Re: Finanzkrise

406
gab neulich einen für mich als finanzlaien sehr erhellenden artikel auf Telepolis, über das finstre spiel, welches seitens der EZB nun betrieben wird.
Staatsanleihen-Ankauf der EZB
Statt für Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten - eine Billion Euro für die Finanzindustrie

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Notenbanken der Euro-Zone haben in der zweiten Märzwoche mit dem Ankauf von Staatsanleihen begonnen. Bis September 2016 sollen auf diese Weise monatlich 60 Mrd. Euro in das Finanzsystem fließen, insgesamt also 1,1 Billionen Euro.[...]
Warum greift die EZB trotzdem zu solch einer Maßnahme? Die Antwort ist simpel: Weil sie keine andere Wahl hat, da sonst der Zusammenbruch des Systems droht. Sowohl Politiker, als auch die Finanzindustrie sitzen auf einem historisch nie da gewesenen Berg an Schulden. Die Länder der Eurozone sind derzeit mit 9,6 Billionen Euro oder 94 % des Bruttoinlandsproduktes verschuldet, die Banken der Eurozone mit 20 Billionen Euro, wobei der Bereich der Schattenwirtschaft, der den des offiziellen Bankensektors bei weitem übersteigt, noch nicht einmal berücksichtigt ist.
mich würde allerdings mal interessieren, und dazu hab ich noch keine antwort bekommen, wem denn diese unsummen geschuldet werden?
Diese ausstehenden Billionenbeträge verlangen Tag für Tag nach Zins- und Zinseszahlungen. Um sie leisten zu können, brauchen sowohl die Staaten als auch die Banken ständig frisches Geld, das ihnen nun von der EZB zur Verfügung gestellt wird.
Wie wird dieses Geld eingesetzt werden? Die Staaten werden es benutzen, um ihren Schuldendienst zu leisten, d.h. sie werden Zinsen abtragen. Ihre Schulden selbst werden sie allerdings nicht reduzieren können, denn an eine Tilgung wäre nur bei wirtschaftlichem Wachstum und daraus folgenden höheren Steuereinnahmen zu denken. D.h.: Trotz der laufenden Zahlungen werden die staatlichen Schuldenberge weiter wachsen. Wir nähern uns auf Staatenebene also nicht einer Lösung des Grundproblems der Überschuldung an, sondern entfernen uns weiter von ihr.
Und die Banken? Sie werden ebenfalls einen Teil des Geldes benutzen, um Zins- und Zinseszahlungen auf ihre Schulden zu leisten. Einen anderen werden sie zur "Rekapitalisierung" einsetzen, d.h. sie werden ihr Eigenkapital (das in vielen Fällen nur noch bei 3% der Summen liegt, mit denen die Bank arbeitet) aufzustocken. Den Löwenanteil des Geldes werden sie allerdings nicht, wie von Politikern versprochen, in Form von Krediten an die Wirtschaft weitergeben, um diese anzukurbeln. Stattdessen werden sie damit an den Finanzmärkten spekulieren, weil sie dort schnellere Gewinne und höhere Renditen erwarten.
Damit werden sie die Blasenbildung - z.B. am Aktienmarkt und im Immobiliensektor - weiter vorantreiben und das Risiko einer Implosion des Systems erhöhen. In anderen Worten: Die EZB trägt mit ihrem Ankauf von Staatsanleihen dazu bei, genau den Mechanismus anzuheizen, der das globale Finanzsystem 2007 / 2008 an den Rand des Zusammenbruchs geführt hat. Sie geht sogar darüber hinaus, denn die Summen, um die es geht, sind heute höher als vor 8 Jahren.
Dabei handelt die EZB nur nach den Grundsätzen kaufmännischer Logik, denn beim globalen Finanzsystem handelt es sich um einen verselbständigten und nicht mehr beherrschbaren Mechanismus, der unablässig nach neuem Geld verlangt.
[...] [es folgen einige historische exkurse und erklärungen zu dem derivate-system]

dann der hammer als abschluss
Während ihr Lebensstandard durch höhere Steuern, niedrigere Löhne und Renten, gekürzte Sozialleistungen und immer neue Sparmaßnahmen gesenkt wurde und sie zum Teil in Armut gestürzt und jeglicher Hoffnung auf eine bessere Zukunft beraubt wurden, müssen sie nun mit ansehen, wie 1,1 Billionen Euro nicht etwa zur Erleichterung ihres Schicksals oder für den Bau von Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und Altenheimen ausgegeben werden, sondern zur Erhaltung eines Systems, von dem alle wissen, dass seine Tage bereits gezählt sind.
Quelle:
http://www.heise.de/tp/artikel/44/44405/1.html
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Re: Finanzkrise

407
Iceland's government said Tuesday it would consider a revolutionary monetary proposal removing the power of commercial banks to create money and handing it to the central bank.

The proposal, which would be a turnaround in the history of modern finance, was part of a report written by a lawmaker from the ruling centrist Progress Party, Frosti Sigurjonsson, entitled "A better monetary system for Iceland".
http://www.afp.com/en/news/fed-crises-i ... revolution

:2daumen:
happiness is the absence of resistance

Re: Finanzkrise

412
gowiththeflo hat geschrieben:*Uff*

Der Typ scheint sich mit der europäischen Krise richtig gut auszukennen und wirkt auch ziemlich straight im INterview. So kam der in der bisherigen Darstellung kaum rüber.
Jap, und jedenfalls mir sehr sympathisch.
Eine weitere Begründungshilfe für Deutschland zur Legimitation eines Schuldenschnitts. :pfeif:
happiness is the absence of resistance

Re: Finanzkrise

414
n19 hat geschrieben:ohne Deine Links jetzt gelesen zu haben, volle Zustimmung. Wir hatten das vor -zig Seiten schonmal. War Dein Selbstversuch irgendwelche autodidaktischen Experimente oder hast/hattest Du beruflich mit der Geldbranche zu tun?
ich strebe schon seit meienr kindheit nach "der wahrheit" und bin daher für viele theorien grundsätzlich offen,. Irgendwann stieß ich so auf den zins durch vorträge von prof. bernd senf www.berndsenf.de und mir wurde schalgartig klar, dass der zins fast ausschließlich katastrophale wirkungen und effekte mit sich bringt, die nur einem kleinen teild er menschhen nützen und die große masse strukturell verarmen lässt.

Ich finde es ein unding, dass zinskritik nicht einmal an den wirtschaftsfakultäten gelehrt oder behandelt wird - aber passt doch zum zeitgeist, nicht ;) ?

Re: Finanzkrise

415
http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... haben.html :2daumen:
Wer Griechenland wirklich helfen will, der sollte endlich die Naivität ablegen und damit aufhören, es ständig mit Portugal oder gar Irland zu vergleichen, die ja offenbar ihre Staatsschuldenkrise überwunden zu haben scheinen. Athen ist ein Sonderfall und muss auch als solcher behandelt werden.

Sparpolitik mag in Deutschland funktionieren, in Griechenland greift der bisherige Ansatz nicht. Der griechische Staat hat es ja aufgrund seiner Dysfunktionalität nicht einmal geschafft, die vorhandenen EU-Fördermittel abzurufen und sachgerecht in Projekte zu führen. Die Politik versagt genauso wie die Verwaltung, die viel stärker als in anderen Ländern mit ihr verwoben ist.

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-07/g ... s#comments
In Griechenland scheint sich die Vorstellung durchgesetzt zu haben, daß Geld aus der Steckdose (sprich EU) kommt.
Und die Abstimmung letzten Sonntag hat dies doch bestätigt:
Wir möchten keinen funktionalen Staat sondern nur Geld.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 90350.html
Humanitäre Hilfen sind für Griechen ein Affront

Alexis Tsipras pokert weiter und betont den Stolz des griechischen Volkes. Aber die EU hat mit Vorbereitungen auf die sozialen Folgen eines Grexits begonnen. Das wird von manchem als neue Kränkung verstanden.
:nixplan:
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)

Re: Finanzkrise

417
http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... qus_thread
Druck auf Merkel kommt auch nicht nur aus Übersee. Donald Tusk, derzeit Präsident des Europäischen Rats, tritt inzwischen auch für einen Schuldenschnitt ein. Es müsse neben den fälligen Reformvorschlägen aus Athen auch einen "realistischen Vorschlag von Gläubigern zur Schuldentragfähigkeit" geben, um "eine Win-win-Situation zu schaffen", twitterte Tusk. Die Bundesregierung ahnt mit Sicherheit, wem die Aufforderung gilt.

Die Frage ist, ob es dazu kommen wird. Offiziell schließt die Bundesregierung einen Schuldenschnitt bislang kategorisch aus. Und dafür macht sie rechtliche Gründe geltend. "Wer die europäischen Verträge kennt, weiß, dass ein Schuldenschnitt unter das Bailout-Verbot fällt", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Dienstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wiederholte das Argument wenig später.
der Druck auf DE nimmt zu, einem Schuldenschnitt zuzustimmen; dem IWF wäre es wohl am liebsten, wenn DE seine Forderungen übernimmt. In Griechenland wurden in den letzten Wochen ca. 40MRD EUR aus den Geldautomaten gezogen, die jetzt unter den Matratzen liegen. Einige HUNDERTE MRD Euro an Schwarzgeld wurden länger zuvor schon ins Ausland verschoben. Der Staat/Verwaltung ist pleite, aber nicht das Land. ;)
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)

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