Psychoanalyse mit Psycholytika (5. Psycholysesitzung von 15)

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Psychoanalyse mit Psycholytika (Psycholyse)
Besprechung zur 5. von insgesamt 15 Sitzungen
Meine menschliche, soziale Kontaktproblematik kam ganz klar heraus.
Die Problematik bestand/besteht darin, dass ich aus innerer Abwehr (zuerst eingeübt als Trotz
des Kleinkindes) Befriedigung aus dem Umgang mit Menschen nicht ziehen konnte/kann. Auch
heute noch – ich bin weit über 60 - droht immer wieder diese alte Haltung durchzubrechen und
ich muss dann immer noch aktiv mein Gefühl umschalten (es geht mittlerweile recht gut, im
Laufe der Jahre immer leichter, nach Bewusstwerdung): „Lerne die sinnliche Befriedigung aus
dem Umgang mit Menschen zu bekommen, OHNE ihnen nahe sein zu wollen“, so mein Mentor.
Die rechte Balance zwischen Nähe und Distanz wäre hier die Kunst (Buddhisten gehen wohl in
ähnliche Richtung, wenn sie lehren: „Übe distanziertes Mitgefühl“).
Mit diesem – nur scheinbar – widersprüchlichen Satz hat er genau meine
(Nähe ↔ Distanz) - Problematik in eine griffige Formel gebracht.
Wunsch nach Nähe: Kleinkindhafter Wunsch zu verschmelzen, Symbiose, der Wunsch, der der
Sado-Maso-Beziehung die ausschließliche Tiefe der Hingabe und des Beherrschen-Wollens gibt.
Wunsch nach Distanz: Umso stärker ausgeprägt, je stärker der symbiotische (kleinkindhafte)
Nähe-Wunsch gepflegt wird, der ja gleichzeitig auch die Angst vorm Verschlucktwerden
beinhaltet, die Angst, nicht NEIN sagen zu können, sich nicht abgrenzen zu können, seine
eigenen Möglichkeiten nie entdecken, pflegen und trainieren zu können.
Die Möglichkeit des Zurückziehens meiner Befriedigungserwartung weg von der Welt
nutzte/nutze ich bei fast jeder kleinen Problematik („der ist ja manchmal ziemlich
zurückgezogen und eigenbrötlerisch“, so selbst wohlwollende Freunde); ja, warum eigentlich?
Angst vor Schwierigkeiten, vor Auseinandersetzung, vor Konflikten, vor Verletzung, (vor Tod).
Es hatte sich bei mir eine Haltung eingeschliffen: Lebst du voll auf in deiner Umwelt, dann
entäußerst du dich und findest nicht mehr zurück in deine lebensrettende Festung. Die
Armschmerzen zeigen „psychosomatisch“ diesen Konflikt: Meine Arme und Hände wollen
zugreifen, sich aneignen, auch kämpfen, die „Angst vorm Leben“, vor Verletzung (und Tod) hält
sie gleichzeitig zurück; Resultat dieses Widerspruchs, dieses organisch nach außen Strebens und
des gleichzeitigen Zurückziehens, sind die Muskelschmerzen. Mir erzählte man als Kind: „Ja, du
wächst, da sind Wachstumsschmerzen“; und in einem gewissen übertragenen Sinne stimmte das
ja auch. Das gleiche war es mit meinem Stottern als Kleinkind: aggressives verbales
Hinausgehen in die Welt steht dabei gegen unüberwindliche Angst vor äußerer Gewalt, die
phantasiemäßig ja auch noch durch den eigenen Aggressionsdruck bombastisch popanzhaft
aufgebauscht wird (dies als verstärkte Sicherung gegen die böse Welt); das Stottern ist die
Aggression nach außen, die gleichzeitig zurückgenommen wird.
Diese Problematik habe ich auch heute noch; der Unterschied zu früher: ich kann es mir in jeder
Situation neu bewusst machen (eine gewisse seelisch-geistige Anstrengung!, sodass ich es auch
nicht immer tue) und mich dann anders entscheiden. Über die Jahre wird das zu neuer Praxis
(Routine), und dieses „Sich-Bewusst-Machen“ und „Sich-Situations-Angepasst-Neu-
Entscheiden“ verläuft immer organischer, immer reibungsloser.
Ich hatte damals eine Befriedigung darin gefunden, die auftauchenden Inhalte in eines der mir
bekannten psychoanalytischen Lehren einordnen zu können, insbesondere in die von Freud und
Adler. Es ist jedoch unwesentlich, ob das gelingt; kann sogar gefährlich sein und von
Wesentlichem ablenken, obwohl gewisse „Formeln“ hilfreich sein können beim bewussten
gefühls- und intellektmäßigem „Umschalten“ (z.B. die Formel „Angst vor der Angst fixiert dich,
also Angst zulassen, sie ist ein Teil von dir, tu die richtigen Dinge MIT der Angst“, oder: „was
soll die Entwertung des Mitmenschen erreichen?, höre auf zu kämpfen!“ etc.). Wesentlich ist,
dass die eigenen säuglings- und kleinkindhaften Gefühle, Theorien und Entscheidungen
wiederentdeckt werden, wieder erlebt werden. Sie sind dann bewusst wieder greifbar,
handhabbar und es ist möglich, sich in jeder neuen praktischen Situation anders,
situationsangemessener (auch vorteilhafter für die eigenen Ziele) zu verhalten. Ohne diese
Bewusstwerdung bleibt man lebenslang ein Gefangener dieser alten Gefühle, Theorien und
Entscheidungen.
Es ist also nach meinem Verständnis nicht so, dass die „Heilung“ mit der Bewusstwerdung des
„Alten“ schon automatisch eintritt*. Es muss, auf der Grundlage der Bewusstwerdung, die
bewusste neue Praxis eingeübt werden. Das führt im Laufe der Jahre zu neuer
„Lebenserfahrung“ und „Lebenshaltung“.
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*Ein grundlegendes Missverständnis, weswegen die Psycholyse von vielen, auch informierten Psychologen,
Analytikern und Psychiatern abgelehnt wird. Obwohl, denke ich, auch die Bewusstwerdung allein schon über eine
gewisse Zeit seelischen Druck reduzieren kann, und man sich danach eine Zeitlang „freier bewegen“ kann.


[Protokoll der 5. Sitzung (kursiv-italic), Datum nicht protokolliert, dürfte 1970-71 gewesen sein, Substanz nicht protokolliert, denke aber, es war wieder Mescalin, könnte aber auch
DOM gewesen sei, im Protokoll habe ich es einmal erwähnt. In eckigen Klammern
[...]: heutige Einfügungen
].
Die hier einzeln aufgeführten Dinge sind nebeneinander und im Gemisch gekommen.
Starker Bewegungsdrang, von kaum merklichem Kopfwackeln bis zum Ansatz von
Purzelbäumen. Beim Ansatz zu einem Purzelbaum drohte mir regelmäßig schlecht zu
werden, ich unterließ es daher, ihn auszuführen. Lange und oft kniete ich und
schaukelte mit dem Oberkörper langsam hin und her. Das brachte eine Tröstung und
Erleichterung eines unvorstellbar großen Schmerzes, der zum Lebensüberdruss
wurde. Ich hatte den Eindruck, ich schaukele und tröste mich selbst. Gleichzeitig die
Vorstellung eines halb verblödeten stereotyp schaukelnden, die Umwelt nicht
wahrnehmenden Kindes.
Ich erlebte weiter als Säugling folgenden Vorgang:
Nachdem ich getrunken hatte, lag ich im Körbchen(o.Ä.) und wollte und sollte auch
einschlafen. Ich lutschte dabei am Daumen und schlief ein. Erleichterndes Aufatmen
der Umgebung [wohl gemerkt: ich schlief und nahm merkwürdigerweise trotzdem
gleichzeitig eine Reaktion meiner Umgebung wahr; heute würde ich sagen: Es war die
Wahrnehmung eines „Gefühlsklimas“].
Nach einiger Zeit wachte ich wieder auf, da mein Hals trocken wurde, da aus dem
Daumen keine Milch kam. Ich nörgelte so ein wenig herum, sofort erschienen überm
Bett drohende, unzufriedene, scharfe gesichtsartige Gebilde, ich nörgelte noch lauter
und merkte die ausgesprochene Unlustreaktion der Umgebung darauf; da wurde ich
dann richtig sauer und brüllte. Die Umgebung verlangte etwas von mir, was ich partout
nicht wollte. Trotz entstand. In dieser Trotzreaktion spannte sich mein Körper stark an,
und mir wurde richtig wohlig warm, und ich hatte das befriedigende Gefühl, dass ich
doch nicht das getan hatte, was man von mir verlangte, ich war Sieger geblieben.
(Körperbefriedigung ↔ Verquertheit ↔ Trotz)
[?: Momentan kann ich diese aufgezeichnete Gefühlskette nicht mehr vollständig
nachempfinden; allenfalls als ein konditioniertes sich gegenseitig Bedingendes.
Machtkampf]
Auch später habe ich dies beibehalten: statt mich real mit den Forderungen der
Umgebung auseinanderzusetzen, kam ich diesen Forderungen immer nach, aber mein
Inneres bejahte diese Folgsamkeit nicht: Ich hielt mich schadlos an meinem inneren
Trotz und an meiner inneren ablehnenden Haltung und fühlte mich als Sieger [Adler
würde wohl sagen: Ausweichverhalten unter gleichzeitiger Entwicklung einer
Privatlogik]. Ich flüchtete mich in eine innere starke Trotzbastion und kam mir
allmächtig vor, da diese Bastion niemand und nichts einnehmen konnte. Ich erinnere
mich an ein wohliges Frieren, das sich wie intensive Wärme anfühlte, wenn ich dieses
Stärkegefühl genoss.
Fast die ganze Zeit litt ich an einem hohlen Magen und Bauch, hatte das starke
Gefühl von Hunger und gleichzeitig auch wieder von maßloser Übersättigung. Mein
Bauch war angefüllt mit bösen Wünschen meiner Umgebung. Zur Ausfüllung rauche
ich, esse ich, wenn ich eigentlich satt bin und trinke ich, wenn [obwohl] ich keinen
Durst habe.
Ich sah, dass es der Hunger nach Leben ist, den ich ständig mit mir herumtrage,
vielleicht zuerst hervorgerufen durch unrichtige Nahrung, entweder zu viel, oder zu
wenig. Eine Vision tauchte dazu auf: Im Takt der Musik aßen lustige dicke Tanten um
einen Tisch herum von unten gesehen ein Stück Torte mit Schlagsahne nach dem
anderen. Und sie waren so lustig und redeten und lachten munter drauflos. Aber ihre
Fröhlichkeit hatte etwas falsches, dämonisch-unbewusstes. Bald darauf fielen sie
auch zusammen wie ein leerer Schlauch und verloren alles, was sie gegessen hatten.
Aber alsbald fingen sie wieder fröhlich an zu essen und wurden langsam wieder prall
und dick. Ich hatte das Gefühl: Nie wieder Torte mit Schlagsahne. Lieber Milch mit
Honig. Hunger nach normalem, offenem, aufnehmendem und befriedigendem Leben:
Auch die ganze Zeit nach der Sitzung leide ich an einer Art Hunger, der schon immer
da war, den ich aber erst jetzt bemerke. Ich versuche ihn durch Einatmen von Rauch
zu befriedigen, durch Essen von Süßigkeiten oder Kaugummi-Kauen. Speziell das
Rauchen dient bei mir auch dazu, Lustempfindungen während einer Tätigkeit,
beispielsweise beim ...Arbeiten [in meinem Fach] zu erzeugen [gefühlsmäßig nahm
ich mit dem Rauch während der Arbeit die Lust an meiner Arbeit als vermeintlich
körperlich/seelisch sättigend auf]. Die Tätigkeit an sich hat bei mir keinen Zugang
zum Magen-Bauch, sie kann nicht bis dort zum Zweck der Befriedigung
durchdringen; sie braucht um „einatembar“, aufnehmbar zu werden, die
Vermittlung des Rauches, des Rauchens [als magisches Vehikel; dies eine
körperlich-seelische, vormals unbewusste Phantasie]. Ich habe nicht richtig gelernt, die
Außenwelt und meine Handlungen an ihr mir einzuverleiben, bzw. mir zum Leib- und
Lebensinhalt zu machen. Ich lebe zwar, aber ich hungere ständig nach
[befriedigendem] Leben. Meine fachliche … Tätigkeit tritt, mitsamt dem vermitteln
durch Rauch und [den] sonstigen Ersatzbefriedigungen, immer dann stark auf, wenn
die Wahrnehmungsmauer und Entwertungsgefühle gegenüber Ch. stark werden
[Freud würde wohl sagen: Zurücknahme der Libido ins eigene ICH, abziehen der
Libido von der Welt, daher mangelnde Befriedigung. Entwertung: Selbstaufwertung
und Selbstbeschwichtigung, Motto Fuchs mit den sauren Trauben]. Mein „Fach“
stärkt in mir auch wieder die Über-Ich-Forderung an mich und Andere und das
„fachliche“ Hochmutsgefühl. Es ist dies die nicht-menschliche, wertfreie, und als
solche mit einem kalten Lustgefühl erlebte „Fachlichkeit“. Mit der gleichen
„Fachlichkeit“, vom hohen, bzw. überhaupt außerhalb des zum menschlichen Bezug
stehenden „fachlichen“ Sockel verletze ich denn auch in einer subtilen, schwer zu
entlarvenden, da wissenschaftlichen Form die menschlichen Gefühle anderer; in
einer Art, die die Ironie selbst für mich, den Produzenten, kaum erkennen lässt. Nach
einem unbefriedigenden Orgasmus habe ich dasselbe Hungergefühl, esse dann etwas,
oder rauche. In der Sitzung traten dazwischengestreut vereinzelte kleine Szenen auf:
ich liege im Bett, die Tür öffnet sich ganz langsam einen Spaltbreit, Licht dringt von
außen herein; die Tür öffnet sich noch etwas mehr, und ein Wust von bedrohlichen,
harte, spitzen Gegenständen und Augen dringt durch den Türspalt
[Kontakterwartung / -furcht meinerseits trifft auf feindliche Ablehnung / feindlichen
Angriff; beides bereits phantasiemäßig von mir produziert, wohl früher einmal real
erlebt, aber nun innerlich als präkonditionierte Haltung verfestigt]. Weiter: Ein
Zeitungs-lesender Mann sitzt hoch vor mir auf einem Stuhl, er senkt langsam die
Zeitung, dabei faltet sie sich etwas auseinander und die Seiten bilden eine Figur, die
so aussieht wie der sich öffnende Türspalt. Dann schauen mich [bohrende] Augen
über den Zeitungsrand hin an.
Kurz nach dem höchsten Grad an Verzweiflung merkte ich: Mein Vater hat mich nicht
angenommen. Schon kurz nach der Geburt begegnete meine Mutter meinem Vater
feindlich [aus Erzählungen: Nachgeburtliche Depression nach einer schweren Geburt].
Mein Vater wiederum wünschte sich als Kind ein zartes, hübsches Mädchen, nicht so
einen fetten hässlichen Säugling, dem überall, besonders im Gesicht das Fett
herausquoll, und dessen riesiger nimmersatter Mund überall unästhetisch herumlutscht.
Besonders an den eigenen Fingern und vor allem an der Mutterbrust führte es ein für
ihn übertrieben lustvolles Geschmatze und Gestöhne auf. Verbunden mit dem
Herumgesabber war dieses Kind für ihn ganz und gar unästhetisch. Wahrscheinlich hat
er nur nach Gründen gesucht um sich nicht einzugestehen, dass ich für ihn ein Rivale
bin. Nach der Sitzung hatte ich zum ersten Mal keine weiteren Nachwirkungen, die
sonst der langen Wirkung von DOM zugeschrieben wird, wie Schlaflosigkeit oder
flacher Traumschlaf. Ich brauchte kein Vitamin B zum Stoppen [also muss ich bei
vorangegangenen Sitzungen mindestens ein Mal B-Vitamin-Komplex genommen
haben]. Ich führe das darauf zurück, dass ich wohl zum ersten Mal alle sich drängend
ankündigenden Gefühle fast vollständig zugelassen habe.
Später stellte sich ein starker Widerstand gegen das Protokollschreiben ein, so dass
ich es fast vier Wochen hinausgeschoben habe. Ich merkte auch, dass ich schon
immer Angst und Abwehr entwickelte bei allen Vorgängen, bei denen eine Person
ankommt und durch eine Tür kommt, verbunden mit einer angstvollen Erwartung,
dass diese Person nicht ankommen wird, oder, falls sie da ist, sich mir verweigern
wird; oder wo ich ankomme und durch die Tür schreite.
Ich brachte z.B. folgendes fertig: Ich war mit Ch. bei mir verabredet um 12 Uhr. Ich
saß vormittags in meinem Zimmer so gegen 10 Uhr. Plötzlich zieht es mich zum
Fenster, ich schaue hinaus und erwarte intensiv, dass sie jetzt kommt. Habe Angst,
dass sie nicht kommt, und sie kommt ja tatsächlich nicht, da es eben noch nicht 12
Uhr ist. Die Angst steigert sich bis zum Durchfall. Um 12 Uhr kommt sie, wie
verabredet, ich habe aber die innere Haltung ihr gegenüber: „Sie ist nicht
gekommen.“ Die Tatsache, dass sie eine Ankommende ist, steigert die Angst und
Abwehr. Ähnliches tritt auf bei: Begrüßungen, wenn jemand ins Zimmer tritt, wenn
ich irgendwo ankomme, wenn ich durch Türen eintrete u.s.w.
Die Affektion im Hals habe ich nach wie vor, sie breitet sich auf die Ohren aus. Ab
und zu treten harte Stiche im Hals auf, die nach Minuten wieder verschwinden.
Nach unbefriedigenden Situationen treten weiter Schmerzen in den Unterarmen
und Unterschenkeln auf. Füße und Hände sind bei mir fast immer kalt und
produzieren Schweiß, welcher [ja] normalerweise nur bei Realangst auftritt. Warm
und trocken sind sie fast nur nach befriedigenden Orgasmen. Ich erinnere mich,
dass ich früher im Heim [mit 12 Jahren in ein Wohnheim, von wo aus die Schüler
verschiedene Schulen besuchten], wenn ich Angst vor Schularbeiten hatte, immer
Halsschmerzen simulierte, nie eine andere Krankheit. Und jetzt habe ich sie
wirklich. Weitere Träume traten auf, die einen Bezug zu Kopf, Hals, Ohren und
Schläfen haben.

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