Re: Wie lerne ich Meditation?

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Zu Beginn meiner intensiveren Zazen-Phase hatte ich diese Müdigkeit auch. Je regelmässiger und beständiger ich übte und regelmässigeren Umgang mit der Müdigkeit hatte, desto besser wurde es, also einfach weiter meditieren. ;) Nach einer Pause fing das wieder von vorne an, also eine nicht regelmässige Praxis und die Gewohnheit in der "Ruhephase" einzuschlafe ist hier das Problem. Sobald man gewöhnt ist in Ruhephasen zu meditieren, gibt sich das.

Dazu noch eine Anmerkung. Ich war vor kurzem auf einem Wochenende mit einem etwas bekannteren, amerikanischen Zen-Roshi, allerdings ist der eher "säkular" geworden, also lehrt kein klassisches Zen mehr, sondern eine modernisierte Form. Zur Meditation hatte er einen wertvollen Ratschlag für uns westliche Leute mit vollen Terminkalendern. Man richtet sich neben dem Bett einfach ein Stuhl ein und geht statt ins Bett auf den Stuhl sitzen und übt sich in Samadhi. Dabei soll man sich gar nicht daran stören, dass man eventuell dabei einschläft, auch irgendwelche Lotus-Sitze rät er von ab, das sei körperlich für Westler eher störend, als förderlich. Also statt ins Bett auf den Stuhl, ruhig auch mit Lehne, aber Rücken gerade, Kinn leicht einziehen, Kopf leicht nach vorne gekippt. Für Zen-Leute noch das gewohnte Handmudra:
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und dann völlig egal ob man müde wird oder nicht, wenn man einschläft und es bemerkt, geht man ins Bett, wenn man wach wird geht man wieder auf den Stuhl. Wenn man sich das angewöhnt kommt man irgendwann auf bis zu 2 Stunden Samadhi pro Nacht, weniger Schlafbedarf dadurch und man braucht da auch nicht weiter Meditationen in den täglichen Zeitplan einbauen. Vielleicht kann hier jemand was damit anfangen...

Re: Wie lerne ich Meditation?

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folgende meditationstechnik trau ich mich nicht zu machen.. sie "nimmt" von der vorderseite des körpers weg (durch das einatmen), und "gibt" (ausatmen) nach hinten, nur oben beim agna chakra nicht, da ists umgekehrt

ausm gefühl heraus hab ich immer nur nach vorne geatmet bisher

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ich mein, was passiert wenn man das jetzt stundenlang macht :bow:

Re: Wie lerne ich Meditation?

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Ich möchte hier mal ein Buch verlinken, auf das ich vor ein paar Monaten gestoßen bin, und das mich sehr fasziniert hat.
Meditieren tue ich seit ein paar Jahren und war auch eine Zeit lang in einem Zen-Verein. Im Zen wird ja recht viel Wert darauf gelegt, möglichst wenig über Techniken, Methoden usw. zu sprechen, oder wenn, dann eher in poetischer Form.
Diese Herangehensweise hat mich anfangs angesprochen und ich habe wohl auch viel herumgesessen im besten Sinne des Zen, nämlich ohne Gewinn. Der Nicht-Sinn dahinter leuchtet mir ein (Gewinn für wen?), irgendwann habe ich es jedoch gelassen.

Dann stieß ich auf diese Übersetzung:
http://www.zeh-verlag.de/download/meisterungingram.pdf

Im Grunde werden die buddhistischen Methoden und Meditationstechniken (des Vipassana?) knapp beschrieben und Literaturverweise gegeben.
Der für mich ausschlaggebende Hinweis war jedoch eine einfache Aussage des Buches, dass Meditation in zwei Richtungen führen kann, einmal in die Ruhe (Konzentration) und einmal in die Weite (Einsicht). In beide Richtungen gibt es eine Reihe von Stufen, die aufeinander aufbauen.
Für Leute hier, die Vipassana machen ist das wohl ein alter Hut, aber mir war das vorher so nicht bewusst.
Jedenfalls habe ich meine Meditation jetzt entsprechend umgestellt und erstmal begonnen, nur Konzentration zu trainieren. Dabei ist mir dann aufgefallen, dass ich während meiner Zen-Praxis wohl nie eine besonders hohes Maß an Konzentration erreicht habe, einfach aus dem Grund, weil ich schon vor einem stabilen Level an Konzentration mit der Achtsamkeit/Einsicht bzw. dem Untersuchen der Gegenwart begonnen habe.

Soweit sogut. Die englische Version des Buches ist noch etwas länger, in der deutschen Übersetzung wurden wohl noch verstärkt die praktischen Aspekte berücksichtig.

Re: Wie lerne ich Meditation?

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nursultan tuyakbay hat geschrieben:ich mein, was passiert wenn man das jetzt stundenlang macht :bow:
Nix?! Was soll passieren?

Ähnlich wird der Atemzyklus im Hatha Yoga (z. B. Ashtanga Yoga) dargestellt. Prana ist mit dem Einatmen verbunden - beim Einatmen wird Uddiyana Bandha aktiviert - die Energie fließt an der Bauchseite nach oben (kann man sich dabei vorstellen). Apana ist mit dem Ausatmen verbunden - beim Ausatmen wird Mula Bandha aktiviert - die Energie fließt an der Rückseite nach unten. Yogische Atemtechniken dienen dazu, Prana und Apana zu harmonisieren.

Re: Wie lerne ich Meditation?

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Ein Anliegen, würde mich sehr über Input von den Meditierenden hier freuen...

Im Moment (nach Zeremonien) fällt es mir schwer, in meine gewohnte Meditationspraxis zurückzufinden, die im letzten Jahr sehr strukturiert geworden ist und aus bestimmten Techniken besteht (Samatha, Metta, häufig geführte Meditationen, selten Vipassana). Etwas in mir wehrt sich dagegen, sich darauf wieder voll einzulassen, der Schuh scheint gerade nicht zu passen. Es fühlt sich so an, als würde ich durch diese Struktur den Raum, den ich gerade noch erahne, verkleinern (ich weiß nicht, ob klar ist, wie ich das meine...wenn nicht gern nachfragen). Vielleicht auch als würde ich mir dadurch ein fremdes Gewand anziehen. Eigentlich möchte ich gerade vor allem nach innen horchen und mich davor bewahren, Wege zu gehen, die nicht ganz meine eigenen sind.
Mir kam vorhin intuitiv der Ausdruck "effortless presence" - das ist es, was ich gerade üben will, und dem *scheinen* meine üblichen Techniken nicht zu dienen. Beim Googlen fand ich spontan:
https://spiritualexperience.eu/effortle ... editation/
http://www.thewayofmeditation.com.au/re ... -presence/
Übt jemand von euch so? Was ist das? (Teil von mir will natürlich auch diese Art zu praktizieren irgendwie labeln und einordnen)
Geht das überhaupt (ohne mehrere Jahrzehnte Praxis oder so), meditieren ohne den Aspekt des "Übens", einfach nur Dasein im Urzustand?
Vielleicht verliere ich diesen Zustand sowieso in ein paar Tagen aus den Augen und gleite dann automatisch wieder in meine normale Routine, trotzdem interessieren mich eure Gedanken dazu. Ist eine solche Meditationspraxis möglich oder braucht es feste, strukturierte Techniken als Vorstufe? Und führt letztendlich auch Meditation mit "struggle" letztendlich zu einem Zustand von "effortless presence"?

Danke schon mal :bow:

Re: Wie lerne ich Meditation?

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The easiest and most effective path to Spiritual Awakening
is Effortless Presence.
Not moving from natural presence of awareness.
Not seeking.
Not objectifying.
Not fabricating any states of mind.
Stop all effort altogether and rest.
Rest in the great peace of natural awareness


(von der 2ten Website, die du verlinkt hast)

Der Punkt ist, dass diese Art von Meditation, die dort beschrieben wird nur funktioniert, wenn man nicht meditieren möchte. Sobald du meditieren WILLST, dann "fabrizierst" du wieder etwas. Wenn du also diese Art von Meditation lernen möchtest, dann hör auf zu meditieren :bow:

Re: Wie lerne ich Meditation?

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@aneurysama: Ich habe die Erfahrung gemacht dass es doch sehr unterschiedliche Typen von Praktizierenden gibt und man [leider/zum Glueck] keine verbindlichen Formeln dazu aufstellen kann wie die Praxis zu erfolgen hat. Manche Leute brauchen mehr Struktur, andere fahren mit einem sehr freien Verständnis von Meditation gut. Generell ist es so, dass die Theravāda-Interpretationen (insbesondere die abhidharmalastigen wie Ledi Sayadaw/U Bha Khin) recht strikte und konkrete Vorstellungen davon haben, wie Meditation zu erfolgen hat. Demgegenueber stehen im anderen Extrem die Zen-Traditionen, wo man mitunter nur sehr wenig konkrete Anhaltspunkte zur Praxis vermittelt bekommt. Diese 'effort practice', die du zitierst, ist eher in dieser Richtung einzuordnen. Als Fußnote geht das dann wohl auch auf Nagarjuna und seinem Beduerfnis, die strikten Definitionen von Realitaet, wie sie in den klassischen buddhistischen Schulen entstanden sind, aufzubrechen, zurueck. Ich glaube nicht dass ein System besser ist als das andere, aber ich glaube schon dass unterschiedliche Praktizierende in unterschiedliche Richtungen tendieren und sich dementsprechend in gewissem Kontext wohler fuehlen. Ich hab schon Leute getroffen, die nach vielen Jahren Vipassana mit Zen weitergemacht haben, weil sie die strikten Strukturen nicht mehr so gebraucht haben. Aber das Gegenteil habe ich auch schon gesehen.
Ich persoenlich habe die Erfahrung gemacht, dass sich sehr strukturierte Meditation mit dem Ziel, starke Konzentration aufzubauen (was bei Samatha/Vipassana sicherlich der Fall ist) und Zeremonien beißen. Damit moechte ich nicht sagen dass das eine besser ist als das andere, aber fuer mich persoenlich ist es durch Zeremonien viel schwieriger geworden, meine Konzentration in der regulaeren Meditationspraxis aufrecht zu erhalten.
Generell ist es sicherlich nicht verkehrt, seinem inneren Gefuehl zu folgen wenn du merkst dass dir eine gewisse Praxis nicht taugt. Ich z.B. praktiziere zwar immernoch die Konzentrantionsmethoden nach Goenka, hab aber mittlerweile den Bezugsrahmen von Theravāda auf Mahāyāna-Abhidharma geändert aus dem einfachen Grund weil ich mit der Theravāda-Ontologie auf Dauer nicht so klarkomme. Aber man muss sich auch nicht der Illusion hingeben, dass 'effortless meditation' zwangslaeufig natuerlicher oder einfacher ablaeuft als der Fokus auf konkrete Objekte (wie der Atem oder die Koerperwahrnehmungen). es mag zwar aufm Papier einfacher aussehen, und die philosophische Ueberlegenheit von zen-style Meditation mag man in der Theorie schnell erkennen, aber die Praxis ist dann doch nochmal ein ganz anderer Schuh, und da halte ich die korrekte Umsetzung von diesen Methoden doch fuer sehr sehr anspruchsvoll.
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: Wie lerne ich Meditation?

400
Vielen Dank für euren Input dazu, sehr hilfreich!

Käseverzehrer: Den Satz "not fabricating..." finde ich tatsächlich irgendwie unpassend - hört sich zu sehr an nach Unterdrückung der Geistesbewegungen, die unweigerlich auftreten werden. Damit muss auf irgendeine Art umgegangen werden - sie einfach zu leugnen ist glaube ich nicht die richtige. Aber...Fragezeichen.
Für mich schließt meditieren wollen aber, zumindest theoretisch, nicht aus, dass man "effortless" ist. Denn Meditation muss ja nicht als Übung und mit Ehrgeiz vollzogen werden, sie kann einfach aus dem Wunsch entstehen, präsent zu sein. So wie ich esse, weil ich einen Hungerimpuls spüre, kann ich mich auch hinsetzen und in der Präsenz verweilen, weil ich mich nach Präsenz sehne. Das ist auch der Grund, aus dem ich mich gerade nicht mehr zum Samatha meditieren hinsetzen will - das befriedigt gerade nicht mein Bedürfnis nach offener Präsenz.

raellear: Wow, danke! Sehr spannend, deine Erfahrungen und Anregungen dazu :bow: Ich habe mit dem Meditieren etwa zu dem Zeitpunkt begonnen als ich auch meine ersten Zeremonien hatte, und damals bin ich dann recht schnell zum Zen gelangt. Erst mit der Zeit habe ich mich davon wieder wegentwickelt. Aber tatsächlich habe ich in den letzten Tagen den Impuls gehabt, mal wieder in den Zen-Dojo zu gehen (und nicht in meine Gelegenheits-Sangha, die sehr formell praktiziert).
Stimme dir aber auch zu, unstrukturiert zu praktizieren ist nicht einfach (wie manche Quellen behaupten), für mich persönlich fühlt es sich sogar viel anspruchsvoller an als die Art, auf die ich im letzten Jahr praktiziert habe, und ich habe keine Ahnung, wie lange ich so einen "effortless" Zustand beibehalten könnte, vielleicht werde ich auch einfach nur sehr schnell frustriert und verkopft werden dabei. Aber ich finde es auch irgendwie befreiend zu spüren, dass mein bisheriger Weg gerade nicht mehr passt, schon wegen der Ent-Dogmatisierung, die dadurch stattfindet - letztendlich gibt es nun mal kein Richtig oder Falsch, auch nicht, wenn es aus dem Dhamma kommt, und was wirklich wahr ist, kann man nur durch Innenschau entdecken.

Re: Wie lerne ich Meditation?

401
raellear hat geschrieben: 30. April 2017, 02:51 Ich persoenlich habe die Erfahrung gemacht, dass sich sehr strukturierte Meditation mit dem Ziel, starke Konzentration aufzubauen (was bei Samatha/Vipassana sicherlich der Fall ist) und Zeremonien beißen.

Dito, dazu wollte ich auch noch was schreiben.
Mich persönlich wühlen Psychedelika eher auf und zerstreuen den Geist, was sicherlich sehr kreativ ist und in neuen Zusammenhängen denken lässt, aber eher das Gegenteil von einer erdenden Konzentrationsmeditation.

Falls ich eine Zeremonie/Trip verarbeiten möchtest um wieder Boden unter die Füße bekommen, dann hilt mir Meditation, die sich am Tastsinn orientiert und generell sinnliche Beschäftigung, das hilft mir immer wieder bei der Landung :)
aneurysma hat geschrieben: 30. April 2017, 14:27 So wie ich esse, weil ich einen Hungerimpuls spüre, kann ich mich auch hinsetzen und in der Präsenz verweilen, weil ich mich nach Präsenz sehne. Das ist auch der Grund, aus dem ich mich gerade nicht mehr zum Samatha meditieren hinsetzen will - das befriedigt gerade nicht mein Bedürfnis nach offener Präsenz.

Ich wollte damit andeuten, dass auch wenn du den Impuls verspürst dir alle möglichen Gedanken zu machen, oder den Impuls verspürst zu essen oder den Impuls verspürst ruhig zu sein alles Präsenz bedeutet und du im Grunde genommen immer das tun solltest was sich für dich richtig anfühlt und es da keinen Unterschied gibt zwischen "guter/effortless Präsenz" und "dem Wunsch nach Ruhe" o.ä. gibt. Provozierend gefragt: Wie soll man denn nicht präsent sein, wenn man jeden Moment immer nur gegenwärtig vorhanden ist. Präsent sein heißt für mich nichts anderes, als zu bemerken, dass man existiert.

Re: Wie lerne ich Meditation?

402
Danke nochmal Käseverzehrer für die Rückmeldung!
Wollte schon eher antworten, war nun aber auf Retreat und kam vorher nicht mehr dazu, meine Gedanken aufzuschreiben. Vllt auch ganz gut, jetzt hat sich die Perspektive sicher nochmal etwas geändert.
Käseverzehrer hat geschrieben:Mich persönlich wühlen Psychedelika eher auf und zerstreuen den Geist, was sicherlich sehr kreativ ist und in neuen Zusammenhängen denken lässt, aber eher das Gegenteil von einer erdenden Konzentrationsmeditation.
Beim ersten Lesen, also vor 2 Wochen, hatte ich hier glaube ich etwas inneren Widerstand, jetzt würde ich ziemlich uneingeschränkt zustimmen. Stimmt, eine Sammlungsmeditation ist erdend und steht den Energien entgegen, die durch Psychedelika und natürlich viele viele anderen Techniken (und psychischen Belastungen) angeregt werden. Ich finde für mich im Moment beides notwendig, aber die eher luftigen Energien scheinen gerade Vorrang zu haben - ich bin auch jemand mit viel Erdelement, Zwanghaftigkeit, eingefahrenen (Denk-)Strukturen, daher ist der "neue Wind" etwas, was ich gerade nicht stoppen oder deckeln will, da er ein enormes Transformationspotenzial für mich zu haben scheint.
Käseverzehrer hat geschrieben:Falls ich eine Zeremonie/Trip verarbeiten möchtest um wieder Boden unter die Füße bekommen, dann hilt mir Meditation, die sich am Tastsinn orientiert und generell sinnliche Beschäftigung, das hilft mir immer wieder bei der Landung :)
Vielen Dank für die Anregung :) Hatte in der Vergangenheit schon große Schwierigkeiten beim Landen, mit Dissoziationen und Über-meinem-Körper-schweben, da bin ich dann auch immer auf erdige Kost (teilweise sogar Fleisch) umgestiegen, habe mich körperlich betätigt, um mich wieder mehr physisch zu spüren, manchmal haben auch Zigaretten beim Erden geholfen. Gerade kann ich allerdings sehr gut damit umgehen, keine "ungewöhnlichen" ( :lol: ) Vorkommnisse soweit.
Käseverzehrer hat geschrieben:Ich wollte damit andeuten, dass auch wenn du den Impuls verspürst dir alle möglichen Gedanken zu machen, oder den Impuls verspürst zu essen oder den Impuls verspürst ruhig zu sein alles Präsenz bedeutet und du im Grunde genommen immer das tun solltest was sich für dich richtig anfühlt und es da keinen Unterschied gibt zwischen "guter/effortless Präsenz" und "dem Wunsch nach Ruhe" o.ä. gibt. Provozierend gefragt: Wie soll man denn nicht präsent sein, wenn man jeden Moment immer nur gegenwärtig vorhanden ist. Präsent sein heißt für mich nichts anderes, als zu bemerken, dass man existiert.
Glaube, ich kann das gerade noch nicht so richtig beantworten. Also nur mit Konzepten, die sich aber nicht ganz stimmig anfühlen. Richtig, präsent sein heißt bemerken, dass man existiert. Aber wer bemerkt, dass wer existiert? Das macht für mich den Unterschied irgendwie. "Effortless" ist für mich, denke ich, deswegen so wichtig gerade, weil hinter all meinem Tun und auch meiner Meditation viel Anstrengung und Antrieb durch einen inneren Aufseher/Richter steckt, und ich nun die unglaubliche Erleichterung entdeckt habe, einfach akzeptierend mit dem, was ist, zu sein. Wenn ich nun Samatha praktizieren würde wie bisher (d.h. vielleicht "falsch", also oft mit Anstrengung und Widerstand), dann wäre ich nicht einfach mit dem, was ist - ich wäre gegen das, was ist, identifiziert mit dem Widerstand und seiner nicht bewusst.
Und Achtsamkeit besteht aus Akzeptanz und Bewusstheit. Also bin ich dann, in diesem SInne, nicht wirklich präsent, weil unerkannter Widerstand da ist. Macht das Sinn so?


Im Übrigen hatte ich ein tolles, unglaublich heilsames, tiefgreifendes Retreat voller Erkenntnisse :herzen: Habe da bisschen Samatha gemacht, aber eben auch viel "freestyle", mit dem praktiziert, was gerade kam, den Fokus auf Akzeptanz gelegt, mit dem Widerstand und nicht gegen ihn gearbeitet, meine innere Erfahrung gewürdigt und bin dabei zu großer Ruhe und auch mehr Hingabe als sonst gekommen. Scheint also durchaus die richtige Praxis zu sein für mich, im Moment - wie auch immer man sie nennen mag.

Danke nochmal für den sehr treffenden Input!

Re: Wie lerne ich Meditation?

403
aneurysma hat geschrieben: 13. Mai 2017, 08:38 Aber wer bemerkt, dass wer existiert?
Die Antwort auf diese Frage ist relativ, da sie sich jeden Moment ändert..
aneurysma hat geschrieben: 13. Mai 2017, 08:38 "Effortless" ist für mich, denke ich, deswegen so wichtig gerade, weil hinter all meinem Tun und auch meiner Meditation viel Anstrengung und Antrieb durch einen inneren Aufseher/Richter steckt, und ich nun die unglaubliche Erleichterung entdeckt habe, einfach akzeptierend mit dem, was ist, zu sein. Wenn ich nun Samatha praktizieren würde wie bisher (d.h. vielleicht "falsch", also oft mit Anstrengung und Widerstand), dann wäre ich nicht einfach mit dem, was ist - ich wäre gegen das, was ist, identifiziert mit dem Widerstand und seiner nicht bewusst.
Und Achtsamkeit besteht aus Akzeptanz und Bewusstheit. Also bin ich dann, in diesem SInne, nicht wirklich präsent, weil unerkannter Widerstand da ist. Macht das Sinn so?

Ja, das macht schon Sinn. Aber ich bin da etwas korinthenkackerisch, weil ich den Eindruck habe, dass "Das Ego" als etwas getrenntes von uns verteufelt und abgelehnt wird. Es ist möglicherweise gerade ein Wunsch des Ego "Effortless" zu sein, und das würde bedeuten, dass du einfach von einer noch recht leicht zu durchschauenden Ego-Intention namens "viel Anstrengung und Antrieb" in eine verwinkeltere und verstecktere Ego-Intention namens "Effortless" rutschst.
Damit meine ich, sobald du einmal die Erfahrung einer gefühlt "akzeptierenden Meditation mit dem was ist" gemacht hast, dass diese Erfahrung sehr schnell zu einem neuen (Ego)-Ziel werden kann, die wiederholt werden will. Das ist aber absolut nicht möglich. Man kann überhaupt nichts wiederholen, außer man sperrt die Gegenwart aus. Und wenn zu deiner Gegenwart ein fettes Ego gehört, dass viel Anstrengung und Antrieb verlangt, dann sei es einfach, alles andere wäre nicht akzeptierend. :)



Zitat eines reichen, berühmten Zen-Meister um meine Argumente zu untermauern:


Eine Gänseblume ist eine Gänseblume ist eine Gänseblume

Du willst so glücklich sein wie die anderen? Du sagst: „Ich wär‘ so gern wie du“?
Dein Glück gleicht nicht dem Glück von irgendeinem anderen.
Du musst dein eigenes Glück für dich selbst entdecken.

(Anmerkung: Dein Glück gleicht nichtmal dem Glück deines Vergangenheits-Ichs von gestern Abend)

Das Ego loszulassen bedeutet alles so zu akzeptieren wie eine Rolle im Theater.
Du entfaltest dich selbst innerhalb der Rolle, die dir zugewiesen ist.
Du wirst einfach eins mit der Rolle, ohne Präferenzen und Illusionen.
Der Abt ist eins mit dem Abt, der kleine Mönch eins mit dem kleinen Mönch.
Das bedeutet vertraut mit sich selbst zu werden.

Praxis bedeutet den Ort, an dem du jetzt stehst, zum Paradies zu machen, das Himmelreich unter deinen Füßen zu entdecken.


Antaiji.org

Re: Wie lerne ich Meditation?

404
Da hast du natürlich vollkommen recht - ich sehe auch die Gefahr, eine "effortless"-Meditation zum Ziel machen und festhalten zu wollen. Aber das wird auch relativ schnell auffallen, wenn ich mich wirklich auf mich ausrichte, denn eine Meditation, in der das Haben wollen eines anderen (unangestrengten) Zustands mitschwingt, ist nicht unangestrengt.
Der Versuch, Anstrengung wegzumachen, wird gewiss jedem, der die Bereitschaft bei seiner Erfahrung zu verweilen, auffliegen, ganz natürlich nach Akzeptanz verlangen, die dann wieder zur Anstrengungslosigkeit führt. Anstrengung, die erkannt und angenommen wird, kann nicht mehr anstrengend sein. Und Anstrengung, die aus der Anstrengung entsteht, Anstrengung zu vermeiden, ebenso ;)

Edit; noch als Ergänzung:
Natürlich will ein Teil von mir die Anstrengung vermeiden und mit diesem Teil praktiziere ich dann eben.
Zitierte ich schon vorhin im OT:
"Unless you make tremendous efforts, you will not be convinced that effort will take you nowhere. The self is so self-confident that unless it is totally discouraged it will not give up."
(Sri Nisargadatta Maharaj)
Sehr wahr für mich, der Weg führt nicht an der Anstrengung vorbei, sondern durch die Anstrengung (und wird durch die Praxis mit ihr anstrengungslos).

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