebene argumentierte ich sogar, dass es ja nur ein Spiel, eine Freizeitbeschäftigung, eine intellektuelle Herausforderng für mich war und das ich das Spiel jederzeit sein lassen könnte.

Das war aber nicht der Fall.
Genau so habe ich auch argumentiert. Und auf manchen psychedelischen Reisen sagte ich mir irgendwann noch: Lass es sein! Doch ich wollte nicht hören... und ruck zuck ist man verwirrt.

Der Irrsinn daran ist gewesen, dass ich das Spiel spielte, obwohl mir bewusst war, dass es meinen Geist fragmentiert. Das heißt, eigentlich wollte ich es nicht, aber ich geriet immer wieder unbemerkt hinein und dann folgten einem Gedanken weitere Gedanken und man denkt sich irgendwo rein, vergisst dabei glatt, dass man es eigentlich garnicht wollte, verstrickt sich und kommt da garnicht mehr so leicht heraus. Irgendwo ist das schon ein hinterhältiges Spielchen, weil erst spielt man es freiwillig unter dem Vorwand, etwas intellektuell oder spielerisch zu erkunden, doch urplötzlich verliert man den Faden und wird vom Jäger zum Gejagten. Das wurde mir schon öfter bewusst, aber noch nie so deutlich, wie im Moment, wenn ich mein Verhalten rückblickend analysiere.

Ich denke, dass es sich dabei um ein sehr hartnäckiges Gewohnheitsmuster handelt, dessen Macht man nicht unterschätzen und sich stets bewusst sein sollte. In der Meditation bzw. im nicht denken sehe ich eine hervorragende Möglichkeit, dieses Muster zu erkennen und Schritt für Schritt aufzubrechen.

Übung macht den Meister! :bow:

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Erraphex hat geschrieben:
Ja. Hmm. Ich kann sehr gut nachfühlen was du sagst, aber: Gerade weil wir vieles nicht oder nie mit Sicherheit wissen und sprachlich vermitteln können entsprechen viele dieser Konzepte und Ideen der Natur eines Luftschlosses.

Für mich läuft die Entwicklung sehr radikal auf immer weniger Konzepte und Bilder und immer mehr auf das JETZT und damit nicht-denken hinaus. Das Leben findet nur im JETZT statt und das bedeutet für mich Spiritualität. Das Leben ist spirituell oder Spiritualität ist das Leben und es gibt keine Spiritualität ausserhalb dieses Lebens.

Konzepte und Bilder haben keine Bedeutung für unser Sein.

Konzepte und Bilder befriedigen den Wunsch nach Antworten auf die großen Fragen unserer Existenz. Was verspricht die Erfüllung des Wunsches? Sicherheit? Dieser Wunsch löst sich in Luft auf wenn wir uns dem Strom des Lebens hingebungsvoll anvertrauen. Der Strom ist das was fliesst. Was JETZT fliesst. Die subjektive Partizipation an der Schöpfung. Die Natur des Wunsches ist seine Orientierung in die Zukunft und das JETZT findet eben jetzt statt. ;)

Es ist die Suche nach einem Luftschloss und die Suche endet mit dem Entweichen der Luft - oder sie endet nie.

Und es ist eine Illusion zu glauben alle Antworten auf alle Fragen finden zu können. Dieser Wunsch wird damit nie Befriedigung erfahren. Und für was? Um etwas vermitteln zu wollen was nicht vermittelbar ist?

Es ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite diesem Wunsch zu folgen und Freude an dem intellektuellen Spiel zu finden und auf der anderen Seite die Haftung an diesen Bildern und Konzepten mit allen Nachteilen.
Ich verstehe genau, was du meinst. Nur ist mir aufgefallen, dass die praktische Umsetzung dieser Idee bei mir noch sehr sehr in den Kinderschuhen steckt. Ich fühle mich wie als wäre ich gerade ganz am Anfang meiner persönlichen Erkundungsreise: Ich weiß zwar rein intellektuell durch Wissensdurst und Austausch mit anderen Menschen, welche Eckpunkte dieser Reise ungefähr/eventuell auf mich zukommen werden und ein paar Meter habe ich ja auch schon zurückgelegt, aber was da vor mir liegt... Angst in dem Sinne ist das nicht, eher gesunder Respekt. Dieses Gefühl »Herrje, was ich da jetzt losgetreten habe muss ich auch bis zum bitteren Ende durchziehen, und wenn ich das in diesem Menschenleben nicht mehr schaffe«. So ein bischen wie der Moment, wo man in einer Achterbahn die erste Steigung hochgezogen wird. ;)
gowiththeflo hat geschrieben: In diesem Sinne lieber wunschlos glücklich! :idee:
Ja, das ist auch wieder so ein Ding. Gibt es nicht einen gewissen Grad der Kenntnis, ganz unabhängig von Bücherwissen und theoretischen Gedankenkonstrukten, der das Selbstverständnis erhöht und dabei mehr befreit als einschränkt? Zuviel Wissen verengt den Horizont, das glaube ich auch. Aber die Selbsterkenntnis, das Verständnis der eigenen Persönlichkeit; die Frage, warum ich nun einmal der geworden bin, der ichnun gerade bin... Verdienen es diese Fragen beantwortet zu werden oder ist das auch nur intellektuelle Zerstreuung?
Mir hat die Diskussion meiner inneren Konflikte bisher auf der einen Seite sehr viel gebracht; der Aha-Effekt ist nicht zu leugnen. Aber ich glaube auch, dass man dadurch auf der anderen Seite schnell wieder nur mit dem Diskutieren und weniger mit dem Erfahren beschäftigt ist... Das Spiel spielt sich doch irgendwann genauso wie die anderen, nur auf einer neuen Bewusstseinsebene. Vielleicht ist diese Phase aber auch einfach vorbereitend, um seinen eigenen emotionalen Rucksack korrekt für die anstehenden Erlebnisse zu packen. Was ist eure Meinung dazu?
Erraphex hat geschrieben: Gleichwohl finde ich es von Zeit zu Zeit auch spannend mich über dieses und jenes aus diesem Bereich auch auszutauschen. Hier im Forum, in anderen Foren und auch privat.

Den Unterschied macht imho die Art und Weise wie damit umgegangen wird und bei mir wurde es wie bei gowiththeflo zum Selbstläufer. Ohne das ich mir darüber bewusst war. Auf der rationalen Ebene argumentierte ich sogar, dass es ja nur ein Spiel, eine Freizeitbeschäftigung, eine intellektuelle Herausforderng für mich war und das ich das Spiel jederzeit sein lassen könnte.

Das war aber nicht der Fall.
Ich stelle sehr oft in letzter Zeit fest, dass es im Prinzip ein Selbstläufer ist. Nur weiß ich das in dem Moment dann auch. Ich stelle einfach plötzlich fest, dass ich wieder in alte Verhaltensmuster verfalle. Das passiert auf intellektueller, aber auch auf ganz praktischer sozialer Ebene.
Ich werde mir dabei nur selbst einfach viel bewusster und gewinne eine neue Distanz zu meinem Handeln.
gowiththeflo hat geschrieben: Genau so habe ich auch argumentiert. Und auf manchen psychedelischen Reisen sagte ich mir irgendwann noch: Lass es sein! Doch ich wollte nicht hören... und ruck zuck ist man verwirrt.

Der Irrsinn daran ist gewesen, dass ich das Spiel spielte, obwohl mir bewusst war, dass es meinen Geist fragmentiert. Das heißt, eigentlich wollte ich es nicht, aber ich geriet immer wieder unbemerkt hinein und dann folgten einem Gedanken weitere Gedanken und man denkt sich irgendwo rein, vergisst dabei glatt, dass man es eigentlich garnicht wollte, verstrickt sich und kommt da garnicht mehr so leicht heraus. Irgendwo ist das schon ein hinterhältiges Spielchen, weil erst spielt man es freiwillig unter dem Vorwand, etwas intellektuell oder spielerisch zu erkunden, doch urplötzlich verliert man den Faden und wird vom Jäger zum Gejagten. Das wurde mir schon öfter bewusst, aber noch nie so deutlich, wie im Moment, wenn ich mein Verhalten rückblickend analysiere.
Darf ich fragen, auf welchen Substanzen dir diese Form der Erfahrung zuteil geworden ist? Klingt für mich sehr nach einem der klassischen großen Psychedellika (LSD oder Psilocybin). Um solche Konstrukte zu erkennen und zu entlarven sind es meiner Meinung nach nicht die richtigen Werkzeuge. Eher verstärken sie noch die Verwirrung und die Überforderung, die man im Umgang mit ihnen eh schon erfährt.
Ich denke, dass es sich dabei um ein sehr hartnäckiges Gewohnheitsmuster handelt, dessen Macht man nicht unterschätzen und sich stets bewusst sein sollte. In der Meditation bzw. im nicht denken sehe ich eine hervorragende Möglichkeit, dieses Muster zu erkennen und Schritt für Schritt aufzubrechen.

Übung macht den Meister! :bow:
Volle Zustimmung. Ich versuche auch, mich an der Hartnäckigkeit der Muster und Konstruke nicht aufzuhängen... Sie sind da und Teil meiner Existenz wie alles andere, was mein Bewusstsein formt. Warum leugnen?
Die Wahrnehmung und das Wissen darum bei gleichzeitig ausreichender Distanz um eben nicht darin gefangen zu sein klingt mir wie der Weg, den ich wählen will um damit umzugehen. Das ist ganz sicher nicht einfach, und es wird nicht einfacher indem man Zeile für Zeile darüber sinniert. ;)
Also hast du vollkommen Recht, Übung macht den Meister.
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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raellear hat geschrieben:
gowiththeflo hat geschrieben: Genau so habe ich auch argumentiert. Und auf manchen psychedelischen Reisen sagte ich mir irgendwann noch: Lass es sein! Doch ich wollte nicht hören... und ruck zuck ist man verwirrt.

Der Irrsinn daran ist gewesen, dass ich das Spiel spielte, obwohl mir bewusst war, dass es meinen Geist fragmentiert. Das heißt, eigentlich wollte ich es nicht, aber ich geriet immer wieder unbemerkt hinein und dann folgten einem Gedanken weitere Gedanken und man denkt sich irgendwo rein, vergisst dabei glatt, dass man es eigentlich garnicht wollte, verstrickt sich und kommt da garnicht mehr so leicht heraus. Irgendwo ist das schon ein hinterhältiges Spielchen, weil erst spielt man es freiwillig unter dem Vorwand, etwas intellektuell oder spielerisch zu erkunden, doch urplötzlich verliert man den Faden und wird vom Jäger zum Gejagten. Das wurde mir schon öfter bewusst, aber noch nie so deutlich, wie im Moment, wenn ich mein Verhalten rückblickend analysiere.
Darf ich fragen, auf welchen Substanzen dir diese Form der Erfahrung zuteil geworden ist? Klingt für mich sehr nach einem der klassischen großen Psychedellika (LSD oder Psilocybin). Um solche Konstrukte zu erkennen und zu entlarven sind es meiner Meinung nach nicht die richtigen Werkzeuge. Eher verstärken sie noch die Verwirrung und die Überforderung, die man im Umgang mit ihnen eh schon erfährt.
Kannst du das genauer erläutern? Wieso sind es nicht die richtigen Werkzeuge zum entlarven solcher Dynamiken deiner Meinung nach? Entlarvt bekommt man sie so doch. Und ist es deiner Meinung nach nicht richtig, die Verwirrung und Überforderung zu verstärken? Was kann es anderes geben im undistanzierten Umgang mit solchen Dynamiken?
~ Resting in Peace ~

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Weil es meiner Meinung nach mit Dissoziativa zum Beispiel etwas 'stressfreier' funktioniert. Man hebt sich eben langsam von diesen Dynamiken ab und beobachtet sie aus einem emotional neutralem Standpunkt, anstatt sie durch Übersteuerung in ihrer Absurdität zu entlarven. Letzteres mag vielleicht den höheren Lerneffekt haben, birgt aber meiner Meinung nach auch das Potenzial längere Zeit in unbequemer Blindheit über die inneren Prozesse zu leben.
Aber so richtig sinnvoll ist die Zuordnung einer Droge zu einem bestimmten Zweck nun auch nicht, wie ich gerade bemerke. Man kriegt ja seltenst, was man voher schon vermutet, erwartet oder gehofft hätte.
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Danke dir. :)

Imho ist dieser Stress/Schmerz essentiell fürs Lernen. Schmerz generell. Man denke an das Kind und die Herdplatte. Man hat ihm zwar gesagt, dass es dieses Ding nicht anfassen soll, weil es angeblich 'heiß' sei, getan hat es das trotzdem. Das rote Leuchten ist zu verführerisch. Aber nur einmal.

Ich verstehe aber nun folgenden Punkt nicht:
Letzteres mag vielleicht den höheren Lerneffekt haben, birgt aber meiner Meinung nach auch das Potenzial längere Zeit in unbequemer Blindheit über die inneren Prozesse zu leben
Kannst du den Zusammenhang zwischen solch unbequemer Blindheit und Entlarven mittels Übersteuerung der Absurdität verdeutlichen? Ich bekomme keinen konstruiert. :nixplan:

Liebe Grüße :wink:
Schuh
~ Resting in Peace ~

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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raellear hat geschrieben:Gibt es nicht einen gewissen Grad der Kenntnis, ganz unabhängig von Bücherwissen und theoretischen Gedankenkonstrukten, der das Selbstverständnis erhöht und dabei mehr befreit als einschränkt? Zuviel Wissen verengt den Horizont, das glaube ich auch. Aber die Selbsterkenntnis, das Verständnis der eigenen Persönlichkeit; die Frage, warum ich nun einmal der geworden bin, der ichnun gerade bin... Verdienen es diese Fragen beantwortet zu werden oder ist das auch nur intellektuelle Zerstreuung?
Ich denke, wenn Kenntnis und Verständnis von innen heraus kommen und auf eigener Erfahrung beruhen, kann das sehr befreiend und erfüllend sein.

Man kann sich diesen o.g. Fragen vielleicht auch intellektuell annähern, aber ich glaube, das Leben beantwortet sie irgendwann selbst, indem es die Antwort erfahren bzw. erkennen lässt, ohne dass man darüber intellektuell sinnieren muss. Jeder mag da mit seiner eigenen Strategie am besten fahren. Ich persönlich habe mir vorgenommen, nicht mehr so sehr (begierig und rastlos) zu suchen, sondern eher (geduldig und aufmerksam) zu finden. Falls ich keine Antworten finde, gibt es vielleicht gar keine. Dann habe ich für die Suche keine Energie verschwendet.

Ich will damit nicht sagen, dass mir eine intellektuelle Herangehensweise nie etwas gebracht hätte. Manchmal hat sie vielleicht sogar Prozesse beschleunigt. Aber manchmal hat sie mich auch einfach nur behindert.
raellear hat geschrieben:Das Spiel spielt sich doch irgendwann genauso wie die anderen, nur auf einer neuen Bewusstseinsebene. Vielleicht ist diese Phase aber auch einfach vorbereitend, um seinen eigenen emotionalen Rucksack korrekt für die anstehenden Erlebnisse zu packen. Was ist eure Meinung dazu?
Welche anderen meinst Du? Verstehe Deine Frage nicht so ganz.
raellear hat geschrieben:Darf ich fragen, auf welchen Substanzen dir diese Form der Erfahrung zuteil geworden ist? Klingt für mich sehr nach einem der klassischen großen Psychedellika (LSD oder Psilocybin). Um solche Konstrukte zu erkennen und zu entlarven sind es meiner Meinung nach nicht die richtigen Werkzeuge. Eher verstärken sie noch die Verwirrung und die Überforderung, die man im Umgang mit ihnen eh schon erfährt.
Bisher ist mir das meistens auf Pilzen, manchmal (aber seltener) auf LSD passiert - besonders in meiner Anfangszeit, als ich noch jung, dumm und unerfahren (mit Psychedelika und mit mir selbst) war. Wie Du völlig zutreffend beschreibst, haben die Substanzen dabei die Verwirrung und Überforderung noch verstärkt. Ich hatte zwar die Problematik meines Verhaltens vor Augen, aber ich konnte daraus nichts sinnvolles ableiten und so beging ich den gleichen Fehler immer wieder.

Neulich auf 2C-E wurde ich wieder mit diesem alten Verhaltensmuster konfrontiert. Ich verstrickte mich wieder. Nicht nur während des Trips, sondern auch danach. Erst dann wurde mir endlich klar, was das für ein Verhaltensmuster ist.

Die Substanzen die mir schließlich zu dieser Erkenntnis verholfen haben, waren Meditation, Achtsamkeit und Nüchternheit + Austausch hier im Forum. ;)
raellear hat geschrieben:Aber so richtig sinnvoll ist die Zuordnung einer Droge zu einem bestimmten Zweck nun auch nicht, wie ich gerade bemerke.
Finde ich auch. Das ist sehr individuell und man kann die gleichen Probleme bzw. deren Lösung sicherlich auch ohne Substanz bekommen.

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Dr.Schuh hat geschrieben:Danke dir. :)

Imho ist dieser Stress/Schmerz essentiell fürs Lernen. Schmerz generell. Man denke an das Kind und die Herdplatte. Man hat ihm zwar gesagt, dass es dieses Ding nicht anfassen soll, weil es angeblich 'heiß' sei, getan hat es das trotzdem. Das rote Leuchten ist zu verführerisch. Aber nur einmal.

Ich verstehe aber nun folgenden Punkt nicht:
Letzteres mag vielleicht den höheren Lerneffekt haben, birgt aber meiner Meinung nach auch das Potenzial längere Zeit in unbequemer Blindheit über die inneren Prozesse zu leben
Kannst du den Zusammenhang zwischen solch unbequemer Blindheit und Entlarven mittels Übersteuerung der Absurdität verdeutlichen? Ich bekomme keinen konstruiert. :nixplan:

Liebe Grüße :wink:
Schuh
Ich meine damit das Problem, dass man eventuell Schmerz und Verwirrung erfährt ohne zu verstehen, wieso das nun passiert. Das Dissoziativum hingegen gibt einem Verständnis, ohne allerdings Schmerz und Verwirrung zu erzeugen. Mit genügend Erfahrung wird man wohl mit beiden Erfahrungen ähnlich gut umgehen können. Die Gefahr beim Dissoziativum ist ja auch, dass man die Bedeutung eines Komplexes für das eigene Leben total unterschätzt, weil dieser auf dem Trip (wie alles andere auch) ziemlich klein aussieht. ;)
gowiththeflo hat geschrieben:
raellear hat geschrieben:Das Spiel spielt sich doch irgendwann genauso wie die anderen, nur auf einer neuen Bewusstseinsebene. Vielleicht ist diese Phase aber auch einfach vorbereitend, um seinen eigenen emotionalen Rucksack korrekt für die anstehenden Erlebnisse zu packen. Was ist eure Meinung dazu?
Welche anderen meinst Du? Verstehe Deine Frage nicht so ganz.
Das man zum Beispiel diese Form des Selbstverständnisses irgendwann nurnoch zum Selbstzweck betreibt, quasi über das Verstehen das Handeln vergisst. Man also ständig Rechtfertigung dafür sucht, dass man nun der Mensch ist, der man ist.
Neulich auf 2C-E wurde ich wieder mit diesem alten Verhaltensmuster konfrontiert. Ich verstrickte mich wieder. Nicht nur während des Trips, sondern auch danach. Erst dann wurde mir endlich klar, was das für ein Verhaltensmuster ist.
2CE verdient hier meiner Meinung nach auch eine Sonderstellung. Weil es die Eigenschaften von den klassischen Psychedellika wie von den Dissoziativa in gleicher Weise trägt, wenn man die Dosis hoch genug ansetzt. Ein sehr praktisches Material, um Fehlkonstrukte zu entlarven und dabei noch viel zu lernen. ;)
Die Substanzen die mir schließlich zu dieser Erkenntnis verholfen haben, waren Meditation, Achtsamkeit und Nüchternheit + Austausch hier im Forum. ;)
Das sind auf jeden Fall die Techniken, die bei mir bisher die nachhaltigsten und stabilsten Entwicklungen beschert haben. :)
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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gowiththeflo hat geschrieben: Ich finde es vor allem erstaunlich, wie sich bestimmte Erfahrungen doch gleichen können. Finds auch super, wenn man auf diesem Weg voneinander lernen und profitieren kann.
Jap! Voneinander zu lernen ist mehr als sinnvoll - es liegt in unserer Natur und ist geradezu dumm sich dem bewusst zu verweigern.

Ich empfinde die Parallelen auch sehr spannend und wie oft bin ich mit meinem Gesprächspartner nach Stunden schon auf einen identischen Kern gestoßen.

Der Kern ist imho oft identisch - nur die Perspektive auf den Kern unterscheidet sich.

raellear hat geschrieben: Ich verstehe genau, was du meinst. Nur ist mir aufgefallen, dass die praktische Umsetzung dieser Idee bei mir noch sehr sehr in den Kinderschuhen steckt. Ich fühle mich wie als wäre ich gerade ganz am Anfang meiner persönlichen Erkundungsreise: Ich weiß zwar rein intellektuell durch Wissensdurst und Austausch mit anderen Menschen, welche Eckpunkte dieser Reise ungefähr/eventuell auf mich zukommen werden und ein paar Meter habe ich ja auch schon zurückgelegt, aber was da vor mir liegt... Angst in dem Sinne ist das nicht, eher gesunder Respekt. Dieses Gefühl »Herrje, was ich da jetzt losgetreten habe muss ich auch bis zum bitteren Ende durchziehen, und wenn ich das in diesem Menschenleben nicht mehr schaffe«. So ein bischen wie der Moment, wo man in einer Achterbahn die erste Steigung hochgezogen wird. ;)
Willkommen auf dem größten Abenteuerspielplatz unserer Existenz. :herzen:
raellear hat geschrieben: Ja, das ist auch wieder so ein Ding. Gibt es nicht einen gewissen Grad der Kenntnis, ganz unabhängig von Bücherwissen und theoretischen Gedankenkonstrukten, der das Selbstverständnis erhöht und dabei mehr befreit als einschränkt? Zuviel Wissen verengt den Horizont, das glaube ich auch. Aber die Selbsterkenntnis, das Verständnis der eigenen Persönlichkeit; die Frage, warum ich nun einmal der geworden bin, der ichnun gerade bin... Verdienen es diese Fragen beantwortet zu werden oder ist das auch nur intellektuelle Zerstreuung?
imho gibt es diesen Grad. Es hängt eben auch sehr stark damit zusammen was erfahrbar ist und was per Definition für alle Ewigkeit Luftschluss bleiben wird. Das betrifft zum Beispiel Gedanken über den Tod. Oder über die wahre Natur unseres Selbst. Erfahrbar ist unter anderem das Konstrukt unserer Persönlichkeit.
raellear hat geschrieben: Mir hat die Diskussion meiner inneren Konflikte bisher auf der einen Seite sehr viel gebracht; der Aha-Effekt ist nicht zu leugnen. Aber ich glaube auch, dass man dadurch auf der anderen Seite schnell wieder nur mit dem Diskutieren und weniger mit dem Erfahren beschäftigt ist... Das Spiel spielt sich doch irgendwann genauso wie die anderen, nur auf einer neuen Bewusstseinsebene. Vielleicht ist diese Phase aber auch einfach vorbereitend, um seinen eigenen emotionalen Rucksack korrekt für die anstehenden Erlebnisse zu packen. Was ist eure Meinung dazu?
Es gibt einen Unterschied zwischen rationaler Erkenntnis und tiefer Einsicht. Erstere wird gewonnen und zweitere erfahren. Das Gefühl ist ein vollständig anderes. Eine Erkenntnis hat nur sehr bedingte Einflüsse auf unser Verhalten - aber die Einsicht hat die Macht von jetzt auf gleich ALLES zu ändern.
raellear hat geschrieben: Ich stelle sehr oft in letzter Zeit fest, dass es im Prinzip ein Selbstläufer ist. Nur weiß ich das in dem Moment dann auch. Ich stelle einfach plötzlich fest, dass ich wieder in alte Verhaltensmuster verfalle. Das passiert auf intellektueller, aber auch auf ganz praktischer sozialer Ebene.
Ich werde mir dabei nur selbst einfach viel bewusster und gewinne eine neue Distanz zu meinem Handeln.
Die Frage ist auch wie dieses Wissen "verkauft" wird. Ich war mir auch bewusst in diese Denkmuster zurückzufallen wenn ich auf der Jagd nach Antworten war. Aber diese Muster wurden schön als Geschenk verpackt. ;)
happiness is the absence of resistance

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Ich bedaure sehr, daß ich den Thread nicht von Anfang an mitverfolgen konnte und auf vier Seiten mit Posts einzugehen ist mir echt zu stressig. :nene:
Imho kann die Stille gar nicht überbewertet werden. :king:

Mein Liebstes in der Hinsicht ist die zweite und dritte von Patanjali's Yoga Sutras:

II. Yogas citta vritti nirodha
III. Tada drastuh swarupe vasthanam

II Yoga ist jener innere Zustand, in dem die seelisch-geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen
III Dann ruht der Sehende in seinem SELBST

Schön ist auch das Nachfolgende:
Carlos Castaneda hat geschrieben:Der Innere Dialog ist es, der uns Menschen in der Welt verankert. Die Welt ist so und so, nur weil wir uns vorsagen, dass sie so und so sei. Der Durchgang in die Welt der Schamanen öffnet sich erst, nachdem der Krieger gelernt hat, seinen inneren Dialog abzustellen.
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Unsere Vorstellung von der Welt zu ändern, das ist die Crux beim Schamanimus. Und das Abstellen des inneren Dialogs ist die einzige Möglichkeit, dies zu erreichen.
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Wenn ein Krieger lernt, den inneren Dialog abzustellen, wird alles möglich; die ausgefallensten Vorsätze werden durchführbar.
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Wann immer der innere Dialog aufhört, bricht die Welt zusammen, und außerordentliche Seiten unseres Selbst werden sichtbar, als wären sie von unseren Worten streng bewacht gewesen.
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Sobald das innere Schweigen erreicht ist, wird alles möglich. Wir können unser Selbstgespräch beenden, indem wir genau dieselbe Methode anwenden, nach der man uns lehrte, mit uns selbst zu sprechen; man lehrte es uns mit Zwang und unerbittlich, und auf eben diese Art müssen wir es beenden: mit Zwang und unerbittlich.
And I'll spread my wings 'till sun and moon, singing the song of life, dancing the dance of life, becoming life itself, no longer knowing, that I am.

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Zum Thema Diskursivität, das hier auch schon angesprochen wurde, habe ich gerade etwas Interessantes gelesen (in Wie der weite Raum von Sakyong Mipham), was ich hier einfach mal zitieren mag.
Das diskursive Denken, also das "von Begriff zu Begriff methodisch fortschreitende Denken" hat seinen Platz in der Philosophie und Wissenschaft, wo es um "objektiviertes Wissen" geht, aber nicht in der Meditation. Diskursives Denken kann in der Ausarbeitung und Verbreitung von "Wissen" nützlich sein, führt aber niemals zu "Weisheit". Zur Weisheit im buddhistischen Sinn (prajna) gelangt man durch den Gegensatz von diskursivem Denken, durch Intuition, d.h. den direkten Sprung aus dem Zustand der Nichtdiskursivität zur "Einsicht".

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Ein Buchtip bezüglich des Denkens ist auch Thought as a System von David Bohm. Eines der für mich inspirierendsten Bücher die ich je gelesen habe. In diesem Buch werden wunderbar grundlegende Mechanismen unseres Denkens in Form eines Gespräches zwischen Bohm und seinen Schülern dargelegt. Absolut empfehlenswert.
happiness is the absence of resistance

Re: nicht denken oder nicht-denken?

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Ein paar Fragen:

-Kann man in der heutigen Gesellschaft als voll integrierter Bestandteil ohne Diskursivität überhaupt (problemlos) existieren? Immerhin besteht ja ein Großteil der unserer Gesellschaft immanenten Motivation daraus, Leistung (im Sinne von Wissen erarbeiten, verarbeiten und weitervermitteln) zu erbringen, was zwangsläufig mit der Diskursivität verbunden ist.

-Was (welche Situationen, Handlungen, Gewohnheiten) begünstigt Diskursivität? Ist sicherlich individuell, aber mich interessieren Erfahrungen. Welche Rolle können Psychedelika dabei spielen?

-Wodurch lässt sich Diskursivität verringern? Abgesehen von achtsamer und aufmerksamer Meditationsübung sowie bewusstem Tun, fällt mir spontan nix ein. Welche Rolle können Psychedelika dabei spielen?

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