Re: Flüchtlingsproblematik

166
Eins der Krisengebiete, in das ich auf gar keinen Fall reisen wollte momentan: Deutschlands Osten. Es ist so beschämend, was da vor sich geht. :/

Hab ich das eigentlich im Autoradio heute Mittag irgendwann richtig verstanden, dass USA und Russland an einer Feuerpause in Syrien überlegen?Hab ich vergessen zu recherchieren vorhin, jetzt geh ich ins Bett. Nachti!
~~ courage ~ compassion ~ connection ~~
~~ ~~ ~~ ~~ vulnerability ~~ ~~ ~~ ~~

~~ ~~ ~~ ~~ Γνῶθι σεαυτόν ~~ ~~ ~~ ~~

Re: Flüchtlingsproblematik

167
unsere Überlebenschanchen sind in manchen Gebieten dort echt schlecht. Das beklagte schon Ende der 90er eine Freundin aus dem Havelland.. nachdem sie da ausgewandert ist. Touristenzahlen gehen auch stark zurück, Unternehmen ziehen sich bald ebenfalls zurück. Dann kommt demnächst wohl ne zusätzliche Wirtschaftsmigrantenwelle auf den Westen zugerollt, bestehend aus Leuten mit nem deutschem Pass. Schaffen wir aber auch.

Die Tage wurde ja ein Krankenhaus aus der Luft angegriffen. Aber keiner wills gewesen sein. Dabei ist der Luftraum garantiet vollständig überwacht und auch unter Kontrolle diverser Boden-Luft-Stationen.

20.000 Bombenabwürfe monatlich, was für ein Geschäft der Rüstungsindustrie. Sogar Holland bombt jetzt mit.

Wenn die sich jetzt auf eine Feuerpause einigen, heisst das imo, und siehe oben: die Parteien fliegen ab dem Abkommen ohne Kennzeichnung (und rechtlich-moralische Regeln) und verzichten im Gegenzug auf gegenseitige Schuldzuweisungen. Ich kann mich irren, aber imo ist das eine weitere Eskalationsstufe, wenn was zurückgehen wird, dann die Berichterstattung.


https://youtu.be/soxm2De-fZc
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)

Re: Flüchtlingsproblematik

168
Sonntagskind am 28.1. hat geschrieben:Fakt scheint jedenfalls zu sein, dass er zuletzt wegen eines Erschöpfungszustandes in einer Klinik war. Vielleicht sollte diese Geschichte mal - von offizieller Seite - zum Anlass genommen werden, genauer hinzusehen und notfalls jemandem eine Auszeit zu verpassen, der permanent über seine eigene Grenzen geht bzw diese womöglich gar nicht wahrnimmt. Aber dazu wird erst recht kein Personal vorhanden sein.
Newsflash:
Der Tagesspiegel hat geschrieben:Flüchtlingshelfer unter Druck

Der Mann, der den Toten vom Lageso erfand

Dirk V erfand den toten Syrer vom Lageso. Wer mit ihm spricht, merkt: Seine Lüge ist Symptom eines viel größeren Problems.

von Julia Prosinger

Ein paar Wochen vor Weihnachten war das, da sagte Dirk V., bei einem Minztee in Prenzlauer Berg, er müsse jetzt aufhören, Leute bei sich aufzunehmen. Er habe in den vergangenen Monaten 24 Flüchtlinge in seiner Wohnung untergebracht und etliche weitervermittelt. Er brauche eine Weile Ruhe. Er müsse auch mal wieder Geld verdienen. Wenigstens bis zum neuen Jahr. Dirk V. hatte diesen Termin schon einige Male verschoben, er war auch jetzt zu spät dran, weil er gerade versuchte, einem syrischen Vater zu helfen, sein schwerbehindertes Kind aus dem Bombenhagel nachzuholen.

Dirk V. hat an jenem Nachmittag seine Erschöpfung geschildert. Eine Pause nahm er sich nicht. Seine Handynummer war im Umlauf, und nachts standen die Frierenden vor seiner Haustür. Wer sich die Fotos ansieht, die er seitdem postete, weiß: Er ließ sie rein. Und er warb so überzeugend dafür, ihm lange Unterhosen und Thermosocken zuzuschicken, für die Wartenden vor dem Lageso, bis er schließlich die ganze Wohnung voller Pakete hatte und selbst kaum noch durchkam.

Man kann diese Szene als Sinnbild nehmen für all das, was danach geschah.

Mit einem Facebookpost hat Dirk V. im Januar ganz Berlin glauben lassen, das Landesamt für Gesundheit und Soziales habe einen Menschen auf dem Gewissen. Die Organisation „Moabit hilft“, bei der V. kein Mitglied war, unterstützte seine Version, ohne Beweise zu haben. Am Ende stellte sich heraus, dass der tote Syrer eine Erfindung gewesen war. Ein PR-Gag des gelernten Presseberaters, glauben manche. Der klärte schließlich, wieder auf Facebook, auf: Er sei betrunken und völlig erschöpft gewesen, als er die Nachricht verfasst habe.

Erzählungen von Traumatisierten können den Zuhörer traumatisieren

Dirk V. hat sich nach der verhängnisvollen Nacht zurückgezogen. Er hat mit niemandem gesprochen. Freunde und Journalisten klopften den ganzen Tag an seine Tür, Fernsehteams warteten auf ihn. Dann, einen Tag später, ist er bereit für ein Telefonat. Voraussetzung: Er möchte weiter Dirk V. genannt werden. Und er will kein Mitleid. Nur auf Nachfrage spricht er über seine Sorge um die vielen Menschen, die von ihm abhängig sind, und die Geschichten, die ihn schlaflos machten. Wenn beispielsweise eine Transgender-Frau in seiner Wohnung heulend mit ihrer Mutter im Irak geskypt hatte. Oder wenn er von zwei ihm völlig unbekannten Lesben an der griechischen Grenze einen Hilfeanruf erhielt und anfing, nach Lösungen zu googeln. Seine Nummer war plötzlich in aller Welt. Und seine eigenen Gäste brachten immer mehr Bekannte, denen jemand helfen musste. All das kann keine Rechtfertigung sein, aber vielleicht Teil einer Erklärung.

Seit Monaten springen Freiwillige dort ein, wo der Staat versagt. Bei keinem von ihnen äußert sich Erschöpfung so drastisch wie bei Dirk V. Aber sie alle sind am Ende ihrer Kräfte.

Es sind Menschen, die nicht dazu ausgebildet sind, sich vor dem Schlafengehen Geschichten von abgetrennten Gliedmaßen und lebensgefährlicher Flucht anzuhören. Psychologen kennen das Phänomen, wonach die Erzählungen eines Traumatisierten den Zuhörer traumatisieren können. Deshalb erhalten Angestellte, die in sozialen Berufen arbeiten, normalerweise Supervision, fachliche Unterstützung von Experten. Internationale Hilfsorganisationen holen ihre Mitarbeiter regelmäßig aus den Krisen dieser Welt zurück, damit sie nicht durchdrehen.

Für die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe ist die Krise immer da. Weil sie nirgends angestellt sind, schickt sie niemand in den Urlaub.

Es gibt da diese Rentnerin, die spätnachts am Lageso Brot verteilt. Die erst um zwei nach Hause kommt, weil die Verkehrsverbindung schlecht ist. Es gibt Menschen – und zu ihnen gehörte auch Dirk V. –, die permanent online sind. Die mit dem Telefon auf dem Bauch schlafen, damit eine Vibration einen Flüchtling in Not anmelden kann. Es gibt diese Frau, die seit Monaten kaum schläft, weil das blaue Licht des Laptops sie wachhält. Weil sie nicht weiß, ob sie noch einen oder zwei oder doch besser drei Ratschläge für den Umgang mit Berliner Behörden geben soll.

Und es gibt Reyna Bruns, bei der die Krise plötzlich vor der Haustür auftauchte. Sie wohnt nur ein paar Meter vom Lageso entfernt.

An einem Dienstagvormittag steht sie im Korridor des Sozialgerichts in der Invalidenstraße und hilft einer Gruppe Flüchtlinge, ihre Eilanträge auszufüllen. Damit gelingt es oft, das Lageso zu zwingen, ihre Fälle zu bearbeiten. Es geht um Unterkunft, Geld und medizinische Versorgung. „Ich hol’ euch mal ’ne Wartenummer“, sagt Bruns. Sie hat nur wenige Stunden Zeit, dann muss sie zurück an die Staatsoper im Schillertheater, wo sie Spielleiterin ist. Ihr eigentlicher Beruf. Immer mehr Flüchtlinge drängen sich um sie, zu immer mehr Geschichten nickt sie verstehend mit dem Kopf, trägt Daten und Lebensumstände in Formulare ein. Alle schreien nach einem Übersetzer, aber es ist keiner da. Schließlich tritt ein Mann mit vielen Zahnlücken an sie heran. Bruns starrt auf seine Papiere. „Sie hatten das letzte Mal am 2. September Leistungen?“, fragt sie. Der Alte nickt stumm. „How do you live?“, ruft Bruns. Dann muss sie los.

"Ich habe sie einfach stehen lassen"

Sie rennt. Wenn jetzt gleich die S-Bahn kommt und wenn dann am Zoo sofort die U-Bahn einfährt und dann der Aufzug am Schillertheater im Erdgeschoss wartet, wird sie es noch rechtzeitig zum Probedurchlauf von „Turn of the screws“ schaffen. In wenigen Tagen ist Wiederaufnahme. Reyna Bruns’ Leben war schon immer ein bisschen viel auf einmal. Aber seit sie vergangenen Sommer eine obdachlose Mutter mit zwei Teenagern aus Kabul im Kleinen Tiergarten vor ihrem Haus ansprach, sie mit zu sich nahm, das einige Male wiederholte und Freunde fand, seit eine humanitäre Krise bei ihr in Moabit ausbrach, fragen morgens die Kollegen, ob sie überhaupt geschlafen habe. „Wir kommen heute ohne dich klar“, sagen die jetzt manchmal. Und spenden warme Kleidung.

Die Nachtschichten vor dem Lageso musste Bruns irgendwann aufgeben. Sie war so häufig erkältet, dass sie ihre Sänger hätte anstecken können. Stattdessen hat sie am Telefon Unterkünfte vermittelt. Freunde fragen, wann es denn genug sei mit den Flüchtlingen. Und ob man ihr was Gutes tun könne? „Mir?!“, ruft Reyna Bruns dann mit ihrem schwäbischen „R“.

Die S-Bahn fährt ein, drei junge Männer am Gleis, sie sehen verloren aus, fragen nach dem Weg zurück nach Eisenhüttenstadt, Brandenburgs Erstaufnahmeeinrichtung, Bruns zögert, sie ist in Eile, „ihr müsst zum Regionalzug“, schreit sie noch, springt in die Bahn und murmelt: „Ich habe sie einfach stehen lassen.“

Dass man nicht allen helfen kann, ist ein beliebter Spruch. Aber wie wählt man aus? Wann hört man auf?

Jouanna Hassoun sollte das wissen. Sie ist ausgebildet darin, sich abzugrenzen. Sie hat beim Moabiter Mädchen-Kultur-Treff Dünja gelernt, sie hat Sozialmanagement studiert und Psychotherapie, sie berät beim Lesben- und Schwulenverband Menschen mit Migrationshintergrund. 20 Stunden bezahlt der Senat dafür. Doch seit die Opfer des IS in Berlin ankommen, reichen die längst nicht mehr. Letzten Herbst war Jouanna Hassoun mitten auf dem Gelände des Lageso in Ohnmacht gefallen, und jetzt, zwei Tage bevor Dirk V. durch seine Facebook-Nachrichten bekannt wurde, beantragt Hassoun zum ersten Mal in ihrem Leben Einzelsupervision.

Doch bevor sie sich um sich kümmert, sind andere dran. In der Altbauwohnung des Lesben- und Schwulenverbandes, wo ein paar eingerollte Regenbogenfahnen in der Ecke stehen, kocht Hassoun eine Kanne Salbeitee. Dann setzt sie sich zwischen fünf aufgeregte Transgender-Flüchtlinge, kneift die Augen zusammen, legt den Kopf schräg und hört zu. Sie wurden in Neukölln angegriffen, und Hassoun, die einen mit Worten umarmen kann, mit „Schatz“ und „Süße“, will ihnen beibringen, dass sie das nächste Mal die Polizei holen können, dass sie Anzeige erstatten müssen, dass sie Rechte haben hier in Berlin. Zwischendurch ruft sie bei der Caritas am Lageso an, weil sie nicht will, dass diese Frauen im Männerkörper in der Schlange warten müssen und dort beschimpft werden.

Anders als Bruns ist Hassoun mit keinem ihrer Klienten befreundet. Trotzdem stellt sie das Telefon nachts selten aus, bringt Gutscheine, wenn die Flüchtlinge keine Lebensmittel mehr haben, sammelt bei jeder privaten Gelegenheit Spenden für deren Sprachkurse.

Viele Helfer sind weiblich, jung und oft selbst Migranten

„Ich kann nicht wegschauen“
Jouanna Hassoun, Helferin

Eine Studie der Humboldt-Universität hat ergeben, dass die meisten ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer jung und weiblich sind, oft haben sie selbst Migrationshintergrund. Als Hassoun im Sommer 2014 das erste Mal eine Notunterkunft betrat, roch sie ihre Kindheit. Sie war als Sechsjährige aus dem Libanon nach Deutschland gekommen. „Deshalb kann ich nicht wegschauen“, sagt sie. „Es war damals das Schönste, dass Ehrenamtliche uns aus dem Heim mit in den Zoo genommen haben.“

Jouanna Hassoun wurde im Herbst der Verdienstorden des Landes verliehen. Ihr Einsatz wurde gewürdigt. Das ist eher eine Ausnahme. Wer sich bei der Freiwilligen Feuerwehr einsetzt, gilt zweifelsfrei als gesellschaftlich engagiert. Wer Flüchtlingen beim Überleben hilft, muss damit rechnen, nicht nur von AfD und Pegida beschimpft zu werden. Flüchtlingshelfer sind Sektenmitglieder, heißt es immer wieder im Netz. Die Radikalität erinnert daran, wie nach den Übergriffen in Köln alle Flüchtlinge von manchen als Sexualstraftäter bezeichnet wurden. Es scheint, Deutschland habe verlernt, mit Widersprüchen zu leben.

Kürzlich hat das auch Reyna Bruns wieder gemerkt. Sie erklärte gerade in einem Seitenraum des Schillertheaters die Handlung von „Ariadne auf Naxos“. Vor ihr saßen 35 Geflüchtete, Menschen, die sie obdachlos in ihre Wohnung mitgenommen hatte, mit denen sie Kostenübernahmen für Miete durchgesetzt hatte, denen sie Gesangsunterricht gegeben hatte. Manche von ihnen waren noch nie in der Oper. Keiner von ihnen würde die deutschen Texte verstehen. Bruns sprach auf Englisch über die Entstehung der Oper, über die Koloraturen in der Zerbinetta-Arie, sie tanzte dabei mit den Händen, schien die Musik schon im Kopf zu hören.

Als sie ihre Rede beendet hatte, strahlend, weil gleich die Oper losgehen würde, trat ein alter Berliner auf sie zu. Warum nun die Werkeinführung schon auf Englisch abgehalten werde, dies sei schließlich eine deutsche Institution. Reyna Bruns legte die Finger an die Schläfen, schaute auf den Mann hinunter. „Das tut mir leid, ein Missverständnis“, sagte sie. „Die Einführung war auf Englisch angekündigt, ich fasse es gern noch mal für Sie auf Deutsch zusammen, wenn Sie mögen.“ Er mochte nicht. Bruns konnte diesen Vorfall schnell vergessen, weil die Musik so schön war und weil ihre syrischen Freunde beim Anblick von Angela Merkel, die an diesem Abend die Oper besuchte, kicherten wie Teenager. Und bestimmt auch, weil eine syrische Mutter am Ende des Abends Merkel am Ausgang des Saales abpasste, ihr „I love you“ entgegenrief und Merkel tatsächlich „I love you, too“ antwortete, bevor sie weitereilte. Es geht nicht nur um Wohnungen, dachte Bruns in diesem Moment. Es geht ums Ankommen.

Dirk V., Reyna Bruns und Jouanna Hassoun verausgaben sich seit vergangenem Sommer. Wer verstehen will, was passiert, wenn jemand sich jahrelang überarbeitet, sollte sich mit Maria S. in Kreuzberg treffen. Ihren Namen schreibt man besser nicht, auch wenn sie jeder hier kennt, weil ihre Arbeit als Beihilfe zur Illegalität ausgelegt werden kann.

Drei Jahre ist es her, dass eine Gruppe Asylbewerber den Oranienplatz mit Protestzelten besetzte, dass eine Krise, wie bei Reyna Bruns, vor die Haustür zog. Maria S. gab damals ihren Wohnungsschlüssel frei, damit die Demonstranten bei ihr duschen konnten. Es waren vor allem Afrikaner, die über das italienische Lampedusa nach Berlin gekommen waren.

Seitdem laufen ihr die Notfälle zu. 50 bis 100 Menschen betreut Maria S. inzwischen, die illegal in Berlin leben, denen keine Plätze in Notunterkünften zustehen, keinerlei Leistungen. „Du bist unsere letzte Hoffnung“, sagen die Flüchtlinge am Telefon, und Maria S. besorgt ihnen Medikamente, betreut sie im Knast, bleibt bei ihnen, auch wenn sie durchdrehen und mit dem Messer auf sie losgehen. Sie bezahlt Anwälte von ihrem eigenen Geld und lebt vom Jobcenter. „Es ist ja niemand da, der es sonst macht.“


„Ich habe das Gefühl, mehr bei den Flüchtlingen zu leben als hier bei den Deutschen“
Maria S., Helferin


Viele Unterstützer gaben auf, Burnout

Maria S. geht jetzt ein paar Schritte über den Oranienplatz, entdeckt eine leere Red-Bull-Dose und eine Bierflasche, stopft sie in ihre Tasche. „Ich brauche das Pfand, damit ich Lebensmittel kaufen kann“, sagt sie.

Sie hat eine Antwort auf alle, die ihr einen Helferkomplex unterstellen. „Es ist einfach, mich für bekloppt zu erklären. Warum sucht ihr meinen Fehler, warum nicht euren? Kommt doch einfach her und helft uns!“

Die meisten anderen Unterstützer von damals haben aufgegeben, weil sie einen Burn-out erlitten oder weil ihnen das Helfen auf Dauer aussichtslos erschien. Maria S. macht weiter, auch wenn ihr inzwischen die Zähne ausfallen. Sie kann doch jetzt nicht einfach aufgeben, sie hat sich das Vertrauen der Menschen doch lange aufgebaut. Wenn Maria S. diese Geschichten erzählt, schaut sie einem tief in die Augen. Als müsse sie niemals blinzeln. Maria S. war noch nie im Niger, sie war auch noch nie im Tschad. Aber sie sagt mit tiefer Stimme: „Ich habe inzwischen das Gefühl, mehr bei den Flüchtlingen zu leben als hier bei den Deutschen.“

Inzwischen ist sie eine gute Deutsch-Pidgin-Übersetzerin. Inzwischen hat sie die Schlafstörung ihrer Gäste angenommen. Inzwischen kann sie sich mit vielen Menschen nicht mehr unterhalten. Inzwischen fühlt sie sich von Rassismen persönlich getroffen. Was würde passieren, wenn Maria S. morgen, wie Dirk V., zusammenbräche? Sie schweigt.

Dirk V. kann sich bis heute nicht genau erklären, was in jener Nacht in ihm vorging. Er habe, sagt er am Telefon, wohl tatsächlich geglaubt, was er schrieb. Ein anderer Syrer habe ihm von Fieber berichtet, das muss seine Fantasie beeinflusst haben. Die Todesnachricht schickte er an Reyna Bruns, die ihm seit langem vertraute und sie öffentlich machte. „Ich kannte meine Grenzen nicht“, sagt Dirk V. Obwohl „Moabit hilft“ seinen Helfern Supervision anbietet, machte weder er noch irgendeiner, den er kennt, jemals davon Gebrauch.

Dirk V. hat einige Anläufe genommen, um aus der Verantwortung für so viele Menschen auszusteigen. Mit seiner nächtlichen Aktion ist es ihm gelungen.
http://www.tagesspiegel.de/themen/repor ... print=true
~~ courage ~ compassion ~ connection ~~
~~ ~~ ~~ ~~ vulnerability ~~ ~~ ~~ ~~

~~ ~~ ~~ ~~ Γνῶθι σεαυτόν ~~ ~~ ~~ ~~

Re: Flüchtlingsproblematik

169
Flüchtlinge in Idomeni: Wir müssen das Aushalten ausschalten

Ein Kommentar von Oliver Trenkamp

Mit Tränengas gegen hilfesuchende Männer, Frauen, Kinder: Schlimm, diese Bilder, aber das müssen wir aushalten - so reden längst nicht mehr nur rechte Hetzer. Wir dürfen uns unsere Empathie nicht abtrainieren lassen.

Verzweifelte Eltern, weinende Kinder, Tränengaspatronen abgefeuert von Soldaten, mitten in Europa, am Grenzzaun von Idomeni: Gegen den Impuls, bei solchen Bildern vor Wut zu schreien und zu heulen, haben Politiker wie Thomas de Maizière und Alexander Gauland uns abzuhärten versucht. "Wir müssen harte Bilder aushalten", sagt der Innenminister. "Wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen", sagt der AfD-Vize.

Sie wollen unser Mitgefühl abschalten oder wenigstens dimmen. Bernd Ulrich von der "Zeit" nennt es eine "politische Verrohungskampagne", was Kinderaugen-Gauland und Schießbefehl-Petry seit Monaten betreiben. Und nach einem Dreivierteljahr Flüchtlingsdebatte, nach Schließung der Balkanroute und nach Inkrafttreten des EU-Türkei-Deals, muss man feststellen: Es ist ihnen zumindest gelungen, den Ton in der Flüchtlingsdebatte zu verschärfen, den Diskurs nach rechts zu rücken.

Selbst kluge und zu Mitgefühl fähige Freunde, Verwandte, Kollegen benutzen plötzlich Kampfbegriffe wie "illegale Migranten" und sagen Null-Sätze wie: "Solche Massen sind nicht zu verkraften."

Kaum jemand fragt dann noch nach den Kriterien, auf deren Grundlage solche Feststellungen getroffen werden: Finanzielle können es nicht sein - der Wohlstand in Deutschland reicht für weit mehr als die Grundversorgung von ein paar hunderttausend Hilfesuchenden. Die sind ja bereits da, ohne dass jemand in Zahlungsschwierigkeiten geraten wäre. Im Nahen Osten lachen sie über uns, wenn wir von einer Flüchtlingskrise sprechen - Jordanien hat mehr Schutzsuchende aufgenommen als alle EU-Staaten zusammen, wie der Migrationsforscher Kamel Dorai vorrechnet.

Hetzer wie Schwätzer tun in der Flüchtlingsdebatte so, als würden sich Vernunft und Empathie ausschließen, als wäre Egoismus per se vernünftig. Sie tarnen ihre Ängste, ihre Vorurteile, ihren Rassismus als gesunden Menschenverstand. Sie diffamieren Mitgefühl als emotionalen Affekt, als Gutmenschentum, als unverantwortlich.

Höchste Zeit, ihnen etwas entgegenzusetzen, immer und immer wieder. Denn das Gegenteil ist richtig: Empathie hilft dabei, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Wer nicht nur die Interessen seines Gegenübers kennt, sondern auch dessen Gefühlslage einschätzen kann, um die Nöte und Bedürfnisse des anderen weiß, wird klüger, umsichtiger und, ja, blödes Wort, nachhaltiger handeln als der ängstliche Egoist.

Die Verrohung der öffentlichen Debatte hat zum Glück weite Teile der Gesellschaft noch nicht infiziert. Ärzte und Pfleger arbeiten nach wie vor ehrenamtlich in den Auffanglagern; Lehrer, Erzieher, Schüler sammeln Spenden; Anwälte helfen bei Asylanträgen; Kirchengemeinden, WGs, Familien nehmen Syrer auf; Studenten holen Flüchtlinge im Kofferraum ins Land; Aktivisten heiraten Fremde, um ihnen einen dauerhaften Aufenthalt zu ermöglichen. Viele Deutsche sind im Kopf und im Herzen weiter als ihre gewählten Vertreter und die Befüller der Kommentarspalten.

Lasst uns von ihnen Empathie lernen, lasst uns die Bilder von Idomeni, die Toten in der Ägäis nicht hinnehmen. Wir müssen, wir dürfen diese Bilder nicht aushalten. Wir sollten die Flüchtlinge von Idomeni in Deutschland aufnehmen.

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/f ... druck.html
~~ courage ~ compassion ~ connection ~~
~~ ~~ ~~ ~~ vulnerability ~~ ~~ ~~ ~~

~~ ~~ ~~ ~~ Γνῶθι σεαυτόν ~~ ~~ ~~ ~~

Re: Flüchtlingsproblematik

170
Sollte die Belastbarkeitsgrenze eines Landes, die jeweils zur Hälfte von der Wirtschaftskraft und der Bevölkerungszahl bestimmt wird, für die Aufnahme von Asylbewerbern dann um 150 Prozent überschritten werden, setzt automatisch ein Korrekturmechanismus ein. Wer sich verweigert, muss hohe Strafen zahlen. In dem Text heißt es dazu: "Das Mitgliedsland, das vorübergehend nicht teilnimmt an der korrigierenden Verteilung, muss pro Bewerber einen Solidaritätsbeitrag von 250.000 Euro an die Mitgliedstaaten richten, die dann für den Bewerber zuständig sind."
wie geil. endlich :2daumen: fck you ungarn et.al. lol wem das als Staat nicht passt kann ja aus der EU austreten, lol, tschööö mit ö

http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... ndern.html
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)

Re: Flüchtlingsproblematik

171
1-format3001.jpg 1-format3001.jpg 7988 mal betrachtet 41.08 KiB
Aleppo vor dem Fall? Über 80.000 *weitere* Bewohner haben aktuell wohl die Stadt verlassen.. zumindest den Ost-Teil, aber wo sind sie hin? Russland blockierte die Tage den Antrag auf Waffenstillstand im Sicherheitsrat. Keine Ahnung warum, einerseits werden so humanitäre Massnahmen verhindert, andererseits die Zeit des Waffenstillstands für die Neuorganisation/Neubewaffnung der Terroristen verhindert. Man wird sehen, als ersten Belastungstest für Trump, inwieweit USA und RUS konstruktiv zusammenarbeiten werden, können oder wollen. Voll der Wahnsinn, was da seit Jahren abgeht :spinnst:
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)

Re: Flüchtlingsproblematik

172
Bild


Bild


"Die Menschenkinder sind ja alle Brüder
Aus einem Stoff wie eines Leibes Glieder
Hat Krankheit nur einzig Glied erfasst
So bleibt anderen weder Ruh noch Rast
Wenn anderer Schmerz dich nicht im Herzen brennt
Verdienst du nicht, dass man noch Mensch dich nennt."

Saadi


Asylbewerber Mohammed Taherina überreicht an Julia Klöckner eine hölzerne Skulptur als Geschenk für die Kanzlerin.
Quelle: https://www.gmx.net/magazine/politik/ka ... r-32116254
~~ courage ~ compassion ~ connection ~~
~~ ~~ ~~ ~~ vulnerability ~~ ~~ ~~ ~~

~~ ~~ ~~ ~~ Γνῶθι σεαυτόν ~~ ~~ ~~ ~~

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 16 Gäste

cron