Ayahuasca - alles aufgelöst.

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Hallo,

ich möchte hier gerne eine Erfahrung teilen, die ich heute bei mir zuhause erlebt habe.
Der Tripbericht holt aber weiter aus und enthält sozusagen zwei Trips.
Ich habe also heute Ayahuasca getrunken, alleine, in meiner Wohnung. Das Rezept bestand aus 50 g Banisteriopsis Caapi und 25 g Chaliponga, von letzterem habe ich allerdings nur die Hälfte getrunken.

Um es vorweg zu nehmen: die Wirkung hat mich völlig übermannt, nicht unbedingt in einem negativen Sinne, aber ich wurde wirklich wieder in einen postnatalen Zustand versetzt und völlig jenseits vom Hier und Jetzt katapultiert.

Vielleicht noch etwas zu dem Hintergrund: der Entschluss zu dieser alleinigen Zeremonie war sehr lange in mir gereift, und es war für mich persönlich eine gewissermaßen große Entscheidung, wieder zu einer psychoaktiven Substanz zu greifen. Ich hatte zuvor fast 10 Jahre keine Drogen mehr konsumiert bis auf Cannabis, was ich auch bereits vor über 3 Jahren komplett aufgegeben habe. Initialzündung für diesen cleanen Weg war ein Schlüsselerlebnis, welches ich vor eben 10 Jahren eines Morgens hatte. Zu dieser Zeit rauchte ich bereits seit fast 2 Jahren Kokain Freebase und war ziemlich am Ende. Es hat sich einfach sehr viel negative Energie angestaut und ich fühlte, dass ich ein anderes Ich von mir schon viel zu lange unterdrückte. Mit einem Kollegen rauchte ich bereits seit einem Monat durchgehend Freebase. Eines Morgens kam ich nach einer durchgemachten Nacht also nach Hause, und fühlte einen absoluten Tiefpunkt tief in mir heraufsteigen. Ich legte einen melanchonischen Song auf, der dann in Dauerschleife lief und zu meinem kathartischen Soundtrack wurde. Das Loch in mir war dunkel und tief, aber an diesem Morgen bin ich endlich auf dem Boden aufgeschlagen. Dieser Aufprall war gleichzeitig so schmerzhaft und schön, wie ich es danach nie wieder erlebt. Ein innerer Schleier wurde weggezogen und ich fühlte wie ein wahres Ich wach wurde. Es war die perfekte Symbiose von Destruktion und Wiedergeburt. Ich weinte einfach lange, fühlte das Göttliche in mir - von Religion hatte ich mich distanziert und gewissermaßen meine eigene Version erschaffen - und war in einem perfekten Zustand von Dankbarkeit und ruhiger Gewissheit, dass die Dinge sich nun zum Guten fügen werden. Kein Glaube, sondern ein inneres Wissen. Dieses Gefühl, dass alles im Leben passierte um zu diesem einen Punkt zu führen, und jetzt hier genau am richtigen Ort zu der richtigen Zeit zu sein, hatte ich danach nie wieder in der Form, ein Gefühl von Zeitlosigkeit bzw. Schicksal. Seit diesem Tag hatte ich also keine anderen Substanzen mehr angefasst, auch keine Psychedelika, mit denen ich auch reichlich Erfahrung gesammelt hatte. Ich wollte einfach diesen reinen Weg gehen, was auch immer das heißt, und fing wieder an, Musik zu machen. Genau zu dieser Zeit habe ich übrigens John Frusciante entdeckt, dessen Hintergrund ein ähnlicher war - wenn auch sicherlich um einiges drastischer - und war so überwältigt davon, dass diese Musik genau jetzt zu mir gekommen ist, die auf eine so perfekte Art und Weise dieses Gefühl ausdrückte, was ich kaum beschreiben konnte. Ein weiteres Teil fügte sich wie magisch zusammen. Das war das erste, was ich hörte/sah:



Aber das nur so am Rande.

Diese Energie hielt einige Jahre an und hat mich wirklich auf gute Wege geführt, und ich bin sicher nur durch das Leid zuvor zu dem Menschen geworden sein zu können, der ich sein sollte. Von da an habe ich die Dualität in allem sehr deutlich erkannt, was zu einer großen Ruhe führt. Langsam jedoch hat sich diese Energie des Aufbruchs verbraucht und ich fühlte irgendwie einen inneren Knoten. Die Dinge haben sich verbraucht und ich habe mich irgendwie von dieser unviersellen Energie entfernt, und dem Anspruch an sich selbst, konstant ein besserer Mensch zu werden und an sich zu arbeiten. Im Taoismus ist ein guter Mensch nicht jemand, der nur nach dem Guten strebt und das Schlechte verneint - Begriffe, die hier ohne nicht die landläufige Wertung besitzen -, sondern jemand, der er schafft, seine hellen und dunklen Seiten harmonisch in sich zu vereinen. Das habe ich irgendwie nie geschafft. Immer von einem Extrem ins andere, deshalb auch die Suchttendenzen. Wie auch immer, die letzten Jahre kam dann der Gedanke, wieder psychedelische Substanzen zu nehmen, um gewissermaßen an den Ort in sich zurückzukehren und den Knoten zu lösen.

Und so entschied ich mich also heute an Neujahr dazu, gewissermaßen mit einem frischen neuem Start. Ich überlegt, ob ich es lieber mit einem Schamanen machen sollte, der manchmal in Berlin ist, oder mit einem Freund aus Brasilien, der auch Reiki praktiziert. Aber ich fühlte mich doch reif dazu, es alleine zu machen, denn es sollte auch eine Reise nach innen werden. Was mich letzlich erwartete, konnte ich trotzdem nicht wirklich einschätzen.

Das Gebräu hab ich zwei Tage zuvor gekocht, in 3x3 Stunden. Ich hatte eine gute Energie beim Kochen und habe die ganze Prozedur mit großem Respekt behandelt. Ich hab meine Wünsche in den Prozess mit eingebracht und hatte dann am Ende des Abends je ein Glas mit Caapi und Chaliponga.
Set und Setting am Tag heute waren bestens, ich saß entspannt auf einem Kelimkissen auf dem Boden und hörte Icaros, mit Blick zum Fenster auf die Bäume und den goldenen Sonnenuntergang. Der Tee schmeckte wider Erwarten nicht so scheußlich, aber es schüttelte mich trotzdem leicht nach jedem Schluck. Ich ließ mir Zeit und trank ohne Eile erst das Caapi Glas und dann die knappe Hälfte des Chalipongas. Das Onset kam dann nach ca. 20 Minuten langsam herangerollt und ich spürte eine große Klarheit und der Raum fing langsam an, sich zu verändern. Die Musik wurde intensiver und tiefer und verband sich mit mir und dem Raum. Mich störte eine Lampe hinter mir, und als ich hinging, um sie auszuschalten, fühlte ich mich bereits ziemlich gummiartig. Ich nahm schnell wieder auf dem Kissen Platz. Nach dieser ersten noch vergleichsweise harmlosen Welle rollte es dann schließlich richtig heran, was ziemlich schnell ging. Ich brachte schnell das noch halbvolle Glas Chaliponga in Sicherheit, bevor es mich schließlich übermannte. Die Wirkung wurde in einem ziemlich flotten Tempo sehr stark und intensiv, so sehr, dass ich nicht wirklich hinterherkam. Mein Kopf und die Sicht um mich herum rauschte stark, als würde etwas in mir konsequent mit Höchstgeschwindigkeit in den Kopf hinein beschleunigen. Das Bewusstsein zeigt sich plötzlich so isoliert und gewissermaßen abgetrennt im Raum, so dass ich natürlich Schwierigkeiten hatte, diesen Zustand fassen zu können. Ich sagte mir schließlich, dass ich diesen Zustand einfach zulassen muss, ohne dagegen anzukämpfen - was nicht ganz einfach war, da ich mich völlig überfahren fühlte. Der Bodyload war heftig. Dann spürte ich die nicht unerwartete Übelkeit in mir aufsteigen und schnappte mir den Eimer neben mir und kotze. Der Eimer verwandelte sich in einen Tunnel aus leuchtenden Farben. Mein Bewusstsein verließ mich immer mehr und war immer mehr in einer völlig anderen Dimension. Ich sagte mir immer wieder, es zuzulassen. Die Zeit veränderte ihr Wesen, vorherige Gedanken wurden zu kleinen Zeitschleifen. Das Kotzen war... irgendwie unwahrscheinlich animalisch und erdig. Immer wieder ging ein leichtes Würgen in ein tierisches, ziemlich düsteres Knurren und eine Art Brüllen über, und ich fühlte mich wie ein Raubtier, eher vom Typ Hyäne. Seltsamerweise kam mir ein paar Mal der Gedanke an meinen Nachbarn, um ihm zu sagen, dass alles ok ist. Obwohl eigentlich nichts ok war. Aber gewissermaßen ja gleichzeitig doch, wie ich wusste.

Die Wirkung wurde schließlich noch stärker, so sehr, dass ich keine visuellen Halluzinationen mehr bewusst wahrnehmen konnte, und auch ich auch recht schnell über das Level geschossen wurde, welches Möglichkeit für schlechte Gedankenfilme lassen könnte. Ich stöhnte und dachte nur, das man für so etwas einfach nicht vorbereitet sein kann, es war kein wirkliches Kämpfen gegen den Trip, eher ein Kämpfen damit, den Zustand fließen lassen zu können. Ich spürte die geballte Kraft der Pflanze, ein fester Griff. Es war sehr anstrengend, innere Schwerstarbeit, der Zustand schaltete mich aus und ich konnte nur noch dasitzen und mich sabbernd wie ein kleines Baby fühlen. Ich stöhnte und war unfähig zu allem. Meine Wahrnehmung wurde nicht erweitert, sie wurde ausgeschaltet bzw. aufgelöst. Ich spürte deutlich die dunkle Komponente, die immer über das Chaliponga als Admix zum Caapi berichtet wird. Es war ein sehr ein sehr erdiger dunkler, zu einem Geburtszustand zurückversetzender Trip. Zwischenzeitlich, noch relativ zu Beginn der starken Welle wechselte der Icarogesang zu einer Frau, und dies hörte sich so unfassbar fern von dieser Welt an, dass es kaum zu greifen war. Die Sprache und die Töne wirkten direkt aus einer anderen Dimension. Ich spürte, wieso die Schamanen Ayahuasca als Tür zu Gott oder einer anderen Dimension betrachten, denn hier war ich, in diesem Raum, etwas hatte sich geöffnet. Wäre es auf diesem Level geblieben, hätte ich vielleicht mehr von der Reise mitbekommen. So jedoch wachte ich langsam irgendwann aus diesem infantilen lähmenden Zustand auf, nach einer Zeit der völligen Abstinenz von wirklichem Bewusstsein, als mir dämmerte, dass ich den Eimer irgendwann scheinbar nicht mehr wirklich getroffen habe und sich Teile des erbrochenen Tees auf dem Teppich vor mir befanden und auf meine Hose. Ganz langsam kamen ein paar menschliche Fähigkeiten und Eigenschaften zurück und ließen mich mich selbst realisieren, ansatzweise. Ich musste tierisch pinkeln und musste mich ziemlich zusammenreissen, den Weg zum Klo zu schaffen und nicht wieder abzudriften und mir einfach in die Hose zu machen. Ich drehte mich um, aber konnte nur auf dem Boden kriechen. So kroch ich also ganz langsam zur Tür, unter recht großer Anstrengung der motorischen Fähigkeiten, und gleichzeitig erstaunt-fasziniert über die erdige animalische Methode des Kriechens auf allen Vieren. Ich schaffte dann den Weg zur Toilette, entledigte mich der Hose und suchte mir anschließend eine neue, die ich anzog, wie zum ersten Mal im Leben.

Von da an kehrte ich langsam wieder in die Welt zurück, versuchte den Teppichboden wieder sauber zu machen und etwas zu trinken. Ich war noch immer ziemlcih gummiig unterwegs, und der Blick war etwas verändert, aber nichts rauschte mehr so stark. Es waren nur 2 Stunden vergangen stellte ich fest, aber meine wirklichen Erinnerungen würden aneinandergereiht glaube ich nicht mal die Hälfte der Zeit füllen können. Mich erstaunt etwas das sehr schnelle An- und Auslaufen des Trips. Ich weiß nicht...ich habe zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich die Einsichten gewinnen können, die ich mir erhofft hatte; einfach, weil es mich zu sehr ausgeknipst hat. Das war allerdings kein negatives Erlebnis, wie etwa ein Alkohol Blackout, auch wenn ich diesen noch nie erlebt hatte. Nein, es war ein sehr ursprünglicher, etwas zu Boden werfender Trip. Die Dosis war wohl etwas zu stark für den Einstieg, aber ich nehme es so an, wie es ist. Ich wollte mich wieder mehr mit der universellen, spirituellen Energie verbinden, die unsere normale Welt durchzieht, und das geschah auf eine eher holzhammerartige Art und Weise. Es war nicht dieses erleuchtende Erlebnis, welches ich vor 10 Jahren hatte, vermutlich habe ich etwas ähnliches gewünscht. Aber es geht ja auch nicht darum, etwas zu erwarten, sondern das anzunehmen, was einem die Pflanze gibt in diesem Moment. Und das war definitv intensiv.


EIn schönes neues Jahr Euch allen.

Re: Ayahuasca - alles aufgelöst.

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Danke für das Teilen deines Reports. Hoffe du kannst aus dem Erlebten was ziehen, drücken oder quetschen. :lupe: :keule: :idee:

12,5g Chaliponga sind eine Menge Holz!

Habe bei meiner ersten Ayahuascareise - ebenfalls zuhause in Eigenregie zubereitetes Aya - 9 g Chaliponga verwendet und das war jenseits von gut und böse. Diesen Herbst haben wir einen Versuch mit 3-4g Chaliponga gemacht und das war dann mild aber produktiv.

Meines gegenwärtigen Verständnisses nach geht es bei innerer Arbeit mittels psychedelischer Substanzen auch nicht unbedingt darum, sich mit einer hohen Dosis das Ego wegzusprengen, weil eben das von dir Beschriebene passieren kann, dass dadurch die Funktionen der (Selbst-)Reflexion und damit die Möglichkeit der gelungenen Integration verloren gehen können. Gut ist es wenn man sich auf eine Wirkintensität eingetunt hat, in der Unbewusstes nach oben kommen kann und man zugleich noch die Fähigkeit hat, sich das in Ruhe anzuschauen - ohne Egoauflösungsstress. Allerdings ist das in vivo natürlich gerade mit Ayahuasca nicht so einfach zu realisieren ( Schwankende Wirkstoffkonzentrationen, Psychedelischer Faktor X, Intentionen der Madre und des astralen Zirkus....)
Take pain as a game.

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