Re: Akzeptanz

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@talkinghead

Ich erwarte gar nichts und natürlichlich bemerke ich das problem.
Irgendwann geb ich dann auf, lass einfach locker und folge meiner intuition und dann gehts.
So geht es mir auch. Aber als kopfbetonter mensch fällt mir das schwer und klappt oft nicht. Daher die frage nach tipps.
Das erwähnte buch als eines von vielen zu einer ähnlichen thematik ist kopfbetont. Wie jedes buch, was mit hilfe von sprache verfasst ist (sprache als ein bewertendes, intellektuelles medium).

Allerdings beinhaltet es auch konkrete hilfestellung und umsetzbare tipps, während dessen bei leuten wie eckart tolle o.Ä. oft nur auf abstrakter ebene ziele benannt werden, ohne hinweise, wie man diese erreichen kann.
("lebe im hier und jetzt", "identifizier dich nicht mit deinen gedanken", "folge deiner intuition", "transzendier dein ego" etc.)
Mehr oder weniger unbrauchbar, wenn man in einer schweren krise steckt. Daher meine empfehlung dieses buches, für ínteressierte, die sich nicht mit sachen beschäftigen wollen, die sich nur toll anhören aber einem dann erstmal wenig weiter helfen.

Dass das ganze etwas emotionales ist, was schwer in worte zu fassen ist und eher intuitiv verläuft, habe ich ja auch weiter oben schon erwähnt und das war mir natürlich auch vor dem eröffnen des threads schon bewusst, daher meine nicht vorhandene verwunderung, dass kaum etwas konkretes kommt. Ich hatte mir einfach erhofft, dass vielleicht die jenigen, die hier sehr belesen sind und solche dinge erreicht zu haben scheinen (bis sie dann mal in eine richtig dramatische krise kommen, die in einer emotionalen störung gipfelt und sich dann das zuvor erreichte als eine farce raus stellt und sie vor dem nichts stehen :blacklol: ;) ), und immer von derartigen themen schreiben, vielleicht auch konkrete hinweise geben können.

@loco-motive
Zusammengefasst würde vielleicht sagen es sind die Emotionen die man unbedingt akzeptieren und zulassen muss, da darf man auf keinen Fall reinpfuschen. Es geht bei der ganzen Sache ja darum emotional zu gesunden.
Den Gedanken gibt man einen Schubs in eine konstruktivere Richtung, lässt ihnen aber auch erstmal ihren Lauf. Man sollte halt nicht mit rigorosem Zwang arbeiten, stoppen kann man aber mal wenn es zu viel wird.
Ich denke, das trifft es schon sehr gut. Dieser ganze zwang, dieser kampf, diese reibung, die entsteht, wenn man all das, was in einem rumfuhrwerkt irgendwie verändern will, ist das eigentliche problem.
Insgesamt fällt natürlich dein Leidensdruck auf, und ich habe immer den Eindruck, dass du dir eine schnelle Lösung wünschst.
Es sei mir aber gestattet die Anmerkung zu machen dass die emotionale Gesundung ein mitunter jahrelanger Prozess ist bei dem man damit leben muss dass es einem für längere Zeit schlichtweg scheisse geht.
Auch damit hast du nicht unrecht, das muss ich zu geben. Ich war noch nie ein sehr geduldiger mensch und hätte gerne die patentlösung auf knopfdruck. Den schlüssel, den ich die ganze zeit gesucht habe, als ich damals in dieser unfassbar schlimmen, schwer traumatisierenden angststörungskrise feststeckte vor 1,5 jahren, die ich mit allen mitteln von mir fern halten wollte. Das es den nie gab und auch heute nicht gibt, habe ich jedoch inzwischen eingesehen.
Es ist seit dem so unglaublich viel passiert, ich habe so große teile meines lebens hinter mir gelassen und so endlos viele neue probleme sind entstanden. Ich musste durch so viel scheiße gehen, habe so viel gelitten, emotionen als dermaßen bedrohlich und lebenserschütternd erfahren, habe nun so viel verantwortung.. und und und. Das kann und will ich hier alles gar nicht beschreiben. Nicht jetzt. Nur so viel: das leid, was ich durchleben musste, reicht für 3 leben. Mindestens ;-) In so fern ist es nicht verwunderlich, dass ich ein problem damit entwickelt habe, emotionen wertneutral hinzunehmen. Denn es ist keine illusion: es steht viel auf dem spiel, eine handlungsunfähig machende existenzielle krise kann ich mir "nicht leisten", daher meine tendez zur angst vor meinen persönlichen tabu-emotionen.
Aber in geduld muss ich mich weiter hin üben, das steht außer frage. Und da schließt sich der kreis, denn akzeptanz hat unheimlich viel mit geduld zu tun.
Staunen über die Fülle möglicher Erfahrungen auf diesem wunderbaren Planeten in diesem einzigartigen Leben.

Re: Akzeptanz

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Für ohn.


Rahmen: Musik, eine gute Prise LSD, die Nacht vom 22. auf den 23. Dezember und ein Glas chilenischer Rotwein

Man nehme: Geduld, sich durch diese kleine Geschichte zu lesen, ohne Erwartung an evtl. Technik-Tipps

Bühne: Wohnung, vornehmlich zwei Räume (Wohn-/Schlafzimmer, Dachgeschoss) getrennt durch einen ca. 8 m langen stockfinsteren Flur

Erster Gedanke etwa anderthalb Stunden nach LSD-Einnahme: Hui, ganz schön bunt hier… da geht aber einigeeees… verliert sich schnell wieder im Nirwana.

Beim nächsten Augenaufschlag ist es mehr ein: Viel zu hell hier, ich brauch dunkel und ich schleiche durch den von explodierenden Lichtern gesäumten pechschwarzen Flur gekonnt ins finstere Schlafzimmer. Ich öffne die Dachluke: Frischluft und ich sehe das mit Sicherheit heftigste Feuerwerk seit Menschengedenken an einem 22.12. irgendwann gegen Mitternacht. Ich bleibe am Fenster stehen und schließe die Augen vor den blinkenden Lichtern…und es strahlt weiter...

Ich lehne mich gegen den Fensterrahmen und lege meinen Kopf auf meine Hände im offenen Fenster, schließe die Augen. Atme tief ein.
Erdiger Geruch feuchter Ziegel.

Wertschätzung.
Wert-schätz-ung.

Das Wort schießt mir durchs Hirn.
Vor mir steigen Bilder auf von Menschen, die sich irgendwann die nötigen Techniken erschlossen und Häuser bauten. Auch Dächer. Das Dach über meinem Kopf. Man könnte mir die Zutaten alle zur Hand geben, damit ich sie zusammensetzte, ich stünde trotzdem im Regen…

Von irgendwoher kommt Musik und es ist nicht meine…. Ich schleiche mehrfach den dunklen Flur zwischen Wohn- und Schlafzimmer ab, und merke: die mir sehr vertraute Musik, die aus diversen Himmelsrichtungen in mein Schlafzimmerfenster zu strömen scheint, ist nicht die, die ich im Wohnzimmer angestellt habe. Ist in Ordnung, stört mich nicht weiter.
Ich lehne eine Weile mit geschlossenen Augen an meinem Schlafzimmerfenster und rieche feuchte Ziegelluft.

Bis es mir zu viel wird und ich mich setzen, legen möchte. Wohnzimmer, Couch. Dazu eben mal ein Glas Rotwein aus der Küche…
Endlich geschafft: Rüber zur Wolldecke, Glas wird abgestellt, ich lege mich hin.
Ich höre Musik, meine Musik. Entspanne und werde Zeuge unvorstellbarer Szenarien, sehe Planeten entstehen und sich auf Grund eines perfekt ausgetüftelten Systems alle Dinge sich an genau ihren Plätzen einfinden. Den ihnen eigenen. Ich sehe, wie Universen geboren werden - und gebäre sie selbst. Im ewigen Kreislauf der Natur, sehe ich mich als Teil des gewaltige Kräfte freisetzenden Schöpfungsaktes.

Dann stört etwas. Verwirbelte Energiefelder von links.
Ich öffne die Augen und orientiere mich. Etwas vibriert.
Ich stehe auf. Nehme den Rotwein und rieche daran. Der Säuregehalt ist mir zu hoch, stelle ich fest. Ich wusste gar nicht, dass ich das weiß, dass ich dies alleine durch den Geruch erkennen kann, stelle ich fest. Ich rieche am Rotwein, erkenne unglaubliche Nuancen und überlege mir, wie es sich erst für geschulte Nasen darstellte…. Und probiere ihn.

Wert-schätz-ung.
Wertschätzung für die Menschen, die sich irgendwann mit Wein näher beschäftigten und dafür sorgten, dass ich heute hier genau diesen Wein in der Hand halten kann.

Ich gehe mit dem Rotwein in der Hand Richtung Fenster, die Quelle des Energiewirbels und Vibrierens suchend… Ah. Gegenüber parkt gerade ein LKW zum Entladen in eine viel zu eng wirkende Parklücke ein. Ich stehe mit meinem Wein am Fenster unterm Dach und beobachte den Fahrer, wie er Freitag früh um 1:26 damit beginnt, für den Bio-Markt Sachen auszuladen. Wie er sich abmüht. Beim Entladen rutschen Stangen auseinander, fährt die Konstruktion nicht über eine Schwelle… er macht und tut und müht und plagt sich…

Wert-schätz-ung.
Wertschätzung für den Mann, da, gegenüber, der sich jeden Tag und jede Nacht für jeden Kunden abmüht, um ihn zu beliefern.

Ich sehe das Gesicht des Weggefährten am Tag zuvor vor mir, seinen klaren Ausdruck, und den erstaunt-irritierten Blick, der leicht amüsiert wirkt, als er mir im Gespräch antwortet: Problem?!? Was, wenn es gar kein Problem gibt…?
Was, wenn deine Sicht auf dich nicht der Wirklichkeit entspräche?


Und ich sehe mich als Antwort denken:
Och nee, schon wieder... falsch?

In diesem Moment lenke ich meinen Fokus auf das Thema Akzeptanz. Ich spüre, wie es ist, ich spüre, was ist, wenn in jedem Moment ALLES akzeptiert wird. Leichtigkeit. Kein Gerangel um will ich/nicht, Schmerz, Leid, Angst. Aber: auch keine Freude.

Ruhe, Stille. Frieden.

Ich gähne.
Ich merke: ich bin gelangweilt.
Und weiter: Wenn es immer so wäre, es wäre stinkelangweilig!

Und dann dämmert mir… genau darum geht es hier.
Wir sind nicht dafür geschaffen, in diesem Zustand zu verharren, wir wollen beschäftigt werden! Kleine Quäl-geist-er, die nach Input suchen. Während die Natur sich reproduziert und weiter entwickelt…

Ich erkenne mich - und mein DaSein - als bewusst im Spannungsfeld der Nicht-Akzeptanz eingerichtet, so dass es mir als Beschäftigung dient, einem schöpferischen Akt gleich, jeden Tag aufs Neue damit zu beginnen, meinen Frieden zu machen. Ich sehe mich (morgens) aus Schlamm empor arbeiten, um (abends) als Staub wieder zu ihm zu werden.

Aber ich habe ihn.
Meinen Moment des Friedens.

Ich schenk ihn dir, ohn.
Dir und deiner kleinen Familie.

Frohes Fest.
~~ courage ~ compassion ~ connection ~~
~~ ~~ ~~ ~~ vulnerability ~~ ~~ ~~ ~~

~~ ~~ ~~ ~~ Γνῶθι σεαυτόν ~~ ~~ ~~ ~~

Re: Akzeptanz

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ohn hat geschrieben:Erstaunlicher weise habe ich es geahnt, dass im prinzip niemand gute tipps parat hat.
ohn hat geschrieben:Ich erwarte gar nichts und natürlichlich bemerke ich das problem. ..... Aber als kopfbetonter mensch fällt mir das schwer und klappt oft nicht. Daher die frage nach tipps.
Lieber ohn,

Menschen{wir alle}lieben es, sich sagen zu lassen, was sie tun sollen - aber noch mehr lieben sie es, sich zu widersetzen und nicht zu tun, was man ihnen sagt, und so verstricken sie sich und hassen schließlich denjenigen, der ihnen überhaupt etwas rät.

------

Eine Alternative zu menschlichen Ratgebern wäre, den Tod als Ratgeber zu benutzen. Ohne das Bewußtsein vom Tode ist alles gewöhnlich, banal.

Zur Zeit ist es das Selbstmitleid, das alles begleitet, was Du tust. Es steht Dir immer zur Seite, bereit, dir Rat zu geben.

Ein besserer Ratgeber ist aber der Tod, den man ebenfalls dazu bringen kann, alles, was man tut, zu begleiten, genau wie das Selbstmitleid oder den Zorn.

Du hast erst nach einem unsäglichen Kampf gelernt, dir wirklich leid zu tun. Genauso kannst du aber auch lernen, Dein drohendes Ende zu spüren, und mithin kannst Du lernen, mit dem Gedanken zu leben, daß dein Tod dir stets zur Seite steht.

Als Ratgeber ist das Selbstmitleid nichts im Vergleich mit dem Tod.
And I'll spread my wings 'till sun and moon, singing the song of life, dancing the dance of life, becoming life itself, no longer knowing, that I am.

Re: Akzeptanz

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ohnski hat geschrieben: @käse
Danke für das angebot, aber wenn das buch nichts bringt, wieso soll ich es dann lesen? ;)
das war nur ein kleiner witz, mit dem ich ausdrücken wollte, dass ich durch lesen des buches gelernt habe zu aktzeptieren, dass das lesen dieses buches nichts bringt ;)

bringt natürlich doch etwas, also wenn du willst kannst du es haben.

eigentlich habe ich keine ahnung obs was bringt, habe nur die ersten paar seiten gelesen... aber es wurde jedenfalls schon hier gelobt!

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