Re: Wie lerne ich Meditation?

346
anima hat geschrieben: Könnte man sagen: Meditation ist das anstrengungslose Konzentriert-Sein auf Alles/Nichts, das bis zum fokuslosen Konzentriert-Sein getrieben werden kann, also letztlich echte con-centra ohne konstruiertes Zentrum und damit die Hinwendung und Zuwendung zu einem (vergessenen, generischen) Wesen Mitte/Zentrum, das allem Lebendigen unterschrieben ist?!

(möchte nicht komplizieren hier - könnte ja so klingen - sondern, eben, konzentrieren ... auf das, was an Meditation generisch faßbar ist)
Interessante Formulierung, aber könnte man so sagen, ja.
Wobei es eigentlich nichts bringt das intellektuell zu verstehen oder zu erfassen, einfach tun.

Bei mir ist da auch noch etwas, was ich noch anstrebe, eine Art 24/7 Bewusstheit, welche ich ganz klar schon "ausbauen" konnte, aber noch nicht so ganz zufrieden damit bin. Gewohnheiten und Konditionierungen sollte man nicht unterschätzen. Aber das ist beim zazen auch so, es gibt Tage da ist man nur unbewusst umher gedriftet und Tage wo man sehr ruhig und klar ist, einfach tun.

Vor Jahren war ich noch 24/7 unbewusst :joint: aber wenigstens stoned

Re: Wie lerne ich Meditation?

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Intellektuell versuche ich nichts zu erreichen, außer ein mannigfaltigeres Verständnis von dem, was ich türlich nur im Tun umsetzen und bestätigt sehen kann.

So würde ich auch erwähnt wissen wollen, dass auch stoned ein Leben bewusst er-/gelebt werden kann! War selbst schon stoned bewusster, als (andere) unstoned.

... man schaue sich z.B. nur die Sadhu an :nixplan:
My bubble -- my rules

Re: Wie lerne ich Meditation?

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je mehr man sich damit beschäftigt, wie meditation geht und was man am besten machen / nicht machen sollte, desto nerviger ist meditation imho.

Ich mache es einfach so: hinsetzen, mich in eine stimmung versetzen, in der ich mir sage: "alles darf da sein, alles in mir hat seine berechtigung und IST einfach. Weder gut noch schlecht", und dann atmen und sich nur aufs atmen konzentrieren. Nach ein paar atemzügen kommen dann gedanken, gefühle, körperempfindungen, die man einfach nur registriert, ohne sie weg haben zu wollen, und dann "etikettiert". Also du sitzt da und atmest und registrierst: "gedanke über alltag -> darf da sein -> zurück zum atmen", "rückenschmerzen -> darf da sein -> zurück zum atmen", "erinnerung an gestern -> darf da sein -> zurück zum atmen", "gefühl von angst -> darf da sein -> zurück zum atmen", "kribbeln in den füßen -> darf da sein -> zurück zum atmen" , "gedanke an fick gestern abend -> darf da sein -> zurück zum atmen" usw.
Mit der zeit wird das weniger und wenns gut läuft erlebt man halt immer länger andauernde phasen, in denen derartige empfindungen, gedanken, gefühle einfach nicht auftreten. Oft denkt man sich dann "oh cool, es herrscht stille.." und dann geht das spiel von vorne los, weil das schon wieder ein gedanke ist...
Letztlich geht es mir akzeptanz von allem, was da ist. Nichts weg haben wollen, sondern einfach wertneutrales registrieren mit anschließenden zurück kehren zum atmen.
So betreibe ich das jedenfalls, um mein vermeidungsverhalten bezüglich meiner tabugefühle langsam und stetig aufzuweichen.
Gibt ja auch noch andere arten von meditation.
Das ganze gelaber bringt jedoch rein gar nichts, meiner meinung nach, und intellektuelles verständnis auch nicht. Man muss es einfach mal eine zeit lang machen.
Die rückenschmerzen am anfang gehen mit der zeit zurück, ist reine übungssache. Und seine sitzpostion findet man auch erst nach einiger zeit.
Staunen über die Fülle möglicher Erfahrungen auf diesem wunderbaren Planeten in diesem einzigartigen Leben.

Re: Wie lerne ich Meditation?

349
ohn hat geschrieben:je mehr man sich damit beschäftigt, wie meditation geht und was man am besten machen / nicht machen sollte, desto nerviger ist meditation imho.
....
Das ganze gelaber bringt jedoch rein gar nichts, meiner meinung nach, und intellektuelles verständnis auch nicht. Man muss es einfach mal eine zeit lang machen.
Wort

Dank Anima ( :umarm: ) verstehe so langsam immer mehr warum die im Zen das bis in kleinste Detail durchplanen - Um möglichem Geschwurbel möglichst wenig Raum zu bieten ;) in sofern durchaus ein genialer Schachzug.
funny how fallin' feels like flyin' for a little while

Re: Wie lerne ich Meditation?

351
Im Grunde ist es im Zazen ganz einfach. Sitzen, atmen, wahrnehmen. Schön beschrieben bei ohn. :2daumen: Das ist die Tür - will man wissen was hinter der Tür ist muss man hindurchgehen.

Will man wissen was mit LSD möglich ist...

Aber um das Geschwurbel-Bedürfnis von anima zu befriedigen ( :D ):

Ich versuche während meines Sitzens zur Zeit folgendes - gleichzeitig:

In meinem Kopfzentrum Raum zuzulassen. Raum führt zur Stille.

In meinem Herzzentrum Öffnung zuzulassen. Öffnung für die ganzheitliche Erfahrung meines Seins. Ganzheitlich bedeutet: Gedanken, Gefühle, Emotionen und sonstige energetische Ausdrucksformen meines Seins. Ganzheitlich bedeutet, der Versuch den Fokus (oder wahlweise den Nicht-Fokus ^^ ) auf dem gesamten Organismus zu halten.

In mein Bauchzentrum Energie fliessen zu lassen (mithilfe der Atmung) und mich mit dieser Energie zu verbinden. Über diesen Punkt bin ich imho mit der Existenz als Solche verwurzelt und über diesen Punkt geschieht Erdung - Präsenz im Hier und Jetzt.
Loco-Motive hat geschrieben: Dank Anima ( :umarm: ) verstehe so langsam immer mehr warum die im Zen das bis in kleinste Detail durchplanen - Um möglichem Geschwurbel möglichst wenig Raum zu bieten ;) in sofern durchaus ein genialer Schachzug.
Da es leicht scherzhaft bei mir ankommt - imho ist das tatsächlich einer der Gründe für die Formvollendung beim Zen. ;)
happiness is the absence of resistance

Re: Wie lerne ich Meditation?

352
Die ganzen Rituale beim Zen, vor dem Sitzen, nach dem Sitzen, beim Kinhin etc. haben, wenn sie im Moment ausgeführt werden, eine viel tiefere Qualität als einfach so ausgeführt.

Das Gassho (Verbeugung mit zusammengelegten Händen) ist ebenso Praxis wie das Sitzen, das Aufstehen etc.

Ich empfinde die Form beim Zen nicht als sinnfreie und leere Handlungen, vielmehr als gutes Trainung die Bewusstheit mit in den Alltag zu nehmen.
Klar wäre es optimal diese Bewusstheit konstant aufrecht zu halten, aber bei genau dem hilft das Praktizieren ja auch recht optimal.
There are, strictly speaking, no enlightened people, there is only enlightened activity. - Shunryu Suzuki Roshi

Re: Wie lerne ich Meditation?

353
Erraphex hat geschrieben: Ich versuche während meines Sitzens zur Zeit folgendes - gleichzeitig:

In meinem Kopfzentrum Raum zuzulassen. Raum führt zur Stille.

In meinem Herzzentrum Öffnung zuzulassen. Öffnung für die ganzheitliche Erfahrung meines Seins. Ganzheitlich bedeutet: Gedanken, Gefühle, Emotionen und sonstige energetische Ausdrucksformen meines Seins. Ganzheitlich bedeutet, der Versuch den Fokus (oder wahlweise den Nicht-Fokus ^^ ) auf dem gesamten Organismus zu halten.

In mein Bauchzentrum Energie fliessen zu lassen (mithilfe der Atmung) und mich mit dieser Energie zu verbinden. Über diesen Punkt bin ich imho mit der Existenz als Solche verwurzelt und über diesen Punkt geschieht Erdung - Präsenz im Hier und Jetzt.
Benutzt Du dabei spezielle Techniken? Wie lässt man z. B. im Kopfzentrum Raum zu? usw.

Re: Wie lerne ich Meditation?

354
gowiththeflo hat geschrieben:Benutzt Du dabei spezielle Techniken? Wie lässt man z. B. im Kopfzentrum Raum zu? usw.
Nein - keine sprachlich vermittelbaren Techniken. Im Grunde verbinde ich es primär mit einem Gefühl. So als ob man den Blick auf einen Gegenstand richtet. Oder einem Vogel zuhört. Sich von der Wahrnehmung fluten lassen. Loslassen. Sich dem Fluss hingeben. Da hilft dann wieder Atmung... Im Kopf führt das jedenfalls zu Raum. Und das gleiche Gefühl führt im Herz zu Öffnung. Ob loslassen, oder versenken - in diesen Wörtern schwingt noch etwas anderes mit. Bewegung. Etwas verschiebt sich. Und genau so fühlt es sich auch an.

Energie kann im Körper gelenkt werden indem wir uns einfach vorstellen, die Energie dahin zu lenken. Zur Unterstützung lege ich die Hände auf meinen Bauch (siehe letzter Link, flache Handhaltug) und lasse sie mit der Atmung auf- und abgehen. Beim reinatmen stelle ich mir dann vor, die Energie aus meinem Kopf in meinen Bauch zu lenken. Es hilft dabei wenn ich meine Arme ein wenig nach hinten abwinkle, sodass ich mit ihnen ganz leicht Druck auf meinen Bauch ausübe.

Irgendwie failed. ;)
happiness is the absence of resistance

Re: Wie lerne ich Meditation?

356
In Hesses Siddhartha gibt es eine schöne Stelle.
Von den Geheimnissen des Flusses aber sah er heute nur eines, das ergriff seine Seele. Er sah: dies Wasser lief und lief, immerzu lief es, und war doch immer da, war immer und allezeit dasselbe und doch jeden Augenblick neu! Oh wer dies faßte, dies verstünde! Er verstand und faßte es nicht, fühlte nur Ahnung sich regen, ferne Erinnerung, göttliche Stimmen.
Wie hier der Fluss beschrieben wird, so kommt es mir beim Sitzen auch vor.

Das klare Gewahrsein, in dem die bewusste Erkenntnis von "ich bin" stattfindet, ist eigentlich immer da. Die bewusste Selbstwahrnehmung wird zwar durch Verwicklungen und Identifikation unterschiedlichen Grades wiederholt abgelenkt, aber das klare Gewahrsein oder der Raum, dessen man sich gewahr wird, wenn man die Ablenkung loslässt, bleibt trotzdem auf eine zentrale Art und Weise da und unveränderlich. Die Erfahrung von "ich bin" ist eigentlich ohne Unterbrechung präsent, zwar in unterschiedlicher Klarheit und mit verschiedenen Objekten behaftet, aber in der Tiefe unberührt und unveränderlich. Diese Erkenntnis ermöglicht allmählich eine gleichmütige Unbeeindrucktheit gegenüber den vielen umherschwimmenden Reizen und Themen. Und so wie sich dieses Sich-selbst-Erkennen inmitten eines stetigen Fließens sukzessive in der Meditation etabliert, so etabliert es sich auch darüber hinaus.

Alles fließt!

Re: Wie lerne ich Meditation?

358
Kiyoshi hat geschrieben:"ich bin" ist reine identifikation.
Und nu?

Klar bin ich mit Körper und Geist und "ich bin" identifiziert. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass man im klaren Gewahrsein seiner selbst bewusst ist und was-auch-immer bewusst(er) wahrnimmt. Genauso ist man der Gedanken usw. bewusst(er), so dass eine Identifikation mit gedanklichen Erscheinungen ausbleibt. Man bleibt präsent, alles fließt. Ob Du präsent sein oder "ich bin" wahrnehmen jetzt mit Identifikation gleichsetzt, ist meines Erachtens unerheblich.

Re: Wie lerne ich Meditation?

360
Ich versuch es nochmal anders zu beschreiben (falls hinter Deinem Kommentar wirkliches Interesse steckte).

In einem Augenblick oder Zeitraum klaren Gewahrseins gehe ich nicht mit dem Denken oder irgendeiner Vorstellung in die Wahrnehmung ein, die ich als "ich bin" bezeichnet habe. Besser wäre vielleicht die Bezeichnung Sein ohne Ich oder ohne Denken. Ich denke dann nicht "ich bin", sondern ich verweile still (also quasi ohne aktive Betätigung eines gedachten und denkenden Ichs) in der bloßen Wahrnehmung dessen, was ist. Es gibt dabei (vorübergehend) kein Denken mit dem ich identifiziert bin, auch wenn sicherlich noch diverse Identifikationspunkte und Verwicklungspotenzial vorhanden sind - in dem Moment mehr oder minder inaktiv -, die jederzeit wieder zu einer Ablekung führen könn(t)en. Ich bin halt für eine gewisse Zeitspanne mal zu nahezu 100% ins Sein eingetaucht - ohne Ich.

Naja, dies zu beschreiben klingt und wirkt irgendwie ziemlich trocken und langweilig - eigentlich nicht der Rede wert. Die Erkenntnis kommt halt einfach ab und zu durch und sie fühlt sich sehr klar und rein an, wie es eine Beschreibung mit Worten kaum auszudrücken vermag.

Vielleicht so ähnlich:
Siddhartha lauschte. Er war nun ganz Lauscher, ganz ins Zuhören vertieft, ganz leer, ganz einsaugend, er fühlte, daß er nun das Lauschen zu Ende gelernt habe. Oft schon hatte er all dies gehört, diese vielen Stimmen im Fluß, heute klang es neu. Schon konnte er die vielen Stimmen nicht mehr unterscheiden, nicht frohe von weinenden, nicht kindliche von männlichen, sie gehörten alle zusammen, Klage der Sehnsucht und Lachen des Wissenden, Schrei des Zorns und Stöhnen der Sterbenden, alles war eins, alles war ineinander verwoben und verknüpft, tausendfach verschlungen. Und alles zusammen, alle Stimmen, alle Ziele, alles Sehnen, alle Leiden, alle Lust, alles Gute und Böse, alles zusammen war die Welt. Alles zusammen war der Fluß des Geschehens, war die Musik des Lebens. Und wenn Siddhartha aufmerksam diesem Fluß, diesem tausendstimmigen Liede lauschte, wenn er nicht auf das Leid noch auf das Lachen hörte, wenn er seine Seele nicht an irgendeine Stimme band und mit seinem Ich nicht in sie einging, sondern alles hörte, das Ganze, die Einheit vernahm, dann bestand das große Lied der tausend Stimmen aus einem einzigen Worte, das hieß Om: die Vollendung.

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