Re: Selbstfürsorge

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ohn hat geschrieben:Ich frage mich: was kann ich tun, wenn ich mir darüber bewusst werde, dass bestimmte menschen mir nicht gut tun, ich mit ihnen aber zwangsläufig kontakt haben muss, denn ein kontaktabbruch würde bedeuten, dass ein anderes sehr wichtiges bedürfnis, eine lebenspriorität nicht gelebt werden kann? Darauf weiß ich noch keine antwort.
Schließe mich Sonntagskind an.
Situationen, die unnötig und unheilsam sind, so weit es geht vermeiden ist das eine. Wenn sie sich aber nicht ganz vermeiden lassen, sie als Chance sehen, Abgrenzung zu üben. Grenzen ziehen ist eine Fähigkeit, die sich kultivieren lässt.
Da hier schon Übungen vorgeschlagen wurden: Ist zwar recht simpel, aber wenn ich merke, dass der Kontakt mit bestimmten Personen mich negativ beeinflusst, finde ich es immer wieder hilfreich, mir deutlich vorzustellen, in einem geschützten Lichtkreis zu zu sein (die andere Person hat ihren eigenen Lichtkreis, der nicht in meinen "übergehen" kann).
ohn hat geschrieben:Dazu muss man sich erstmal darüber bewusst werden: was tut mir eigentlich gut? Was brauche ich, um mich gut zu fühlen?
ohn hat geschrieben:Außer vielleicht: wann genau bin ich nicht ehrlich zu mir, und was für vorteile habe ich daraus, wenn ich nicht ehrlich zu mir bin? Welche bedürfnisse stecken dahinter, wenn ich nicht ehrlich zu mir bin und wie kann ich sie erfüllen und trotzdem dabei ehrlich zu mir sein?
Für Unehrlichkeit gibt es sehr gute Gründe, die bei dem erwachsenen Menschen aber so automatisch wirken, dass er sie überhaupt nicht mehr wahrnimmt, wie der Fisch, der nicht versteht, was Wasser ist.
Ganz allgemein kann es sich entweder um den Versuch handeln, schmerzhafte Gefühle und unbefriedigte Bedürfnisse nicht zu spüren, indem man sich von seiner direkten (körperlichen, intuitiven) Erfahrung abkehrt und sich "Suchtverhalten" im ganz weiten Sinne flüchtet - das heißt Tätigkeiten, die zu einem Ersatz für die natürliche Selbstregulation werden, von der man sich abschneidet bis man kein Gespür mehr für sie hat, was dann zu deiner ersten Frage führt. Oder aber um einen Versuch, Freude nicht zu spüren, denn auch Freude und Lebendigkeit sind biographiebedingt oft mit negativen Vorstellungen verbunden und müssen vermieden/gebremst/geleugnet werden.
Wenn man sich über lange Zeit hinweg von einem Teil der direkten Erfahrung abgeschnitten hat, scheint der Zugang zu dieser Intuition - was will ich, was tut mir gut, was brauche ich? - womöglich verloren, was erst einmal hoffnungs- und orientierungslos machen kann.
Aber wichtig ist, dass man darauf vertraut, dass es diesen Zugang immer noch gibt, dass man ihn nur so lange nicht benutzt hat, dass man ihn nach und nach wieder zu spüren lernen muss.
Und damit muss man, denke ich, ganz klein anfangen. Akzeptieren, dass man noch nicht ehrlich zu sich ist, manchmal noch nicht spürt, was man gerade wirklich braucht, nicht darüber frustriert sein, sondern sich viel, viel Zeit geben. Zunächst vielleicht wirklich mit ganz einfachen Sinneswahrnehmungen anfangen und bewusst nachfühlen, ob sie gut tun. Vielleicht ab und zu ganz bewusst essen, Geschmack, Konsistenz und Veränderung der Nahrung im Mund spüren, sich dem Geschmackssinn ganz hingeben und ihn erkunden. Der neugierige, wertungsfreie, erwartungs-lose Zugang zu den Erfahrungen, die jetzt gerade sind, ist meiner Meinung nach schon sehr fürsorglich und ich glaube, nur aus ihm kann sich mit der Zeit wieder die tiefere Intuition für Heilsames wieder entwickeln (bzw.: wieder gefunden werden :) ).

Re: Selbstfürsorge

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Ich greif den Quote noch mal auf:
ohn hat geschrieben:Dazu muss man sich erstmal darüber bewusst werden: was tut mir eigentlich gut? Was brauche ich, um mich gut zu fühlen?
Das hab' ich zwar schon an anderer Stelle geposted:
1.) Versetze Dich in einen entspannten Zustand, schließ die Augen & sage Dir: "Ich liebe ...... !" & setzte anstelle der Pünktchen etwas ein, was Du von Herzen liebst. Nimm dafür bitte keine Person, sondern z.B.: "Gänseblümchen", "die Farbe blau", "Tiramisu", "den Gesang der Amseln", etwas in der Art.
2.) Fühle, wie sich das anfühlt – fühle, wo sich das anfühlt & denk' Dir dazu eine Geschichte* aus, damit sich das in Deinen Synapsen verdrahtet.
3.) Mach ca. 5 Min. irgend etwas & versetze Dich anschließend wieder in einen entspannten Zustand, schließ die Augen & sage Dir: "Ich hasse ...... !" wobei Du wieder genau das nimmst, was Du zuvor genommen hast. Dies ist eine Lüge & das weißt Du!
4.) Fühle, wie sich jetzt das anfühlt & fühle, wo sich das anfühlt & denk' Dir auch dazu eine Geschichte* aus, damit sich das in Deinen Synapsen verdrahtet.
Damit hast Du ein Werkzeug, daß es Dir erlaubt, zu wissen, was für Dich stimmig ist & was nicht.

P.S.:* Je besser die Geschichte, um so sauberer Dein – hmmm – Bauchgefühl.
Imho ist die Übung äußerst wirksam, hat aber auch ihre Grenzen.

Es langt nicht "sich erstmal darüber bewusst werden, was mir eigentlich gut tut"; es bedarf auch der Bereitschaft tatsächlich was zu ändern & das funzt nicht über den Kopf.
Lieber die bekannte Hölle als der unbekannte Himmel!
And I'll spread my wings 'till sun and moon, singing the song of life, dancing the dance of life, becoming life itself, no longer knowing, that I am.

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