schätze, da greift das homöopathische prinzip.Slider hat geschrieben:oh ja!Die Auffassung des Artikelverfassers ist, dass alle Pilze eine Spur psychotrop sind. Selbst ein harmloses Ragout aus Pfifferlingen oder Steinpilzen bewirkt beim Sensiblen
sehr lebhafte und stets etwas sonderbare Träume, zumal in einer klaren, trockenen Herbstnacht nach eines langen Tages Wanderung in Wald und Feld . . .
indes...die menschen sind verschieden.
ob ein bestimmter stoff als gift oder als heilmittel wirkt...das ist abhängig vom jeweiligen menschen und seiner momentanen lebenssituation:
wo der eine mehrere gramm einer bestimmten substanz benötigt um sein gleichgewicht zu suchen, zu finden, zu halten, mag dem anderen eine millionenfache verdünnung am zuträglichsten sein...
den roman "der tod eine bienenzüchters" von gustafsson kann ich guten gewissens auch extrem lesefaulen menschen (zu denen ich selber zähle) ans herz legen.Slider hat geschrieben: ansonsten... kein lesekost von mir. bin dieses jahr irgendwie lesefaul was bücher angeht, war nur eine handvoll.
hat keine 200 seiten und ist in einer klaren, einfachen sprache geschrieben.
trotzdem...
oder gerade deshalb?...
schafft es gustafsson immer wieder den leser ganz mühelos, quasie im plauderton so nebenbei, an....an...
an "das herz der dinge" (oder vielleicht besser: "den uterus der dinge")
heranzuführen und zu erinnern.
vielleicht kann eine weitere kurze leseprobe aus dem kapitel "memoiren aus dem paradies" lust machen:
Als kleine Buben, ja sogar noch als Gymnasiasten saßen wir im Sommer oft an der Schleuse von Färmansbo und angelten. Der träge, zähe, nein, nicht zähe, sondern melancholische Kolbäcksfluß bildet dort einen kleinen Wasserfall. An dieser Stelle gibt es ein Inselchen mit den Überbleibseln eines alten Hüttenwerks. Früher wuchsen dort massenhaft Morcheln.
Am südlichen Ende der Insel liegt die Schleuse von Färmansbo. Zu ihr führt ein Pfad, der von so hohen Bäumen beschattet ist, daß sich alles in einen grünen Tunnel verwandelt. Uralte Algen bewegen sich an der steinernen Einfassung des Kanals.
An der Schleuse selbst ist das Wasser tief, kohlschwarz – der Kolbäcksfluß trägt nicht von ungefähr diesen Namen – , und bei Hochwasser bildet es schwarze Strudel, von denen wir als Buben immer fasziniert waren.
Schon im Mai verbrachten wir ganze Nachmittage dort, zu dieser Zeit waren die Hechte sehr aktiv. Einige von uns wohnten in Sommerhäuschen, die ihre Eltern in dieser Gegend hatten, andere waren die Kinder der eigentlichen Einwohner.
Hin und wieder kam es natürlich vor, daß wir einen Fisch an die Angel bekamen, dramatische Episoden mit Riesenhechten, die den goldglänzenden Blinker abrissen und mit dem ganzen Ding im Maul verschwanden, große Hechte, die sich noch im Gras wie Schlangen wanden, und manchmal fiel auch einer von uns in das schwarze, stets kalte Wasser, wenn er auf einem nassen Stein ausgerutscht war.
Aber ich glaube nicht, daß das Angeln die wichtigste Sache an dieser Schleuse war.
Das schwarze, dahinfließende Wasser war mit der schwarzen Dunkelheit in unseren eigenen Pupillen verwandt.
Wir saßen dort, sahen darauf hinunter und beredeten sonderbare Dinge miteinander.
Die Fahrräder lagen in einem Haufen hinter irgendeinem Gebüsch, es war immer schwierig, am Schleusenwärterhaus vorbeizukommen, denn der Schleusenwärter, ein älterer Mann, hatte nicht viel Verständnis dafür, daß eine Schar von kleinen Buben zur unteren Schleuse lief. Er befürchtete immer, daß sie an den Schleusenluken herumfummeln und den Wasserstand verändern würden, was für ihn nicht besonders angenehm war, da es einen Fußmarsch von einem halben Kilometer bedeutete, wenn eine der Schleusenluken offenstand, die eigentlich geschlossen sein sollte.
(Übrigens spielten die Fahrräder damals eine enorme Rolle für uns; sie waren so etwas wie Haustiere.)
Nicke war ein sehr lustiger Junge. Er hatte etwas von einem Eichhörnchen. Er war stets hellwach. Ich hatte den Eindruck, daß er einfach mehr sah als die anderen. Daß er besser hörte als die anderen. Er war es auch, der entdeckte, daß man bei Sonnenuntergang die Otter an der Uferböschung hören konnte. Ein ungeheuer schwacher Laut, den niemand von uns bemerkt hatte, obwohl er immer schon dagewesen war.
Ein kleiner magerer, braungebrannter, ungeheuer drahtiger Junge, der die höchsten Kiefern erkletterte, indem er einfach die Knie gegen die Rinde stemmte und sich hinaufhangelte. Ich glaube nicht, daß er wußte, was Schwindelgefühl heißt. Einmal verschluckte er einen lebendigen kleinen Weißfisch, nur um zu beweisen, daß man das machen konnte.
Er legte großen Wert darauf zu beweisen, daß es Dinge gab, die man machen konnte, obwohl niemand es für möglich gehalten hätte. Hätte er im fünfzehnten Jahrhundert gelebt und wäre nicht von einem Lastwagen überfahren worden, dann hätte er bestimmt mit der Zeit einen neuen Kontinent entdeckt.
Er war das, was ich als einen gewitterfühligen Menschen bezeichne. Er wußte schon Stunden im voraus, wenn noch kein einziges Wölkchen am Himmel zu sehen war, daß ein Gewitter im Anzug war. Gewitter machten ihn nicht unruhig, nicht müde wie andere Leute. Ich habe das Gefühl, daß sie ihn ganz einfach aufpulverten, ihn fast in Ekstase versetzten.
Wenn der Hagel auf das Schleusenbecken hinunterpeitschte, bis die Strudel des schwarzen Wassers in einer Schaumwolke verschwanden, unsere Angelruten und die Dosen mit den Würmern verlassen dalagen und wir selbst atemlos in einer verlassenen Schmiede zwischen altem Schrott, Kreuzottern und Brennesseln kauerten, konnte man ihn draußen im Sturzregen wie einen kleinen Derwisch herumtanzen sehen, oft halbnackt, da er von seiner Mutter Prügel kriegte, wenn er mit nassen Sachen nach Hause kam.
Ich kann ihn noch vor mir sehen, wenn ich die Augen schließe, einen wilden kleinen Derwisch, im Hagelschauer ekstatisch auf den grob behauenen, vom Regen glänzenden Steinen aus dem achtzehnten Jahrhundert herumtanzend, dort draußen an der Schleuse von Färmansbo.
Als sei der Gewitterregen sein Vater gewesen.
Ein kleiner Mensch, in sein eigenes Geheimnis eingeschlossen.
Ich denke oft darüber nach, was aus ihm geworden wäre. Ein Sägewerksarbeiter, wie sein Vater es war? Ein Entdeckungsreisender zu den Mornington Islands? Aber was gibt es noch zu entdecken?
Er machte immer den Eindruck, für etwas ganz Besonderes bestimmt zu sein.
Wir alle waren für etwas anderes bestimmt.
Wenn ich mich unter den Menschen umsehe, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe: Lehrer, Freunde, Mädchen, Zufallsbekanntschaften, treue alte Gefährten, Verwandte, dann wird mir klar, daß ich keinen einzigen von ihnen, ich sage keinen einzigen, nicht einmal meine ehemalige Frau und auch nicht meine Geliebte, wirklich gekannt habe.
Man trifft einen neuen Menschen, einen, den man interessant findet. Man versucht, ihn »unterzubringen«, wie es heißt. (Ich versuche das sogar bei diesen Herren und Damen, die im Fernsehen die Nachrichten verlesen.)
In seinen Erinnerungen sucht man nach Gesichtern, die dem gleichen, das man vor sich sieht. Die langsamen Bewegungen der Augenlider stimmen mit denen überein, die man einmal bei einem Redner im Verein der Feldbiologen gesehen hat, die Mundwinkel sind die gleichen wie die eines Chemiedozenten im Uppsala der fünfziger Jahre. Kurz gesagt: Man holt sich hier einen Tonfall, dort einen Gesichtsausdruck.
Man legt sich das Unbekannte mit Hilfe des Bekannten zurecht. Der Psychoanalytiker in seinem Analysezimmer (oder wie das heißt; ich bin noch nie in einem gewesen) macht im Prinzip das gleiche: Er trägt Erfahrungen und Erinnerungen zusammen, um den Schlüssel zu dem Neuen, Unbekannten zu finden, womit er konfrontiert wird.
Aber das, was wir uns zurechtlegen, worauf wir zurückgreifen, dieser Schlüsselbund von einst gesehenen Gesichtern, mit dem wir klappern, besteht ja aus ebensoviel Unbekanntem. Wir erklären Rätsel mit Rätseln.
Das ist doch verdammt noch mal genau dasselbe, als würde man sich ein zweites Exemplar der Länstidningen kaufen, um eine Meldung nachzuprüfen, der man keinen Glauben geschenkt hat, als man sie in seinem eigenen Exemplar der Zeitung fand.
Jeder Mensch birgt zutiefst ein nachtschwarzes Rätsel in sich. Das Dunkel der Pupille ist nichts anderes als die sternenlose Nacht, die Dunkelheit tief im Auge ist nichts anderes als die Dunkelheit des Universums.
Nur als Rätsel ist der Mensch groß und deutlich genug. Nur eine mystische Anthropologie wird ihm gerecht.
Es war natürlich typisch für Nicke, daß er schwamm und tauchte wie ein Fisch. Er tauchte bis auf den Grund des tiefen Schleusenbeckens und machte Schleppangeln los, die sich dort unten im Schrott von drei Jahrhunderten verfangen hatten. Er klammerte sich an alten Baumwurzeln und Drahtseilen fest, seine Haare wogten ihm wie Seegras um den Kopf, der magere Körper legte sich horizontal in die Strömung; er sah aus wie jemand, der mit ungeheurer Geschwindigkeit fliegt, wie ein Engel, der sich nur im Schwebezustand in der normalen Wirklichkeit aufhalten kann.
Die Wasserfläche über ihm war ein fernes, glitzerndes Dach. Das leise Knacken und Ächzen, das die gewaltigen Wassermassen der Schleuse stets in den wuchtigen, geteerten Eichenpfählen der Schleusentore verursachen, drang wie das Ticken einer fernen, riesigen Uhr zu ihm. Die Stimmen der Kameraden waren nicht mehr zu hören. Er war vollkommen furchtlos. Die langen Wasseralgen in der Tiefe, wo die Steine in den Boden übergingen, flatterten wie lange Frauenhaare.
Die Gesichter der Kameraden, schmale kleine Ovale, die sich andächtig über den Rand des Beckens beugten, sah er nicht. Wieviel Zeit verging, wußte er nicht. Vielleicht würden sie weg sein, wenn er wieder an die Oberfläche kam, vielleicht würde es auch eine ganz neue Zeit sein.
Er schwebte. Er bewegte sich mit großer Geschwindigkeit. Er dachte: Ich halte mich fest. Behutsam lockerte er den Griff seiner einen Hand, weil er ausprobieren wollte, ob der andere Arm stark genug war, um ihn festzuhalten, aber er spürte, daß die Strömung zu stark war, sie trieb ihn in Richtung der Schleusenluke, die als silberne, quadratische Öffnung ganz hinten in dem tiefgrünen Raum schimmerte, in dem er sich jetzt befand.
In diesem Moment entdeckte er den Blinker, nach dem er getaucht war. Oder besser gesagt einen Gegenstand, der der Blinker hätte sein können.
Er glitzerte ungefähr einen Meter unter ihm wie Gold im Bodenschlamm.
Und für einen Augenblick stellte er sich vor, die langen, gekräuselten Algen seien die Haare der Kolbäckstöchter, die diesen glitzernden Schatz bewachten.
Er begriff, daß es nur eine Möglichkeit gab, sich den Blinker zu angeln, ohne daß ihn die Strömung haltlos auf die Schleusenluke zutrieb (und die war gefährlich, denn man konnte sie nicht durchqueren, wohl aber darin steckenbleiben und ersticken), nämlich die Beine langsam herumzuschwenken und zu versuchen, dieses glitzernde Ding – was immer es sein mochte – mit den Zehen des rechten Fußes zu packen.
Sobald er sich querlegte, wurde er von der Strömung erfaßt. Jedesmal wenn er diesen goldglänzenden Flecken, der der Blinker sein mußte, zu ertasten versuchte, wirbelten seine Zehen kleine Schlammwolken auf, die ihn völlig verdeckten. Seine Lungen schmerzten vom Sauerstoffmangel.
Wir fangen noch einmal an. Wir geben nicht auf, dachte er.
Über ihm war der ganze Sommer. Ein sanfter Wind ging durch die Bäume. Eine Wasseramsel schwebte auf der anderen Seite der Insel im offenen Teil der Stromrinne über dem Wasser. Von fern war das Geräusch eines EPA-Traktors zu hören, eines dieser billigen Traktoren, die aus dem Vorderteil eines Lastwagens gemacht waren und die damals in der Kriegszeit von den Bauern benutzt wurden, wenn sie sich keine richtigen Traktoren beschaffen konnten.
Schwärme von Möwen folgten dem Traktor auf seinem Weg.
Es war unsere Landschaft und war doch nicht die unsere. Es waren unsere Leben, die begonnen hatten, und waren doch nicht die unseren.
Ich bin nie so klug gewesen wie damals. Ich wußte, wie fremd ich war, aber ich wußte auch, daß die anderen genauso fremd waren. Im Universum ist niemand zu Hause.
Als Nicke wieder an die Oberfläche kam, war er durch den Sauerstoffmangel fast blau im Gesicht. Er konnte nur mit Mühe zum Rand schwimmen, und nachdem wir ihn über die steinerne Einfassung hinaufgezogen hatten, dauerte es fast fünf Minuten, bis er reden konnte. Er lag da und schnappte nach Luft wie ein kleiner, sehr schlammiger Fisch. Ein Geruch von grobem Bodenschlamm, von uralten Steinen, von verblichenem Seegras und fauligem Matsch umgab ihn.
Allmählich begriffen wir, warum er so schlecht geschwommen war, als er an die Oberfläche kam, und warum er soviel Mühe gehabt hatte, sich allein am Rand hochzuziehen. Er hielt die rechte Hand immerzu krampfhaft um etwas geballt.
Wir dachten, er würde sterben. Mitten an diesem warmen Junitag zitterte er vor Kälte.
– Was ist passiert? fragten wir ihn.
Seine einzige Antwort war zunächst, mit den Zähnen zu klappern. Schließlich versuchte er etwas zu sagen, und nach einer Weile gelang es ihm, so deutlich zu sprechen, daß wir ihn verstehen konnten.
– Der Blinker war nicht da, sagte er. Ich habe ihn nicht gefunden.
– Aber was hast du denn dann in der Hand?
Er sah seine Faust an, als habe er völlig vergessen, daß die Hand geballt war.
– Was hast du da drin? Was hast du da drin?
Vor Aufregung tanzten wir förrnlich um ihn herum. Daß es nicht der Blinker sein konnte, war uns klar, denn sonst hätten ihm die Angelhaken längst tief in die Hand geschnitten.
Er öffnete sie langsam, als sei sie viel zu lange geballt gewesen. Er schien genauso neugierig darauf zu sein wie wir, was nun eigentlich drin sein würde.
Wir wurden ganz still, atemlos.
Vom Grund der Schleuse von Färmansbo hatte Nicke eine schwere Goldmünze heraufgeholt, einen Golddukaten aus der Zeit von Carl XIV. Johan, den einzigen, der jemals dort gefunden worden ist.
es ist schon so wie crowley sagte:
"jedermann/frau ist ein stern"
mann/frau muss nur nach den sternen greifen WOLLEN.