Kontrollbedürfnisse lockern

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Die meisten menschen haben ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes bedürfnis, kontrolle zu haben. Kontrolle über ihr leben, ihre gefühle, über die dinge, die ihnen passieren, über ihren bewusstseinszustand. Dabei ist es ein wesentlicher bestandteil in der bewältigung von depressiven verstimmungen und ängsten, zu erlernen, die kontrolle über die dinge abgeben zu können.

Während meiner angstkrise der letzten drei monate habe ich verstärkt die tendenz in mir entdeckt, nicht loslassen zu können. Dinge, die nicht so laufen, wie ich es mir vorher ausgemalt habe, werfen mich stärker aus der bahn, als vorher. Wenn auch das bedürfnis nach kontrolle - also letztlich ein bedürfnis nach sicherheit und beständigkeit - sicherlich vorher schon vorhanden war, hat es sich doch durch die tatsache verstärkt, dass mir in dieser lebensphase alles aus den händen glitt und ich verstärkt an dem festhielt, was ich noch hatte.

In diesem thread möchte ich gerne über techniken und übungen sprechen, die dem bewussten auflösen von kontrollbedürfnissen förderlich sind. Ich würde gerne eure vorschläge hören. Es können ganz einfache dinge sein, wie sich in ein fremdes stadtviertel zu begeben und dort ohne ortskenntnis einfach eine stunde spazieren gehen. Weniger interessiert bin ich an extremeren tätigkeiten/tipps wie psychedelische drogen nehmen, bungee jumping oder achterbahn fahren. ;-)
Staunen über die Fülle möglicher Erfahrungen auf diesem wunderbaren Planeten in diesem einzigartigen Leben.

Re: Kontrollbedürfnisse lockern

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Den Sinnen folgen.
Für das Ohr/Hören z.B. anfangen mit Ruhe und Horchen. Einfach einige Minuten folgen. Einige tage lang täglich machen. Später gezielt lockern, sobald das Hören sich irgendwo festhängt z.B. Heizungsgeräusch, Straße, Vögel. Als nächsten Schritt einfache Musik; steigern zu komplexen Sachen. Dabei achtsam sein und zwischen gezieltem/kontrolliertem Hinhören und freiem Hören wechseln. Wenn du merkst, dass das Hören von der Musik weggeht zu anderen Umgebungsgeräuschen, eine Zeitlang geschehen lassen und wieder fokussieren. Bei komplexen Stücken ( viele Instrumente/Stimmen/Melodien ) zusätzlich Wechseln zwischen dem Verfolgen einzelner Stimmen und dem Hören des Gesamtklanges ( der Musik sowie der Musik + Um-und Ingebung ). Zurückkehren zu einfachen Stücken und wieder zur Ruhe. In Ruhe horchen.

Vergleichbare Übungen mit den anderen Sinnen: Sehen, Riechen, Schmecken
Für den Tastsinn in Ruhe begeben ( liegen/Sitzen ) und zu Anfang in die Mitte der Handflächen spüren. Mit der Aufmerksamkeit kurz (1-3 min) dort verweilen. Dann mit der Aufmerksamkeit in jeden Finger einzeln hineinspüren, bis zur Spitze. Sanft, nicht erzwingen. Dasselbe mit den Füßen/Zehen machen. Hände dann übereinander auf den Unterbauch legen, kurz verweilen und ohne Fokus nachspüren. Einfache manuelle Handlungen blind ausführen. Beim Laufen die Fußsohlen und den Untergrund erspüren.

Leer werden.
Aufrecht sitzen. Entspannen. Hände in den Schoß legen. Fingerspitzen beider Hände aneinanderlegen, wobei die Handgelenke entspannt und gerade bleiben und ein kugelförmiger Raum zwischen den Händen entsteht. Den Atem kommen und gehen lassen. Bei Bedarf eine Zahl wählen ( gern gewählte Zahlen z.B. 9,36,99 ) und so oft ein- und ausatmen.

:wink:

Re: Kontrollbedürfnisse lockern

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Stehen üben. Wer sicher steht braucht sich nicht festzuhalten. ;)
Schulterbreiter Stand, Wirbelsäule gestreckt, Hüftgelenk öffnen, Gewicht auf die Fußsohlen, großen Zeh leicht in den Boden drücken, Arme locker hängen lassen. 5 min ruhig stehen bleiben. Arme bis zur Brustmitte heben, dort einen Kreis bilden, Schultern locker, Fingerspitzen zeigen in Höhe der Brustmitte aufeinander, Ellenbogen etwas tiefer und ebenfalls locker. 5 min ruhig stehen bleiben.

siehe z.B. http://www.youtube.com/watch?v=LBlzEZOldjQ
Zuletzt geändert von Tau-f-risch am 7. Dezember 2010, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Kontrollbedürfnisse lockern

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Eine Reise, die man alleine unternimmt. Überhaupt eine neue Umgebung fernab des gewohten Umfelds und der damit verbundenen liebgewordenen Muster hilft mir immer sehr. :)

Es sich zur Aufgabe zu machen in welcher Form auch immer anderen zu helfen und für sie da zu sein kann auch dazu beitragen das Bedürfniss nach KOntrolle als illusorisch und dem eigenen Glück im Wege stehen zu erkennen.


Viel Glück


Mao
Take pain as a game.

Re: Kontrollbedürfnisse lockern

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Ja, natürlich. Das gebrochene urvertrauen lässt sich auf der intellektebene aber kaum beeinflussen oder wieder herstellen, daher suche ich nach möglichkeiten und methoden, am verhalten zu arbeiten und darüber wieder urvertrauen zu entwickeln. Sozusagen über bande spielen. Wenn du taktiken kennst, die direkt den aufbau von vertrauen fördern: immer her damit :)
Staunen über die Fülle möglicher Erfahrungen auf diesem wunderbaren Planeten in diesem einzigartigen Leben.

Re: Kontrollbedürfnisse lockern

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ohn hat geschrieben:Das gebrochene urvertrauen lässt sich auf der intellektebene aber kaum beeinflussen oder wieder herstellen, daher suche ich nach möglichkeiten und methoden, am verhalten zu arbeiten und darüber wieder urvertrauen zu entwickeln. Sozusagen über bande spielen.
Meiner Meinung nach kann man auf der Intellektebene sehr wohl daran arbeiten, Vertrauen aufzubauen. Vertrauen ist imho keine isolierte Gefühlssache, sondern wird gespeist aus allen Ebenen des Erkennens und Verstehens - so auch der Ebene des Intellekts. Ich beobachte häufig, dass ich erst durch die intellektuelle Beschäftigung mit einem bestimmten Thema überhaupt anfangen kann zu erkennen, woran ich festhalte und wonach ich greife. Intellekt-Wissen kann als "Bande" dienen.

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Zum Entwickeln der Fähigkeit, loszulassen sowie mehr Vertrauen zu wecken, sind imho Übungen geeignet, die das Greifen lockern. Zum Beispiel: Entwicklung von Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft, Geduld, Verantwortungsbewusstsein zugunsten anderer (und dadurch auch automatisch zu seinen eigenen Gunsten); Überwindung des "inneren Schweinehundes" durch regelmäßige körperliche Übungen, bei denen man sich langsam steigert (seine "Grenzen" kennenlernen und erweitern); Entwicklung von Liebe/Mitgefühl/liebender Güte durch Kontemplation (sich eine Situation vorstellen, in der man bedingungslose Liebe empfangen hat, darin verweilen lernen und es langsam auf andere Wesen - schließlich das ganze Universum - ausdehnen... Durch regelmäßig Anwendung solcher relativ einfachen Übungen lernt man allmählich, sich selbst, seine Einwände und Zweifel, Hoffnungen und Ängste, Anhaftungen und Abneigungen, seine Starrheit und Verkrampfung zu erkennen und nicht so mehr wichtig zu nehmen, und schließlich einfach loszulassen.

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