Re: Wie lerne ich Meditation?

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Für mich erfordert es eindeutig mehr Willensanstrengung/Geduld/Durchhaltevermögen, wenn ich anstatt einer halben Stunde eineinhalb Stunden sitze. Von Nutzen würde ich nicht direkt sprechen, aber die Wirkung besteht darin, dass ich mit Gewohnheiten konfrontiert werde (z. B. aufhören zu wollen, wenn es anstrengend wird).

Re: Wie lerne ich Meditation?

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Ok, klingt einleuchtend. :)

Ich brauche die größte Willensanstrengung, um mich erstmal hinzusetzen. :rotwird: Wenn ich dann sitze ist es eigentlich relativ egal, wie lange ich da sitze. 20/30 Minuten reichen aber, um mehrfach unendlich und unüberschaubar lange zu sitzen. Ich ziehe die Aufmerksamkeit von der Zeit ab, und sie löst sich auf. Es entfaltet sich Zeitlosigkeit. Dazu brauchts's meist so zehn Minuten. Daher erachte ich zu diesem Zwecke ein regelmäßiges Sitzen für mich als hilfreicher, als ein stundenlanges.

Klar fängt irgendwann der Hintern und die Knochen noch an zu schmerzen, was eine weitere Komponente reinbringt. Ist halt auch ne Methode, um die Willensübung zu verschärfen. Aber TM funktioniert da imho etwas anders: Die Herausforderung liegt ja darin, das Mantra zu halten und die Aufmerksamkeit ohne Anstrengung bei ihm zu belassen. (Drei Minuten ohne Abschweifen und Wiederkommen sind schon viel bei mir.) Ich übe also die Geduld und Willenskraft innerhalb der Zeitspanne, durch nach innen gehen, tieferkommen, und dabeibleiben - nicht darüber, die Zeitspanne nach außen hin entlang der linearen Zeit auszudehnen. 20/30 Minuten bieten genug ZeitRaum um auf diesem Wege tiefer und tiefer zu gehen. Und tiefer. Bis zum Grund, der unendlichen Stille.

Ich staune somit immer nur wieder über die neuen Rekorde beim Vispassana. ^^

€ Ich hab nur einmal so lange mit Mantra gesessen. Auch so zwei Stunden. Das war aber zu einer Zeit, als ich Liebeskummer hatte, und das was in meinem Kopf 18h am Tag Kraussell fuhr tausend mal schlimmer war, als ein abbrechender Rücken. Das war da die reinste Erholung. /o\

Liebe Grüße
Schuh
~ Resting in Peace ~

Re: Wie lerne ich Meditation?

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Mache das ziemlich nach Lust und Laune. Allerdings auch schon mal phasenweise mit Uhr. Komplette Unbewegtheit verordne ich mir nur selten. Ist bei mir auch sehr tagesformabhängig, ab wann körperliche Unannehmlichkeiten auftauchen. Manchmal kann ich stundenlang regungslos sitzen, manchmal hab ich schon nach 5 min Schmerzen. Insgesamt aber auch ein Trend dahin, dass es leichter fällt.
:2cents:

Re: Wie lerne ich Meditation?

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Dr.Schuh hat geschrieben:Ich ziehe die Aufmerksamkeit von der Zeit ab, und sie löst sich auf. Es entfaltet sich Zeitlosigkeit. Dazu brauchts's meist so zehn Minuten.
Klingt irgendwie witzig, der Abschnitt :lol:

Ich probier's immer wieder, mit der Meditiererei ... mir fehlt aber schlicht die - wie ist das Wort nochmal?! ... achja - nötige Disziplin :pfeif:
My bubble -- my rules

Re: Wie lerne ich Meditation?

263
raellear hat geschrieben: Das mit dem Dhamma finde ich interessant, Psychedelicious. Wo war das und wie sah der Alltag da so aus? Haste da n paar mehr Infos zu?
War im Dhamma Dvara und im Dhamma Sumeru.

Der Tagesablauf ist unterschiedlich. Kommt drauf an ob du einen Kurs sitzt oder ob du Service gibst. Den Zeitablauf vom Sitzen findet man auf den Seiten. Beim Service wird das individuell abgemacht, aber die 3 Hauptsitzungen am Tag macht jeder der im Zentrum ist mit. Ansonsten arbeitet man halt: kochen, abwaschen, Wäsche machen und putzen für die die den Kurs sitzen. Wenn man Longterm-Service gibt sollte man mindestens alle 3 Monate einen Kurs sitzen, kann aber auch öfters, je nach Belegung. Wenn jemand abspringt wird gern mal mit Servern aufgefüllt, vorrausgesetzt es sind genügend da. Dann gibts immer mal wieder Arbeitsperioden in denen keine Kurse stattfinden, da wird dann das Zentrum auf Vordermann gebracht. Auch während diesen Perioden meditiert man mindestens 3h am Tag, tendenziell viel mehr.
Wenn man einen Kurs "surft", also Service gibt, wird sich abgesprochen. Wenn man morgends Frühstück zubereitet kann man abends mehr meditieren und wenn man abends beim tagesabschliesenden Putzen mitmacht kann man morgends mehr meditieren. Kommt aber auch immer darauf an wie viele Surfer da sind, sinds mal weniger kanns auch mal vorkommen dass man nur die obligatorischen 3h am Tag sitzt.
Ist aber auch von Zentrum zu Zentrum bisschen unterschiedlich organisiert.
Dr.Schuh hat geschrieben:Ich staune somit immer nur wieder über die neuen Rekorde beim Vispassana. ^^
Da gibts recht abgefahrene Geschichten...
z.b. so einen Martial-Arts-Weltmeister der mal bei Jack Kornfield einen 3 Monats Retreat mitgemacht hat. Der kam dann auf die Idee mal 24h addithana zu sitzen, also mehr oder weniger regungslos. Der ist dann anscheinend völligst abgehoben. Die haben 3 tage gebraucht um den wieder runter zubringen - er dachte er sei erleuchtet weil er bei allen Menschen in den Auren jegliche vorherige Inkarnation gesehen hat. Muss wohl recht stressig für Jack Kornfieldund und die anderen gewesen sein, weil so ein Martial-Arts-Weltmeister schon Kraft hat, und der ist dann auch rumgerannt und hat Katas vollführt und war eben sehr sehr "high". Nach 3 Tagen konnte der dann wohl wieder schlafen und meinte danach dass er evtl. doch nicht erleuchtet sei. ^^

In den Dhammas gibts auch immer mal wieder Leuts die meinen dass sie erleuchtet sind. Gab da schon recht lustige Situationen. Eine Frau hat mal die anderen als Schüler um sich geschart und meinte ihre Weisheit weitergeben zu müssen - das fanden dann die Lehrer dort nicht so toll weil man da ja schweigen sollte.

Oder irgendwann saß mal einer einfach so auf dem Lehrersitz vorne, der Lehrer kam rein und war schon irgendwie erstaunt dass da jemand anderes sitzt. Der der auf dem Stuhl saß meinte dann auch dass er erleuchtet sei und er ab jetzt den Laden schmeist.
Ist dann wohl immer bisschen stressig für die Lehrer die ganzen "Erleuchteten" dazu zu bekommen nach den Regeln weiter zu meditieren.
Dass ab und an jemand mal weint oder nen Lachkrampf bekommt ist schon eher normal. Ist mir beides auch passiert.

Auch lustig war der Typ der angefangen hat mit Teebeuteln aus dem Speisesaal die Bäume auf dem Gelände zu dekorieren. Weiss bis heut nicht warum.

Bei so 10 Tagen nichts tun dringt man halt schon tief in sich selbst vor...

Als ich da das halbe Jahr war durchlief ich so ziemlich jeden emotionalen Zustand den ich bis dahin kannte und noch viele andere, und die um das vielfache potentiert. Irgendwann konn tich nicht mehr aufhören zu lachen, musst mal leise kichern, mal laut los prusten und das ununterbrochen. Das hat wohl auch bisschen genervt, deshalb wurde mir gesagt ich soll doch mal einen Tag Pause machen - danach konnt ich wieder ernsthaft meditieren.
Also alles in allem ist sowas eine der besten Waschmaschienen die es so für Menschen gibt.
There are, strictly speaking, no enlightened people, there is only enlightened activity. - Shunryu Suzuki Roshi

Re: Wie lerne ich Meditation?

264
Danke fuer die ausfuehrliche Antwort. Ich werde vielleicht mal schauen, sowas in Indien zu machen... Ich denke nicht, dass man als Longtimeserver finanziell beitragen muss, oder?
Auf meinem ersten Kurs ist auch einiges kurioeses geschehen.
So gab es ein paar Heulkraempfe und Traenen, mit denen die alten Schueler aber ganz gut umgehen konnten. Ein Teilnehmer ist allerdings richtig abgedreht und hat am vorletzten Tag angefangen, laut zu schreien und um sich zu schlagen. Das war schon wie aus dem Exorzismus-Film und hat vier Leute gebraucht, um beruhigt zu werden.
In der letzten Nacht ist dann ein Maedchen im Alter von 23 Jahren gestorben. Todessache ungeklaert. Das war sehr strange, weil morgens das ganze Gelaende voller Polizei war.
Es soll ja durchaus zu Selbstmorden im Zusammenhang mit Vipassana kommen. Was genau hier los war ist den normalen Kursteilnehmern allerdings nicht mitgeteilt worde. :denk:
Naja ich freue mich trotzdem auf den naechsten Kurs.
Wenn ich viel Vipassana mache, dann fuehle ich mich allerdings auch ziemlich am Limit bzw. zeitweise verrueckt und 'out of the world'.
Osho meinte ja auch, dass die 10-Tageskurse von Goenka viel zu heftig angesetzt waeren und 'zwangsweise zum Wahnsinn fuehren muessen'. Ich bin da nicht so ganz seiner Meinung, aber in gewisser Hinsicht wird da auch was Wahres dran sein. Ist schon harter Tobak imho...
"if we are able to give priority to the meditation then all else will eventually fall into place on its own accord"

Re: Wie lerne ich Meditation?

265
raellear hat geschrieben:Danke fuer die ausfuehrliche Antwort. Ich werde vielleicht mal schauen, sowas in Indien zu machen... Ich denke nicht, dass man als Longtimeserver finanziell beitragen muss, oder?
Absolut nicht, du arbeitest ja. Viele Leute die kein Geld zum Spenden haben, geben Service.
raellear hat geschrieben: Wenn ich viel Vipassana mache, dann fuehle ich mich allerdings auch ziemlich am Limit bzw. zeitweise verrueckt und 'out of the world'.
Osho meinte ja auch, dass die 10-Tageskurse von Goenka viel zu heftig angesetzt waeren und 'zwangsweise zum Wahnsinn fuehren muessen'. Ich bin da nicht so ganz seiner Meinung, aber in gewisser Hinsicht wird da auch was Wahres dran sein. Ist schon harter Tobak imho...
Mit Vipassana trifft man früher oder später unweigerlich auf die Dukkha Nanas, und wenn man diesen dann nicht mit Gleichmut begegnet kommen sie halt immer und immer wieder. Bin da durch diverese "Höllen-Dimensionen" geschlittert, aber auch da gilt: Gleichmut ^^ ... total equanimity ...
There are, strictly speaking, no enlightened people, there is only enlightened activity. - Shunryu Suzuki Roshi

Re: Wie lerne ich Meditation?

266
Um mal wieder auf den Titel des Thread Bezug zu nehmen:

Ein Buch was den Soto-Zen sehr gut beschreibt:

Zen-Mind Beginner-Mind

Das Buch würd ich jedem Empfehlen. Ist verständlich geschrieben und eine gute Einführung, sowie gutes Auffrischen.

Der Autor ist nicht mit Daisetz Teitaro zu verwechseln.
D.T. ist auch nett, aber ich denke gerade Leute die anfangen sich mit Zen zu beschäftigen, werden mit Shunryu besser klar kommen.
Evtl. sag ich das auch weil Soto mir um längen sympathischer und konsequenter vorkommt wie Rinzai.

Beim Soto wird nicht das Erreichen irgendeines Zustandes ( Satori, Erleuchtung, KATZ!) oder das Lösen irgendeiner Aufgabe propagiert.
Es geht einfach nur ums Sitzen. Sitzen als perfekter Ausdruck der, allem immanenten, Buddha-Natur.

:bow:
There are, strictly speaking, no enlightened people, there is only enlightened activity. - Shunryu Suzuki Roshi

Re: Wie lerne ich Meditation?

268
Was das meditieren betrifft, habe ich so meine lieben Probleme.
Mir fällt es grundsätzlich schon einmal schwer, Sachen zu tun nur um des Tuns willen.
Auf meinem letzten Trip ist mir das wieder einmal klar geworden.
Schon bevor ich etwas mache, wie z.B Meditieren, ertappe ich mich bei dem Gedanken was ich nachher davon habe.
Mit so einer Erwartungshaltung, mach ichs mir halt schwer.
Fühlt sich dann an wie eine innere Barriere.

Ich glaube ja zu wissen, dass es nur hilft wenn ich mich trotzdem einfach hinsetzen und mich ein bisschen "diszipliniere".

Hat jemand vielleicht einen Tipp?

Re: Wie lerne ich Meditation?

269
rauschkind hat geschrieben:Schon bevor ich etwas mache, wie z.B Meditieren, ertappe ich mich bei dem Gedanken was ich nachher davon habe.
Mit so einer Erwartungshaltung, mach ichs mir halt schwer.
Fühlt sich dann an wie eine innere Barriere.
Einen quantifizierbaren oder qualifizierbaren Nutzen haben wollen klingt verdächtig nach dem inneren Richter. Mit diesem mächtigen Dings muss sich so ziemlich jeder auseinandersetzen.
rauschkind hat geschrieben:Ich glaube ja zu wissen, dass es nur hilft wenn ich mich trotzdem einfach hinsetzen und mich ein bisschen "diszipliniere".
:2daumen: Genau so!

Eigentlich hilft es schon, die Gedanken (Deine Erwartungshaltung) einfach nur zu beobachten, aber Urteile darüber, was Du tust, loszulassen und damit zusammenhängende Reaktionen oder Nicht-Reaktionen (sich nicht aufraffen können, um sich hinzusetzen ^^ ) nicht von den Urteilen steuern zu lassen.

Re: Wie lerne ich Meditation?

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rauschkind hat geschrieben: Ich glaube ja zu wissen, dass es nur hilft wenn ich mich trotzdem einfach hinsetzen und mich ein bisschen "diszipliniere".
Nicht sitzen, weil du sitzen musst, sondern weil du sitzen willst. Ein wenig Disziplin kann dabei helfen, da das Ego, ohne Ziel (und materiellen Gegenwert) vor Augen, zu Faulheit neigt.

Ohne Ziel sitzen - des sitzens wegen. Einfach weil es schön ist zu sitzen. :)

Was natürlich nicht bedeutet, dass es einem nicht gut tut - aber das ist eigentlich völlig unerheblich. ;)
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