[Psil. mexicana] Heidezauber

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So, von mir gibts dann auch mal einen aktuellen Tripbericht.
(Vor-Warnung: ist ein ziemlich langer Text geworden, hab aber auch keine Lust mehr ihn zu kürzen)

Ausflugsvorbereitung:

Ein Freund (T.) und ich planten schon seit längerem wiedermal einen Ausflug in die Lüneburger Heide zu machen. Ich hatte noch 2 Portionen Mexikaner a 4,5 g, die schon seit 2 Jahren lagerten. Wir hatten unsere Zweifel, daß die Pilze noch wirken und sagten uns, das selbst wenn nicht mehr genug der Wirkstoffe vorhanden sein sollten, sie zumindest noch unsere Sinne öffnen würden. Dies würde uns schon genügen. Wir beschlossen mehr oder weniger garnichts zu erwarten bzw. das Unerwartete und wir empfanden es als Verschwendung die Pilze zu Hause zu essen.

Ich muss dazusagen: Ich hatte Pilze bisher nur während der Nacht eingenommen. Ich hatte zwar schon das ein oder andere mal LSD bei Sonnenlicht eingenommen, doch dies war das erste mal das ich Pilze bei Tag nehmen würde & das während einer Wanderung. Das ganze war für mich also in mehrerer Hinsicht interessant. Ich las mal irgendwo das Pilze kein Tageslicht mögen würden, und das, so kann ich schon vorab sagen, habe ich ganz & gar nicht so empfunden.


Aufbruch ins Heideland

Am nächsten Morgen hab ich dann erstmal glatt verpennt, nachdem ich noch bis 5 Uhr morgens mit jemanden telefoniert hatte. Ich schaffte es aber noch rechtzeitig zum Bahnhof und T. wartete noch auf mich. In Sprötze angekommen begaben wir uns Richtung Brunsberg. Als wir im Wald angekommen waren trafen wir 2 alte Frauen, die wir nach der Richtung fragten. Die beiden Großmütter hielten 2 Bündel Besenheide in ihren Händen. Eine meinte prompt: "Wir haben uns heute auch schon verlaufen". Dies sei der Brunsberg, wir stünden bereits drauf, sagte sie noch. :)

Wenig später erreichten wir einen Vorläufer des Berges und setzen uns erstmal an einen Tisch, den wir dort vorfanden. Wir aßen etwas und rauchten dann aus einer Wurzelknollenpfeife etwas Gras, die T. mitgebracht hatte, um uns in die Landschaft einzustimmen.

Dann begaben wir uns auf den Gipfel des Brunsberges der gegenüber von uns lag und setzen uns auf eine Bank. Die Aussicht war schonmal sehr erquickend. Um uns lagen, soweit das Auge reichte, Hügel & Wälder und der Brunsberg selbst war von Besenheide, Johanniskräutern, strahlend-weissen Birken und felsigen Steinen überzogen. Wir aßen nun unsere Pilze und beobachten dabei einen Waldmistkäfer, der dabei war eine Kugel über den Sand zu rollen. Er hatte seine Höhle unter einem großen Stein.


Das Einsetzen der Wirkung


Wir waren gerade Richtung Südosten aufgebrochen, als wir, noch am Fuß des Brunsberges, erste Anzeichen der Wirkung verspürten. Ein mir sehr vertrautes Gefühl setze ein. Ich fühlte mich zu allem hingezogen. Neben uns lag ein Felsen, an den ich mich gern auf der Stelle geschmiegt hätte. T. war ganz in das Betrachten gelbblühendem Johanneskrautes, das am Wegesrand wuchs, vertieft. Ich sagte zu ihm das ich bereits die Wirkung der Pilze verspüre, daß es vielleicht aber auch nur die Vorfreude ist. Wir waren gerade mal 5-10 Minuten unterwegs. T. bestätigte dies.

So schnell hatte ich noch nie etwas gemerkt. Ein paar Schritte weiter, wir hatte gerade den Waldeingang erreicht, war uns 100%ig klar, das es mehr als nur Vorfreude war, die in uns aufstieg. Es war gleich einer Verheissung, auf das was kommt.

Wir fanden einen alten Felsen, der die Richtung zum Buesenbachtal wies. Genau dort wollten wir ursprünglich hin. Als wir den Waldweg folgen setzen erste Hitzewallungen ein, soviel zur Ver"heiss"ung. Wir überquerten eine Straße, und kaum waren wir drüben steigerten sich die Hitzewellen ins "tropische". Der Schweiss floss in Strömen und wir schleppten uns nurnoch mühsam Schritt für Schritt vorran. Mir war stellenweise etwas Unwohl zumute und ich hätte mich gerne hingesetzt, wusste aber das diese Wallungen kommen & gehen und so war es dann auch. Es kam uns vor als würden wir verschiedene Klimazonen passieren.

Nach jeder Hitzewallung atmeten wir wie befreit auf, und das Klima mäßigte sich, erfrischte uns. Wir sprachen über die Kräfte & Energien der Orte/Stellen die wir durchschritten. An manchen Stellen fühlten wir uns seltsam unbehaglich, und wir gingen zügig weiter, an manchen Stellen fühlten wir uns sehr gut und weilten für kurze Zeit.

An einer anderen Stelle schlossen wir die Augen. Ich konnte sie nicht lange geschlossen halten aber was ich sah, sah genial aus - helles gold-rotes Licht in dem grün-gelbe Energie schlangen- oder stängel-artig aufstieg. Als wir die Augen öffneten erblickten wir vor uns überall Kamillepflanzen, die in steinigem Boden wuchsen. Wir hatten sie zuvor garnicht bemerkt.

Wir trafen einen weiteren Menschen, der auf uns zukam. "Vorsicht, Waldpassant!" bemerkte ich, was uns abermals heftige Lachkicks beschehrte.

Wir fanden einen einzigen Heidelbeerstrauch der Beeren trug und aßen ein paar davon. Alle anderen Sträucher trugen noch nichts. T. meinte später das die Heidelbeeren auch dazu beigetragen haben, das alles so kam wie es kam. Wir hatten die Heide "gekostet".

Ankunft im Buesenbachtal

Als wir ankamen waren wir bereits sehr gut dabei. Es muss ungefähr eine Stunde vergangen sein seit der Einnahme. Aber genau kann ich das nicht sagen, denn wir hatten nur einen Kompass, aber keine Uhr dabei. Wir wurden sehr heiter und lachten über irgendwas, was wir zu sagen versuchten, oder die Assoziationen, die uns dazu kamen. So wurde zb aus "Buesenbachtal" das Wort "Busenbruchtal".

Als wir erblickten was uns dort erwartete waren wir sofort hingerissen. Die Heide in der Hochblüte. Die ganze hügelige Landschaft leuchtete hell-violett, und war gesäumt von einzelnen Wacholder- und anderen Nadelbäumen. Ein unglaublicher Anblick, wie aus einem Märchen. Die Lüfte waren voll von den ätherischen Düften der blühenden Heide, voll von heilsamen Parfümen. Wir atmeten tief durch und öffneten unsere Sinne dieser Vielfalt an Wahrnehmungen. Als wir den Rundweg um die Anhöhe antraten, fanden wir dann auch eine lang-ersehnte Bank. Da rief T. plötzlich, daß er sich original wie in einem Ölgemälde vorkam, und so kam es mir selbst auch vor. "Wie in einem Ölgemälde...mit Heidepinsel malen." brachte ich nur als Antwort heraus. Wir suchten die Vision und nun waren wir plötzlich mittendrin. ;)

Als wir uns setzten fielen uns nocheinmal die vereinzelten Wacholder- und andere Nadelbäume auf. Das Panorama war göttlich, wie aus einem Traum. Die Heide ist eins - jeder Zapfen, jedes Kraut, jeder Baum, jeder Krabbler und Kriecher, jeder Vogel hier, jeder Stein & Busch, alles dort war die Heide und liebte sie. Die Lichter, die Klänge, die Lüfte und Winde, selbst die Wolken die augenscheinlich nicht mit dem Land verbunden waren, passten vollkommen dazu und waren mit der Landschaft verwoben. Die Wolken waren sehr psychedelisch anmutend, wie in Wellen geschwungen.

Ich fragte warum keine Mülleimer hier stehen, und das es nicht verwunderlich sei, wenn die Leute ihren Müll liegen lassen. Darauf antworte T., daß ein Mülleimer einfach nicht in ein Gemälde passe. "Naja, man könnte ihn ja am Rand des Gemäldes platzieren", antwortete ich scherzhaft, wissend wie recht er damit hatte. Darauf brachen wir wieder in langes Gelächter aus. Wir saßen eine Weile dort und es kamen immer noch Wallungen, nun heftiger als zuvor. Wir gingen zur Nächsten Bank weiter, die etwa 50 Meter entfernt stand.

Zu unserer Rechten sahen wir einen entwurzelten Baum, der titanenhaft wirkte. Es sah aus, als hätte ein Riese dort gewütet. Wir erreichten die Bank und liessen uns erneut nieder. Hier war der Anblick noch erstaunlicher, die Heide noch lebendiger, bewegter als zuvor. Ich erinnerte mich an eine Erzählung über "die kriechende Heide". Pilze wuchsen vielfach zwischen dem lila Heidekraut. Eine Tanne, die ihre Äste lang zu allen Seiten hin, wie in Extase ausbreitete, "aalte" sich im Wind. Unter der Bank wuchs ein Heidelbeerstrauch, der einen Zweig hervorstreckte. Ich machte etwas Platz, denn es war als spürte ich wie er hervorwuchs und größer wurde. :)

Peak - Die Heide erwacht


Die Schübe kamen immernoch in Wellen. Wir schwitzten, uns liefen die Nasen und ab und zu die ein oder andere Träne. Es kam uns vor als würden wir die Heide ganz in uns aufnehmen, als würde sie uns verwandeln und formen, als würde sie uns aus jeder Pore und Öffnung quellen, unsere Pforten und Kanäle freispülen, in "Mark und Bein" übergehen..

Wir wussten, das es fantastisch werden würde, diesen Traum in Violett zu erleben, aber das dieser Ort SO kraftvoll und intensiv sein würde, hätten wir uns nicht erträumen lassen. Die Kühlheit meines Rucksackes fühlte sich feucht an, als wäre Wasser ausgelaufen, aber ich konnte nicht feststellen ob es kühl oder wirklich feucht war. So begann ich den Rucksack auszuräumen & zu untersuchen.... ich holte Brötchen heraus, einen erschlafften Burger, und eine gelb-leuchtende Birne, die mit roten Tupfen bedeckt war. Es sah aus als hätte sie rote Bäckchen. Ich betrachtete sie, drehte sie in meiner Hand und sagte dann: "Der Birne gehts gut".

Wir freuten uns wie die Kinder darüber, die Birne war so liebenswürdig, respektabel und einzigartig wie alles, was das Leben hervorbringt. Ich empfand es als Zeitverschwendung den Rucksack weiter zu untersuchen, und liess es egal sein.

Das Erscheinen der Heidschlange

Von links bemerkte ich, das sich uns einige hundert Meter weiter entfernt Menschen näherten. Ich sah Farben durch die Vegetation hindurchleuchten und machte T. darauf aufmerksam, was da im Anmarsch sei. Mir kam es zu dem Zeitpunkt gerade vor, als sei ich irgendwo auf einer Alm, irgendwo in den Bergen Süddeutschlands. Alles wirkte vollbusig, pausbäckig, ich fühlte mich in eine Zeit und in ein Land versetzt, das man höchstens noch aus den Überlieferungen unserer Vorfahren oder sehr alten Menschen kennt. ...der Platz hatte seinen Namen nicht umsonst, wir waren wahrhaftig am "Busen der Natur". Ich hörte sogar schon das Gebimmel von Kuhglocken oder visionierte eine Heidschnuckenherde, die jeden Moment über die Anhöhe kommen würde. T. erspähte die sich nähernden Menschen und sagte sowas wie "Oh, was ist denn jetzt los.."... "Die Almjodler kommen" antwortete ich und lachte, ...ich "halluzinierte" sie wirklich in trachtenhaften Kleidern.

Wir hörten vergnügt-tuschelnde Stimmen mit dem Wind herrüberwehen. Die Kolonne der Menschen wurde immer länger. Und dann nahm ich diese Kolonne als eine bunte, in allen Farben schillernde, heitere Riesenschlange wahr, die sich den Pfad entlangwindet und uns bald passieren wird. Ich sagte zu T., der immernoch lachte: "Die HEIDESCHLANGE!"

Dieser Begriff war der Zünder für uns in vielerlei Hinsicht. Diese Wörter, die uns einfielen, nahmen eine besondere Bedeutung passend zu unserem Bewusstseinszustand an, und diese Wahrnehmung machte uns noch ausgelassener.

Das Passieren der Heidschlange

Als sie passierte lachten wir Tränen. Die Leute müssen gedacht haben: "Die sind ja gut drauf" oder vielleicht, das wir sie auslachen, ...nichts davon ahnend, daß sie für uns in diesem Augenblick die göttliche Heideschlange waren, die für uns gleichsam eine besondere, kraftvolle Offenbarung dieser Landschaft darstellte. Alles hier war Teil der Heide, darum setzten wir vor jeden Begriff das Wort Heide.

Die Leute passierten in Paaren, große, kleine, Männer, Frauen, miteinander schwatzend. Wir wussten nicht wie uns geschah. Wir lachten unentwegt. "Polognese in der Heide", "Heide-Express", waren weitere ausgesprochene Assoziationen. Den Kopf der Schlange bildeten zwei Männer, mit einer Trillerpfeife um den Hals. Diese Menschenschlange wirkte so seltsam absurd, aber auch so wundervoll, wie für diesen vollkommenen Augenblick bestimmt.

Irgendwie fiel mein Blick auf die Brötchen während die Schlange passierte und ich wies T. spasseshalber darauf hin. "Brötchenstand" brachte ich nur herraus...wir schüttelten uns vor Lachen über unsere Situation. Eine Frau aus der Schlange hatte das bemerkt und sagte laut zu den anderen: "Aber esst den beiden nicht die Brötchen weg". LOL
War die Schlange etwa hungrig?

Die bunte, gutmütige Heideschlange wand sich weiter auf ihrem kurvigen Pfad und zog an uns vorbei. Sie muss wohl gute 100 Meter lang gewesen sein. Eine einzelne, ältere Frau, die scheinbar Ruhe suchte, näherte sich von rechts und sah uns immernoch lachend & strahlend ausgebreitet auf der Bank sitzen: "Ein Geschnatter, wa?" sagte sie zu uns und lächelte. "Ja, das reinste Geschnatter" pflichtete T. ihr bei.

Wir sprachen dann (so gut das eben ging) davonr, wie der Geist dieses Ortes auch die Menschen und anderen Lebewesen verändert, wie die Heide uns beide und alle Lebewesen prägt, die hier herkommen, ...wie sie jeden hier, der sich auch nur ein klein wenig für diese Pracht öffnen kann, fröhlich-heiter stimmt & zu verzaubern vermag. Ich sagte irgendwas wie "Mir ist jetzt klar warum die beiden Omi's Bündel aus Heidekraut dabei hatten. Sie holen sich die Heide ins Haus." T. stimmte zu: "Sie holen sich die Power der Heide ins Haus".

Wir sprachen über die Menschen, die in vergangenen Zeiten hierher kamen. Wieviele Menschen schon vor uns durch sie inspiriert wurden. Was für Zeremonien hier wohl schon stattgefunden hatten. Ein Regentropfen fiel auf meinen Kopf, ich schaute nach oben und sagte T. daß ich einen Tropfen abbekommen habe. Er sagte: "Das war ein ganz edler Tropfen. Ein Heidetropfen." In dem Moment färbte sich die synästhetische Wahrnehmung des Wassers auf meiner Kopfhaut in lila-blaue Farbtöne, in die noch andere geschmischt waren. WOW! Ich brachte nur ein strahlendes Lächeln herraus, ob dieses "Ereignisses".

T. fing dann an irgendwas von einem Heideschnaps oder Heidelikör mit allerlei Kräutern zu erzählen, das er sich mal einen kaufen wolle und daß die Leute, die hier gelebt haben wohl auch das ein oder andere psychoaktive Kraut hineintaten.

Der Heidedampfer

Ein Horn erschallte, lange und tief tönend, das alle Geister wachrief. "Der Heidedampfer!", rief ich erfreut und sah prompt seinen Schornstein hinter einer violetten "Düne". Der Rauch, der aus ihm in den Himmel aufstieg, bildete die weißen Wolken, die gerade dort zu sehen waren.. Da war es wieder.. die Vision, das lebendige Gemälde, das Wunder. Sicher war das nur ein Zug, der in der Ferne "hupte", und doch war es auf eine sehr gewisse Art und Weise für uns der "sagenumwobene Heidedampfer"..den es nur hier gibt, und der die Wesen der Heide zu einer Reise lädt. ;)

Irgendwann schlug ich vor weiterzugehen. Wir schätzten, das seit der Einnahme etwa 3h vergangen sein müssten. Wir also noch was vor uns haben. Als wir uns in Bewegung setzten kam die nächste "Welle". Wir folgten dem Weg den die Heidschlange eingeschlagen hatte, nur langsam und leicht torkelnd. Ich bekam auf einmal eine enorme Ehrfurcht vor der Heide und ihrem Zauber & sagte wohl sowas wie: "Die Heide kann auch zu Kopf steigen." Just in dem Moment sahen wir einen Krankenwagen weit entfernt auf der anderen Seite des Hügels. Dort war dies wohl tatsächlich jemanden passiert.

Auf seltsamen Pfaden

Wir kamen an einer prachtvollen Tanne vorbei, die aussah als würde sie sich von ihrer schönsten Seite zeigen, als würde sie ihr Nadelgewand für uns ausgebreitet und für unsere Augen einladend geöffnet haben. Zu ihrem "Fuße" lagen viele wundervolle Zapfen und Nadeln wie wertvolle Schätze auf dem Boden. T. grüßte sie mit "Eure Majestät". Wir verabschiedeten uns und gingen weiter.

Der nächste Nadelbaum sah aus, als hätte er sich aus Liebe zu diesem Ort, der violetten Erhebung entgegengeneigt. "Er liebt die Heide", sagte ich zu T., ich konnte es fühlen und seinem "Baumgesicht" ansehen. Ich hob einen leicht gebogenen Zapfen auf, hielt ihn wie ein Hörnchen und zeigte es T., der gerade etwas mit der Intensität eines erneuten Schubes zu tun hatte. "Heidehörnchen", sagte ich und fragte T. ob er auch eines wolle. Er lachte und war daraufhin wieder voll dabei.

Ein paar Schritte weiter war der Pfad von vielen Wurzeln durchzogen. T. meinte dies sei der "Knochenpfad". Schmunzelnd ging ich vorran und hinter dem nächsten Baum entdeckte ich einen weiteren knochigen Pfad, der nach links zu einem kleinen Häuschen abbog, das mit der Rückwand zu uns stand und uns sein Geheimnis nicht preisgab. Es sah aus wie eine spitz überdachte Futterstelle, oder Sitzgelegenheit, wie ein märchenhaftes Wirtshaus, vielleicht für Zwerge, die hier herkommen.

Ich ging hin und wollte mir das genauer anschauen, um dem Haus sein Geheimnis zu entlocken. Ich hörte T. sowas wie "Ja, mal schauen ob jemand da ist" sagen. Erwartungsvoll, was sich darin verbergen würde und das vielleicht "jemand" da war, ging ich auf das Haus zu und schaute um die Ecke. Es war zur anderen Seite hin offen und es war leer. Plötzlich erblickte ich eine Schar Bienen oder Wespen, die auf einer dicken Holzplanke saßen und dort irgendetwas trieben oder schmausten. Es muss ein gutes Dutzend gewesen sein, wenn nicht mehr, die sich da auf einem Fleck tummelten. Ich beobachtete sie eine Weile und wies T. darauf hin als er um die Ecke kam. Er bekam große Augen und sagte leicht erschrocken: "Oh, lass uns gehen, heute geschlossene Gesellschaft." Wir gingen zurück und liessen die Gesellschaft weiterschmausen, lachten aber noch lange darüber.

Zu dem Zeitpunkt waren wir auf "Du" mit allen Tieren & Pflanzen dort, sie waren genauso wie wir drauf. Sie sind wie wir, in andereren Gestalten. Wir sprachen alle diesselbe "Sprache". Es war wirklich sehr familiär dort, sehr vertraut, als träfe man Geschwister in der Heide. Wenn ich aus versehen auf einen Zweig der Besenheide trat, entschuldigte ich mich unvermittelt, es kam mir vor als sei ich jemanden auf den Fuss getreten.

Als wir weitergingen hörten wir, wie mehrere Vögel (hörte sich so an wie Gänsegekrächze) miteinander zeterten. T. meinte, wir könnten hingehen, den Streit schlichten. Ich erinnerte mich dabei an die vielen indianischen Erzählungen vom "Spinnenmann", der ziellos durch die Wildnis streift, sich in jede Gestalt verwandeln kann, die Sprache der Tiere, Steine und Pflanzen beherrscht, hier und da mal zwischen den Tieren vermittelt oder auch mal den ein oder anderen, in Aussicht auf ein gefundenes Fresschen, listig übers Ohr zu hauen versucht, was ihm nicht immer gelingt.

Das Gezeter hielt an und wir gingen weiter, als wir in der Ferne erneut die Heidschlange entdeckten, die so aussah, als hätte sich sich gerade dort eingerollt. Wir hörten Gelächter und Beifall. Wir beschlossen ersteinmal auf Abstand zu bleiben und gingen weiter nach oben, zu einem Platz an dem man eine herrliche Aussicht auf das Büsenbachtal und Umgebung hatte.

Unterwegs sahen wir noch die Heidschlange den Pfad ins Herz des Büsenbachtals einschlagen. Wieder trauten wir unseren Augen nicht. Es schien als schlängelte sie sich bunt tanzend über die Hügel & sie strahlte eine unglaubliche Freude dabei aus. Wie eine lichtvolle Königin der Heide. Es war jene Freude, die uns erfasst, wenn wir uns der Essenz des Lebens gewahr sind. Die Freude des "erleuchteten Herzens".

Wir sahen viele Kartoffelboviste auf dem Weg wachsen. T. meinte sie sehen aus wie Heidekürbisse. Kürbisse würden in der Tat gut hierherpassen. Weiter oben standen mehrere Tische, die von Menschen besetzt waren. Daneben stand ein großer Felsen auf dem viele Kinder saßen und sich vergnügten. Ich konnte mich in sie und den Felsen einfühlen und verstand sehr genau, was sie daranso toll fanden, auf diesem Felsen zu sitzen. "Hier wachsen ja sogar Heidekinder" sagte ich.

Ich erinnerte mich an die Erzählung von einem Mädchen, das eine andere Bestimmung hatte, und nie das tat was die "normalen" Leute taten, sondern lieber auf lange Wanderungen in die Natur ging, um den Tieren zuzusehen und bei den Pflanzen zu sein. Eines Tages, als sie heiraten sollte, lief sie fort und wurde halb versteinert gefunden, mitten in der Verwandlung. Sie sagte zu ihrer Großmutter, daß dies ihre Bestimmung sei, daß sie sich in einen Stein verwandele, denn so könnte sie immer hier draussen sein. Die Tiere, würden vorbeikommen und bei ihr sitzen und die Pflanzen um sie herum wachsen. Auf diese Weise sei sie den Tieren & Pflanzen, die sie so liebte, immer ganz nahe. Und so fühlten auch wir uns gerade.

Ein Hund zeigte Präsenz und warf uns mißtrauische Blicke zu, erkannte dann aber schnell, das wir wohlgesonnen waren und machte uns Platz. Die Heide war plötzlich wie mit Menschen bevölkert. Warn wir im Heidepark gelandet? Wir beschlossen ersteinmal einen Waldpfad weiter Richtung Süden zu gehen, bis hier etwas weniger Menschen sind. Hier wurde die Wirkung der Pilze noch einmal besonders heftig. Das Gezeter der Gänse hörte spontan auf. Es war als hätte das Oberhaupt auf den Tisch gehauen & nun war Ruhe im Karton. *hehe*

Der Spinnenpfad

Ein Meer aus Heidelbeeren und Farnen bedeckten den Waldboden. Es war wie im Märchenwald. T. machte mich auf ein Spinnennetz aufmerksam, das scheinbar im "Nichts" seitlich über dem Weg hing. Ich hatte es nicht bemerkt und hatte es bereits passiert. Im Zentrum des Netzes war eine gelblich-schwarz gemusterte Spinne dabei ihr Netz zu weben. T. war völlig aus dem Häuschen. Er konnte sich nicht erklären, wie das Netz einfach mitten in der Luft hängt, obwohl darüber kaum irgendwelche Äste oder so waren, wo es befestigt sein könnte. Da sah ich einen einzelnen Faden, der nun klar ersichtlich wurde und viele Meter weit, schräg nach rechts oben, zu einem hohen Ast auf der anderen Seite des Weges führte. Hatte die Spinne eventuelle "Waldpassanten", wie wir sie nannten, beim Bau des Netzes berücksichtigt? Es sah ganz danach aus. Und als ich T. den Faden, mit dem Finger an ihm entlangführend zeigte, der das Netz stabiliserte, sah auch er ihn. Da entdeckten wir die gesamten Ausmaße des ausgeklügelten Netzes.

Ich ging erneut unter dem Faden hindurch und es war wie ein Durchgang in einen neuen Bereich des Waldes. Ich sagte zu T: "Das ist der Spinnenpfad, und dies ist sein Durchgang!". Auch T. durchschritt das Tor und auf der anderen Seite änderte sich schlagartig unsere Optik. Was unsichtbar war, war jetzt sichtbar. Wir sahen die ganze Welt der gespannten Fäden vieler, vieler Spinnen, die diesen Wald durchzogen.
Sie waren beinahe überall. Verblüfft wendeten wir uns erneut der wunderschönen "Eingangsspinne" zu und sahen ihr noch eine Weile aufmerksam bei der Arbeit zu.. Wir fühlten uns dieser wundersamen Welt sehr verbunden. Ich sagte zu T. sowas wie, "lass uns weitergehen, sie hat noch einiges zu tun."

Ich erinnere mich, wie ich etwas weiter weg, in die Betrachtung einer absterbenden Birke vertieft war. An ihr wuchsen weißliche Pilze wie eine Wendeltreppe empor, die in den Himmel führte. Die Birken verliehen dem Pfad etwas besonderes, und sie passten perfekt zu den wunderschönen Fäden, die Spinnen dort gewoben hatten. Das Licht zeigte uns diesen
Pfad in den schönsten Farben. Die Licht-und Schattentverhältnisse wurden immer fantastischer. Beinahe jede Minute wirkte die Umgebung verändert, schimmerte & glänzte in tausenden von Farben.

Wir trafen erneut auf einen Waldmistkäfer. "Komm, wir sehen dem Käfer mal eine Weile zu" schlug ich vor. Wir kauerten uns hin und zoomten hinein. Der Käfer war ein ganz freundlicher Zeitgenosse. Er nahm uns mit auf einen Sandhügel, den er gerade überquerte. Wir ritten quasi auf seinem Rücken. Wir ekelten uns keinen Moment vor ihm, und auch nicht vor der Wanze, die einige Zentimeter weiter einen kleinen...für sie und nun auch für uns.. riesigen 10cm-Zweig emporkletterte, um aus einem Miniatur-Tal herauszuklettern. Sie waren wie Freunde für uns, und vor Freunden ekelt man sich ja auch eigentlich auch nicht. *g*

Als der Waldkäfer den Hügel überquert hatte, kehrten wir in unsere "Menschengröße" zurück. Der Käfer begab sich nun auf den Weg in die Richtung aus der wir kamen. Ich sagte zu T. "Er hat noch einen langen Weg vor sich, lass uns weitergehen", was wir dann taten.

Die Waldgeister. Die Angst vor'm sich Verlaufen.


Wir gingen eine ganze Ecke weiter über sandige Wege. Irgendwann merkte ich das mit T. etwas nicht stimmte, als wir eine Wald-Kreuzung überquerten. Zuvor waren wir noch unentwegt in heiteres Kichern & Staunen vertieft, als er plötzlich ganz still wurde. Ich selbst peilte in diesem Moment auch nicht mehr besonders viel, war aber noch ganz heiter drauf. Ich sprach ein paar beruhigende Worte...soviel wie..das wir die nächste Bank nehmen, ein wenig Tabak in der Wurzelpfeife rauchen und dann zurück zum Buesenbachtal gehen.

Das schien ihn zwar irgendwie zuzusagen, änderte aber nicht wesentlich seine neue Stimmung. Da er nichts sagte wusste ich nicht, was wirklich los war. Also riefen wir eine "Ratsversammlung" ein. Wir fragten den Kompass um Rat, ich dachte mir, das das vielleicht unsere Orientierung zurückbringen würde und T. mehr Zuversicht geben würde, das er wieder gut draufkommt. Wir versuchten die Zeit zu schätzen, doch die Sonne war gerade verdeckt, aber das Licht schien uns zu sagen, das es schon spät Nachmittags war & das die Dämmerung bevorstand.

Wir sahen den Weg, der vor uns lag hinauf und sahen weit und breit keine Bank, also beschlossen wir umzukehren. Es sah nun aber wiederum alles ganz anders aus. Und die Himmelsrichtungen erschienen uns zwar sehr Bedeutungsvoll, aber irgendwie konnten wir auch nicht viel damit anfangen. Ich sagte das wir nach Norden müssen, ins "Land der Fruchtbarkeit". Wir müssen immer nach Norden, da ist das Meer und dazwischen liegt unser zuhause. Wir können es garnicht verfehlen." Das verschaffte merklich etwas mehr Zuversicht.

Als wir uns auf dem Rückweg darüber unterhielten erzählte er mir, das er es mit der Angst zu tun bekommen hatte. Ein Gefühl des Ausgeliefert-Seins hatte ihn erfasst. Er sagte er fühlte sich als ob die Waldgeister ihn in die Irre führen wollten. Es kam ihm vor, als würden nicht die bekannten Dörfer in der Umgebung liegen, sondern so als sei er inmitten des tiefsten Waldes, den man sich überhaupt vorstellen kann, und in dem man endlos weiterlaufen könnte. Zum Beispiel sah er als er an der Kreuzung stand, an einem wegweisenden, urigen Felsen mit kaum lesbarer Schrift, wie der Pfeil zum Buesenbachtal mal dahin und mal dorthin zeigte. Auch ich hatte das bemerkt. T. hatte sich schon auf eine lange Nacht im Walde eingestellt.

Die "Waldgeister" nahm ich auch wahr. Einmal sah ich einen großen, schwarzen Hund oder Wolf, der an uns vorbeischlich und im Schatten unter einer Tanne verschwand. Oder "Waldmenschen", die schattenhaft hinter den grünen Sträuchern und Bäumen "hervorlugten" und wieder dahinter verschwanden. So als schauten sie neugierig, was wir hier treiben. Ich weiss noch wie ich zu T. sowas wie: "Na und, wir können doch hier unsere Sache treiben, solange wir respektvoll zu den Wesen des Waldes sind. Genauso wie sie (die Waldgeister) ihre Sachen hier treiben, können wir es es auch. Wir alletreiben hier unsere Sache." sagte. In dieser Hinsicht unterschieden wir uns wirklich nicht von den Tieren, Pflanzen und Geistern hier. T. kam wieder ersichtlich besser drauf.

Einige Meter weiter fanden wir erneut unseren Freund "Waldi", den Mistkäfer, er war immernoch auf seiner Wanderung. Wir freuten uns ein vertrautes Gesicht zu sehen. 8)


Die Heidekutsche

Irgendwann hörten wir ein Schnauben und glaubten schon, die Heidschlange nähere sich wieder, und würde gleich um die Ecke biegen, da sahen wir plötzlich eine Kutsche und fühlten uns gleich wie in einem mittelalterlichen Märchen. Beeindruckt sahen wir sie, gezogen von zwei stolzen weißen Pferden, vorrüberziehen. Als wir abermals die Peilung verloren, beschlossen wir dann der Kutsche zu folgen. Sie würde uns schon in die richtige Richtung führen und tatsächlich landeten wir, viele Wunder weiter, wieder im Buesenbachtal.

Es müssen zu dem Zeitpunkt bereits gute 4h seit der Einnahme auf dem Brunsberg vergangen sein. Die Menschen, die an den Tischen saßen waren gegangen, und auch von der Heidschlange war nichts mehr zu sehen. Wir fühlten uns wieder zuhause angekommen & schnappten uns freudig die wohlverdiente Bank samt Tisch. Ein älteres Ehepaar mit strahlend-weißem Haar war auch gerade mit einem sehr eleganten Hund angekommen. Sie grüßten uns freundlich und lächelten. Sie strahlten in ihrem Alter eine solche Jugend und Anmut aus, als sie, auf dem lila "Busen" laufend, zwischen den magischen Wachholderbäumen ins Tal abstiegen ....und auch die vielen heiteren Geister des Buesenbachtals hatten uns wieder und auch das Bienenwirtshaus stand noch da.. Juhuuu ;)

Klärung & Übersicht

Wir waren nun in einem Zustand in dem sich alles klärte, und auch die Gedankenaktivität zurückging. Wir atmeten tief und befreit durch und waren auch noch ziemlich gut dabei, was die Wirkung anging. Der Platz hatte es uns völlig angetan. Ich schlug vor nun etwas Tabak in der Pfeife zu rauchen, für Gras war es uns noch etwas zu früh. Der Rauch des Tabak sei gut bei der Feuchtigkeit, die wir verspürten, durch die ganzen "Ausdünstungen". Als wir die Pfeife rauchten merkten wir wie uns das beruhigte, ich würde es nicht als "Herunterkommen" bezeichnen, aber es war doch, als würde sich das zuvor Erlebte nun "setzen" und dessen Integration beginnen. Während wir rauchten blickten wir das Tal hinunter in die Weite der Landschaft.

Es dämmerte bereits. In diesem Moment kam die Sonne noch einmal in all ihrer Herrlichkeit heraus, erleuchtete die von grünen Wäldern bedeckten Berge und Täler mit goldenem Licht. Der Anblick war einmalig. Gleich einer Offenbarung. Zuerst setzte eine enorme Weitsichtigkeit ein. Dann eine Weithörigkeit, es schien mir als könne ich alles hören & sei es auch noch so fern, selbst den Verkehr vor meiner Haustüre kilometer weiter entfernt glaubte ich hören zu können, wenn ich meine Aufmerksamkeit dorthin lenkte. Wir lauschten & schwiegen einfach eine ganze Zeit lang. Es hätte eh kein Wort gegeben für das was uns gerade erfüllte. Eine riesige Libelle rauschte zwischen uns durch.

Wir stopften uns noch einen Kopf und ich betrachtete die Knolle, die den Kopf der Pfeife bildete. Sie hatte jetzt in diesem Lichte reiche Texturen, die wie ein Fingerabdruck aussahen, sie erschien wie der Daumen eines Riesen. Verschiedenste Farben schillerten in den Windungen der Muster. "Die Knolle passt perfekt hier her" sagte ich. "Ja, ne Heideknolle", stimmte T. zu "Wir müssen echt mal Heideknollen sammeln gehen" und lachten vergnügt.

Die Heide verwandelt sich

Wir gingen dann weiter, weil wir herausfinden wollten, was es dort interessantes zu sehen gab, wo sich zuvor die Heidschlange eingerollt hatte. Wir kamen zu dem Pfad, den die Heideschlange eingeschlagen hatte. Dort fanden wir ein Schild, mit einer Karte von Handeloh und Umgebung. Wir lasen/vertieften uns in die Karte und als wir unsere
Augen wieder von ihr abwanden, hatten wir nen regelrechten Dimensionsflash. Wir hatten garnicht gemerkt, wie unsere Wahrnehmung sich an die 2D-Karte gewöhnt hatte & nun alles nun wieder langsam, aber sehr intensiv mehrdimensionaler wurde. Alles sah komplett verändert aus, im Vergleich zu dem was wir sahen, bevor wie uns in die Karte vertieft hatten. Das Zwielicht hatte eingesetzt und die Heide begann sich zu verwandeln. Sie leuchtete geheimnisvoll in roten, violetten, blauen und unbekannten Farben. Das Schatten wuchsen. Wir wandelten weiter auf dem Pfad der Heidschlange und näherten uns einer Gruppe von Wacholderbäumen. Sie standen dort wie eine Familie, eng zusammengerückt, mit "Oberhäuptern" und vielen kleineren Geschwistern um sie herum. Ich berührte die Nadeln des Wacholder, die mit schillernden Wassertröpfchen bedeckt waren und es kam etwas herausgeflogen, was sich in ihm verborgen hatte.

"Hier tanzt der Wacholder" sagte ich zu T. auf die Fröhlichkeit der Heide anspielend.. Es kam uns auch vor, als würde das Wort "einen Heidenspass haben" direkt auf diesen Zauber, dieses Bewusstsein, das die Heide mit ihren Wundern erwirkt zurückgehen.

Wir betrachteten dann noch ein wenig die wundervollen Wolken, die gerade im Lichter der Dämmerung getränkt in vielen Schichten und Formen am Himmel vorrüberzogen.

Rückkehr zum Bahnhof.

Wir gingen auf dem Rückweg nocheinmal auf den Pfad entlang, der zu den Bänken führte, auf denen wir zum Anfang saßen. Wir schritten so alles noch einmal in der Erinnerung ab. Das half uns dabei alles nocheinmal zu vergegenwärtigen und zu rekapitulieren. Wir setzten uns auf die Bank auf der wir den Peak erlebt hatten. "Wir haben nun unserer eigene Gedächtnisbank", sagte ich zu T. "Wenn wir in 20 Jahren mal hier sitzen, dann werden wir uns erinnern." Wir versprachen die Heide in uns zu bewahren. Wir wussten, das uns der Geist der Heide von nun an unser ganzes Leben begleiten würde.

Wir waren tief geprägt, sie hat uns im Zusammenspiel mit den Pilzen wie neu zusammengesetzt & ausbalanciert. Den ganzen Rückweg durch die einbrechende Dunkelheit fühlten wir uns ausgeglichen, nichts hätte uns nach diesem Tag noch etwas anhaben können.

Da hörten wir dann noch ein Grunzen, ganz dicht aus dem Wald neben uns. Als wir innehielten und nochmal nachlauschten, was das war, grunzte es wie zur Bestätigung nocheinmal ne Ecke lauter. Die Konturen eines riesigen Keilers bildeten sich vor unserem inneren Auge und es schien nicht nur 1 Schwein zu sein.. Wir wussten, so wie wir ihn bemerkt hatten, hatte er uns bemerkt, und das viel früher. "Die Keiler sind jetzt auf Streife" sagte ich scherzend zu T.

Alles war nun in Dunkelheit getaucht und die Heide hatte ihre Verwandlung vollzogen. Wir gingen zügig weiter, weil wir bald garnichts mehr sehen würden.. Der Weg zurück kam uns sehr weit vor, im Gegensatz zum Hinweg. Irgendwann erreichten wir die Strasse, die wir zum Anfang überquert hatten und folgten ihr dann Richtung Sprötze. Unterwegs hörte ich noch ein Geräusch im Wald, als ob ein großes Tier in den Waldboden schnaubte und dort etwas suchte.

Wir trafen dann noch 2 Leute, die verzweifelt durch die Nacht irrten und uns nach dem Weg zu einer bestimmten Unterkunft fragten. Wir konnten ihnen nicht helfen, wiesen sie aber mehr oder weniger unbewusst in die richtige Richtung, als ich sagte, daß wir nur wissen das hinter uns das Buesenbachtal liege und es vor uns in Richtung Sprötze geht.

Der eine fragte noch ob wir von einer Party kommen. Wir grinsten nur. Das könnte man wohl so sagen. Eine Party der etwas anderen Art. "Wir waren wandern", sagte ich kurz & knapp und wir verabschiedeten uns. Ich wünschte ihnen noch viel Glück, auf das sie es finden, oder einen "Eingeborenen" treffen, der ihnen weiterhilft. Sie gingen in die falsche Richtung weiter. Wären sie uns gefolgt, während sie direkt daran vorbeigekommen, wie wir später feststellten. Doch da sahen wir sie schon nicht mehr. Wir hatten Mitgefühl mit ihnen, sie taten uns eigentlich aber überhaupt nicht leid. Die beiden würden wie wir heute auch ihre Erfahrung machen.

Wir erreichten noch rechtzeitig den Bahnhof, der letzte Zug fuhr in einer halben Stunde. Also rauchten wir noch ne dicke Keule und entspannten. Gerade als wir in den Zug stiegen fing es an zu regnen. Das Wetter hatte super mitgespielt. Überhaupt hatt alles perfekt gepasst.

Im Zug kam es uns vor als kehrten wir aus einem zweiwöchigen Urlaub zurück, von einer langen Reise und selbst das emsige Treiben und der Lärm der Stadt konnte uns nicht von diesem Wunder ablenken. Wir wussten, diese Nacht würden wir lila-Träume haben. Zutiefst dankbar für diese Erfahrung, schlief ich ein. Die Träume waren wirklich hell-violett leuchtend. Und auch strahlend waldig-grün. :)

Ha, und gerade habe ich beschlossen mir ein Ölgemälde von der lila-Heide zuzulegen. 8)))

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PS: Die Wanderung im Vergleich zu einem Trip in den eigenen vier Wänden, hat für mich viele interessante Aspekte offenbart. Zb. scheint es mir viel einfacher diese Erfahrung zu rekapitulieren. Das Erlebte lässt sich viel besser erinnern und integrieren, weil die Vielfalt der Eindrücke, der besondern Plätze, die man erreicht und durchquert, dieser ganze Pfad, sich nocheinmal viel besser "abschreiten" lässt. Unsere Beine wollten uns stellenweise zwar nicht mehr so recht tragen, aber es gab genügend Bänke dort. Auch die Lagerung der Pilze schien optimal (kühl & dunkel) gewesen zu sein. Sie hatten nichts von ihrer Wirkung eingebüßt, doch wie schon gesagt, wir glauben, daß die blühende Heide das ganze um ein vielfaches "potentiert" hat.

Re: [Psil. mexicana] Heidezauber

2
Sehr schöner und unglaublich bildlich und bildreich beschriebener Tripbericht der jedenfalls mir es sehr einfach machte Bilder vor meinem Augen, von einer von Farben nur so strotzenden Heide, entstehen zu lassen. :2daumen:

Dieses Ölgemäldegefühl ist mir auch bekannt. ;)

Eine Wanderung auf Pilzen durch die Natur kann etwas sehr schönes sein und ganz sicher Erfahrungen ermöglichen die man zu Hause nie haben würde.
happiness is the absence of resistance

Re: [Psil. mexicana] Heidezauber

3
Danke für deinen Bericht :herzen: :umarm:

Beim lesen deines berichtes kam eine unglaublich starke Sehnsucht in mir auf, auf die Natur auf diese Weise erleben zu dürfen. Einer der schönsen Berichte, die ich bisher laß. Danke dafür.

Viele grüße
Phönix
"Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, so erschiene dem Menschen alles, wie es ist: unendlich. Denn der Mensch hat sich selbst eingesperrt, so dass er alle Dinge nur durch die engen Ritzen seiner Höhle sieht.“
(William Blake)

Re: [Psil. mexicana] Heidezauber

5
@ohn
Kann ich sehr gut nachvollziehen die Wald-Geschichte. Wir hätten uns am liebsten wie zottelige Bären auf dem Waldboden hin & her gewälzt. :hurra:

Besonders wie du schreibst, daß auch der Wald mitfühlte trifft es genau. Exakt so kommt es uns auch vor, so wie wir uns in alles einfühlen können, fühlt sich auch die Landschaft mit ihren Wesen in uns ein. Es war als wüsste die Heide ganz genau wie es uns geht, und zeigte, sagte, tat mit uns genau das, was wir gerade brauchen.

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