Re: Das Überich

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Dr.Schuh hat geschrieben: Milch gut
Dr.Schuh hat geschrieben:Vodka nicht
(gut = vodka schlecht) also wenn das keine Wertung ist. gut /schlecht
Angenommen das Kind hat ne Entzündung im Bauch die Milch schlimmer macht und Vodka eventuell sogar kurieren helfen würde. Das Baby würde trotzdem die Milch trinken. Warum? Aufgrund eines Prozesses von Wertung, der eben NICHT der Ich/Über-Ich-Ebene entspringt, sondern aus viel tieferliegenden Ebenen initiiert wird, sobald der Säugling die Wahl hat. Es ist vielmehr die Ich-Ebene, die einen in die Lage versetzt, Wertung auszudehnen und sich über die intuitiven und instinktiven Wertungsprozesse hinwegzusetzen, z.B. bittere Medizin zu schlucken.
Vielleicht lässt sich unsere Differenz in Sachen Wertung kurz so auf den Punkt bringen: Position A: Wertung umfasst Zuordnung von richtig/falsch und gut/schlecht ( besser/schlechter ) und viel/wenig ( quantitative Zuordnungen ); Position B: Wertung umfasst nur die Zuordnung richtig/falsch

dazu ein bischen was "wissen-schaft-liches" ;) :
http://www.dwds.de/?woerterbuch=1&kompa ... qu=Wertung
http://www.dwds.de/kollokationsgraph?qu=Wertung
http://www.dwds.de/woerterbuch/1_1

Re: Das Überich

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Hm. Wertung verleiht imho Attribute, die über unmittelbare, körperliche Vorliebe hinausgehen.

Das bloße Vorhandensein einer Vorliebe, muss eben imho nicht unbedingt mit einer Wertung verbunden sein. Demnach wertet da ein Baby auch imho nicht. Es erlebt sich in der symbiotischen Phase ja auch als nichteinmal getrennt von der Mutter(milch). Ein Baby geht einfach seinen Bedürfnissen nach. Unmittelbar. Medizin ist unmittelbar bitter. Dass es nicht das Bedürfnis hat, bittere Medizin gegen sein Bauchweh zu schlucken, liegt imho darin begründet, dass es den Zusammenhang zur Heilung einfach noch nicht überschauen kann; jetzt nicht in einer aktiven (Ab)Wertung, also einem Wertungs-Prozess, den es vornimmt.

Wertungen, wie ich sie meine, fußen auf den im Laufe der Sozialisation erzeugten Wert- und Normvorstellungen des (Über)-Ichs. Und die hat ein Baby ja noch nicht. :nixplan:

Das (Über)-Ich schränkt durch seine (Selbst)-Verurteilungen die Entfaltung ein, separiert von der Essenz und stärkt sich so selbst. Wenn ich also merke, dass eine Aussage von mir, oder einer anderen Person, bei mir in diese Kerbe haut, versuche ich zuallererst diesen Angriff in mir zu stoppen und mich nicht auf Ego-Ebene zu verwickeln - um dann frei von Rückschlags-Dynamiken u.ä. zu analysieren, auf welchen Bildern und Vorstellungen er basiert, und inwiefern diese gerechtfertigt sind. Und meistens sind sie es nicht.
Es ist vielmehr die Ich-Ebene, die einen in die Lage versetzt, Wertung auszudehnen und sich über die intuitiven und instinktiven Wertungsprozesse hinwegzusetzen
Das versteh ich demnach auch überhauptnicht. :verwirrt:

Gruß
Schuh
~ Resting in Peace ~

Re: Das Überich

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Tau-f-risch hat geschrieben:Angenommen das Kind hat ne Entzündung im Bauch die Milch schlimmer macht und Vodka eventuell sogar kurieren helfen würde. Das Baby würde trotzdem die Milch trinken. Warum? Aufgrund eines Prozesses von Wertung, der eben NICHT der Ich/Über-Ich-Ebene entspringt, sondern aus viel tieferliegenden Ebenen initiiert wird, sobald der Säugling die Wahl hat. Es ist vielmehr die Ich-Ebene, die einen in die Lage versetzt, Wertung auszudehnen und sich über die intuitiven und instinktiven Wertungsprozesse hinwegzusetzen, z.B. bittere Medizin zu schlucken.
Ich denke, der Begriff Wertung passt ganz einfach besser zum Über-Ich (mag ich?/mag ich nicht? kenn ich?/kenn ich nicht? Lust?/Unlust?). Wertung auf Instinktebene ist ein integrierter Vorgang ohne Rücksprache mit dem Über-Ich. Wertung in dem Sinne wie beim Über-Ich gibt es bei der Intuition nicht, denn Intuition ist das, was wir als direktes Erleben (ohne Bewertung) bezeichnen (z.B. C. G. Jung) und erfahren. Da findet keine Entscheidung in Abhängigkeit von individuellen Erfahrungswerten statt, sondern transzendentes Wissen bzw. Weisheit.

Re: Das Überich

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gowiththeflo hat geschrieben:Wertung auf Instinktebene ist ein integrierter Vorgang ohne Rücksprache mit dem Über-Ich.
Folgt: Wertung auf Instinktebene ist keine Wertung, weil sie nicht durchs Über-ich kontrolliert wird?
Klarer Fall von Fehlschluss imho. Durst ist nicht Durst, weil keine Rücksprache mit dem Überich, Schön ist nicht schön, weil keine Rücksprache mit dem Über-ich, etc............
gowiththeflo hat geschrieben:Ich denke, der Begriff Wertung passt ganz einfach besser zum Über-Ich
Wenn man die Bedeutungszuschreibung von Wörtern auschließlich zu einer Sache des persönlichen Geschmacks macht, kann man imo gleich ein Schweigegelübte ablegen. Es gibt afaik keine handfeste Verbindung in der deutschen Sprache, die "Wertung" zwangsläufig mit "Über-ich" zusammengehen lässt.
Man beachte den Unterschied zwischen "Wertung" und "Urteil". Wertungen bilden Grundlagen für Urteile, nicht anders herum. Wertung ist viel breiter gefasst und bezieht sich meistens auf die Zuschreibung/Einordnung auf positiv/negativ-Skalen, geht aber noch darüber hinaus. Und selbst Urteile sind nicht zwangsläufig Über-ich bestimmt, wiewohl es dort sehr häufig zusammengeht. Urteilen beinhaltet nämlich in erster Linie die Abwägung von Wertzuordnungen und kommt so zu einem richtig/falsch-Schluss.
Somit schaffen Urteile erst die Vorraussetzungen für die Entstehung von Über-ich-Strukturen, die künftige Einschätzungen von richtig/falsch im Sinne einer Standard-Operating-Procedure vereinfachen und beschleunigen. Genau aufgrund dieser Einsicht gibt es z.B. ein Bundesverfassungsgericht. Entscheidungen dieses Gremiums sind nämlich immer Rechtsgüterabwägungen, d.h. es gibt dort kein "Klauen ist falsch und wird bestraft!". Sondern, in diesem Fall z.B.: Wie ist das Wertverhältnis zwischen Schutz des Eigentums und lebensnotwendiger Versorgung? ( Der frühere "Mundraub" ). Die Richter schaffen mit einer Entscheidung de facto erst eine Unterscheidung von richtig und falsch auf Gebieten, wo darüber noch kein Konsens gebildet wurde oder jemand der Ansicht ist der alte Konsens sei aufgrund neuer Entwicklungen hinfällig.
gowiththeflo hat geschrieben:denn Intuition ist das, was wir als direktes Erleben (ohne Bewertung) bezeichnen (z.B. C. G. Jung) und erfahren.
Intuition ist schon deutlich weniger fassbar, ein so reizvoller wie vager Begriff:
"Das Spannungsfeld zwischen intuistischen und empiristischen Positionen wird deutlicher in der etymologischen Ableitung des Wortes "Intuition": von "Eingebung, ahnendes Erfassen, Erkenntnis ohne wissenschaftliche Einsicht" über "das Erscheinen des Bildes im Spiegel, geistiges Schauen, durch Schauen (nicht durch Denken) erworbene Kenntnis" bis zu "gefühlsmäßig, instinktiv erfassend, auf Eingebung zurückgehend" (Pfeifer 1993, S.590)."
http://www.kopiloth.de/intuit.htm
Dennoch: Der Begriff des intuitiven Urteils dürfte geläufig sein.
http://www.dwds.de/?kompakt=1&sh=1&qu=intuitiv
Intuition überspringt den Abschnitt der rationalen Wertverhältnisabwägung und kommt direkt zu Urteilen, Erkenntnissen und/oder Entscheidungen. Insofern werden intuitive Wertungen, genau wie instinktive Wertungen, viel weniger bewusst wahrgenommen, was aber wie gesagt nicht bedeutet, dass sie nicht stattfinden.
so far... :wink:

Re: Das Überich

65
Tau-f-risch hat geschrieben:Folgt: Wertung auf Instinktebene ist keine Wertung, weil sie nicht durchs Über-ich kontrolliert wird?
Ne, folgt nicht. :)

Soll heißen: Wertung auf Instinktebene ist Wertung, die nicht rational ist.
Tau-f-risch hat geschrieben:Es gibt afaik keine handfeste Verbindung in der deutschen Sprache, die "Wertung" zwangsläufig mit "Über-ich" zusammengehen lässt.
Damit hast Du sicherlich Recht.

Ich kam zu meiner Aussage, weil ich nicht zwischen Wertung und rationalem Bewerten bzw. Beurteilen unterschieden habe, was imho eine typische Funktion des Über-Ich ist.

Einem intuitiven Urteil oder instinktivem Handeln liegen wohl Wertungen zugrunde, die nicht rational sind. Der Wahr-Falsch-Abgleich findet dann eben auf einer Wertematrix im Unbewussten statt.

Re: Das Überich

66
Imho muss man, um das reich des Überichs zu verlassen bereit sein innerlich vollkommen allein zu sein. Dann hat man keine Wahrheit mehr auf die man sich verlassen kann, nurnoch das, was gerade jetzt die Kugel des Bewusstseins füllt. Unmöglich die Ketten abzulegen bleibt es, wenn man in verschiedenen Nationen, Kulturen, Sozialen Schichten, Stellungen der Famillienmitglieder denkt. Dabei reicht es nicht, sich einzureden zukünftig nichtmehr danach zu kategorisieren. Allein, die Vorstellung, dass es diese Dinge überhaupt gibt macht dich abhängig davon und verhilft zum Weiterbestehen einer getrennten Welt. Man hat aber immer auch die Wahl....

...alles imho...

Eine geniale Veranschaulichung von Buber, die zu diesem lebenswichtigen Thema so treffend passt:
"Wo aber der Schein der Lüge entspringt und von ihr durchsetzt ist, wird das Zwischenmenschliche in seiner Existenz bedroht. Das ist auch nicht, wie wenn einer eine Lüge sagt, etwa einen Sachverhalt verfälschend berichtet: die Lüge, die ich meine, vollzieht sich nicht an einem Tatbestand sondern an der Existenz selber, und sie greift die zwischenmenschliche Existenz selber an. Zuweilen kann einer, um einer schalen Eitelkeit zu genügen, die große Chance des wahren Geschehens zwischen Ich und Du verscherzen.
Stellen wir uns nun zwei Bildmeschen vor, die beieinander sitzen und miteinander reden - nennen wir sie Peter und Paul - und zählen wir die Figurationen nach, die dabei im Spiel sind. Da sind erst mal der Peter, wie er dem Paul erscheinen will; sodann der Peter, wie er dem Paul wirklich erscheint, Pauls Bild von Peter also, das gemeiniglich keineswegs mit dem von Peter gewünschten übereinstimmen wird und vice versa; dazu noch Peter, wie er sich selbst und Paul, wie er sich selbst erscheint; zu guter Letzt der leibliche Peter und der leibliche Paul. Zwei lebende Wesen und sechs gespenstische Scheingestalten, die sich in das Gespräch der beiden Manigfaltig mischen ! Wo bliebe da noch Raum für die Echtheit des Zwischenmenschlichen !
Was immer in anderen Bereichen der Sinn des Wortes "Wahrheit" sein mag, im Bereich des Zwischenmenschlichen bedeutet es, dass die menschen sich einander mitteilen, als das, was sie sind."

peace


mao
Take pain as a game.

Re: Das Überich

67
imho ist es eine Illusion des Über-Ich, sein Über-Ich vollkommen überwinden zu können. :D

Es kann mit der Zeit sicherlich immer mehr Macht verlieren und wir damit gleichsam an Freiheit gewinnen, fraglos. Aber überwinden, im Sinne von auslöschen, ist es imho nicht.

Meiner Erfahrung nach wird das Spiel sogar immer perfider, so tarnt es sich gerne in neuen Kleidern. Wie der Spiritualität. Zu der ich auch die Überwindung dieser Strukturen zählen würde.
happiness is the absence of resistance

Re: Das Überich

68
Erraphex hat geschrieben:Es kann mit der Zeit sicherlich immer mehr Macht verlieren und wir damit gleichsam an Freiheit gewinnen, fraglos. Aber überwinden, im Sinne von auslöschen, ist es imho nicht.
Mir geht es vor allem um die Realisation und das Ablegen der Bilder von der Welt und den Menschen.
Take pain as a game.

Re: Das Überich

71
gowiththeflo hat geschrieben: Braucht man die Unterscheidung zwischen Ich und Über-Icke überhaupt? Welchen Vorteil hat man durch die Differenzierung?
imho ensteht die Differenzierung bei der Identifizierung der Muster und der Arbeit an diesen automatisch. Verkürztes Beispiel: Meine Freundin fragt mich <was auch immer>. Bei mir entsteht das Gefühl von ausgefragtsein. Das führt dazu, dass ich "zumache". Warum? Weil es halt Teil meiner Persönlichkeit (Ego) ist? Verantwortlich für diese Reaktionen sind Muster, die in der Kindheit durch die Eltern geprägt wurden, die später, gleich eines weiteren Ichs, in uns aktiv sind (Über-Ich) und die damit die damals gelebte Beziehung zwischen uns und den Eltern am Leben erhalten. Dieses weitere Ich (oder Teil meines Ichs) übernimmt jetzt die Rolle der Fragenden, was dazu führt, dass ich mich von meinen Eltern ausgefragt fühle - die Reaktion meines kindlichen Ichs war, dass es sich zurückzog und genau das ist die Ursache für das Gefühl, welches mehr als 20 Jahre später für die Reaktion verantwortlich war. Die Einsicht über dieses Muster entzieht dem Muster Energie. Andere Muster sind verantwortlich dafür Bewertungen vorzunehmen. Beispiel: Ich nehme einen Pfosten mit meinem Auto mit. Stimme im Hintergrund: "Warum hast du nicht besser aufgepasst? Du weisst doch um die Lage des Pfosten! Wenn du einen weiteren Bogen eingeschlagen hättest... " Die Folge ist ein verstimmtes Gefühl. In diesem Fall spielt das Über-Ich direkt die Rolle der damals als übergroß wahrgenommenen Eltern. Das vestimmte Gefühl resultiert aus der Wiederholung dieses alten Rollenspieles und führt uns zurück zu einer Zeit, in der wir auf die Liebe unserer übergroßen Eltern angewiesen waren. Die Variation an solchen Muster ist extrem gross. Und vor allem ändern sich die Inhalte der Muster - gleichsam einer Tarnung - um das Spiel fortsetzen zu können. Die Muster aber bleiben identisch. Der Weg zur Freiheit ist wahrlich kein einfacher. Aber das wäre ja auch zu einfach. ;)
gowiththeflo hat geschrieben: Geht es nicht grundsätzlich um die Egozentrik, die jeder Einzelne zu überwinden hat?
Wer sagt, dass wir sie zu überwinden haben?
happiness is the absence of resistance

Re: Das Überich

72
Danke für die anschaulichen Beispiele.

Wenn ich das richtig verstehe, handelt es sich beim Über-Ich um internalisierte Erfahrungen aus diversen Interaktionen, die verdrängt und/oder dissoziiert wurden. Und durch die Dissoziation bzw. Nicht-Differenziertheit bekommen diese Muster erst die Macht, das Handeln des Individuums aus dem Unbewussten zu bewerten und zu steuern. Quasi dissoziierte Selbste, die sich dadurch ernähren, dass sie Energie fressen, welche sie dadurch bekommen, dass man sie mit erheblichem Energieaufwand unterdrückt.
Erraphex hat geschrieben: Wer sagt, dass wir sie zu überwinden haben?
Geht Bewusstseinsevolution und inneres Wachstum nicht mit einer Abnahme von Egozentrik einher?

Überwinden müssen tun wir sie nicht, wir können oder dürfen. Wie gelangt man denn sonst zu einer weltzentrischen, dezentrierten, selbstlosen Haltung, wenn nicht durch Überwindung von Egozentrik?

Re: Das Überich

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Eure hier dargestellten Sichtweisen auf das Über-Ich sind sehr auf das Individuum bezogen. Ich möchte eine hinzufügen. :)
gowiththeflo hat geschrieben:Quasi dissoziierte Selbste, die sich dadurch ernähren, dass sie Energie fressen, welche sie dadurch bekommen, dass man sie mit erheblichem Energieaufwand unterdrückt.
Man unterdrückt das Wissen um ihre herkunft. In gewisser Weise wird man aber auch einfach eins mit diesen "dissozierten Selbsten" - man identifiziert sich mit ihnen.
Erraphex hat geschrieben:Die Variation an solchen Muster ist extrem gross. Und vor allem ändern sich die Inhalte der Muster - gleichsam einer Tarnung - um das Spiel fortsetzen zu können. Die Muster aber bleiben identisch. Der Weg zur Freiheit ist wahrlich kein einfacher. Aber das wäre ja auch zu einfach. ;)
Ein Grund dafür, dass die Strukturen so schwer zu überwinden sind liegt auch darin, dass das Über-Ich nicht nur aus der individuellen Geschichte genährt und am Leben gehalten wird sondern (da es in jedem existiert) auch kollektiv wirkt. Eine gerade schweigende innere Instanz kann durch jemanden, der sein Über-Ich in jemand projeziert, dessen innere Jury gerade ruht, bei diesem(r) wieder reanimiert werden. Ein interdependeter Prozess, bei dem die Einflussnahme des Einzelnen auf das gesamte Geschehen begrenzt bleibt. Träger dieses kollektiven Über-Ichs ist unter anderem der kulturelle Code, welcher in Kanada zB ein anderer ist wie in Deutschland ... Es ist schwer etwas zu lernen im Sinne von Wissen erwerben ohne den kulturellen Code gleich mitgeliefert zu bekommen - mitsamt dem ganzen Rattenschwanz.

Ales imho :2cents: ;)


peace
Take pain as a game.

Re: Das Überich

74
gowiththeflo hat geschrieben: Wenn ich das richtig verstehe, handelt es sich beim Über-Ich um internalisierte Erfahrungen aus diversen Interaktionen, die verdrängt und/oder dissoziiert wurden. Und durch die Dissoziation bzw. Nicht-Differenziertheit bekommen diese Muster erst die Macht, das Handeln des Individuums aus dem Unbewussten zu bewerten und zu steuern. Quasi dissoziierte Selbste, die sich dadurch ernähren, dass sie Energie fressen, welche sie dadurch bekommen, dass man sie mit erheblichem Energieaufwand unterdrückt.
Ja, genau. Wobei ich weniger von Energie "fressen" als von Energie binden sprechen würde. Ein kleiner, aber imho auch feiner Unterschied. :)
gowiththeflo hat geschrieben: Geht Bewusstseinsevolution und inneres Wachstum nicht mit einer Abnahme von Egozentrik einher?
Das ist sicher möglich. Allerdings kann auf dem Weg dahin das Ego auch erstmal Dimensionen annehmen die man vorher für nicht möglich gehalten hat. Siehe den Thread: http://www.pantorise.net/viewtopic.php?f=30&t=498
gowiththeflo hat geschrieben: Überwinden müssen tun wir sie nicht, wir können oder dürfen. Wie gelangt man denn sonst zu einer weltzentrischen, dezentrierten, selbstlosen Haltung, wenn nicht durch Überwindung von Egozentrik?
imho nimmt sie einfach ab - ganz ohne Überwindung. Überwindung setzt ja einen bewussten Impuls voraus.
Mao hat geschrieben: Ein Grund dafür, dass die Strukturen so schwer zu überwinden sind liegt auch darin, dass das Über-Ich nicht nur aus der individuellen Geschichte genährt und am Leben gehalten wird sondern (da es in jedem existiert) auch kollektiv wirkt. Eine gerade schweigende innere Instanz kann durch jemanden, der sein Über-Ich in jemand projeziert, dessen innere Jury gerade ruht, bei diesem(r) wieder reanimiert werden.
Meiner Beobachtung enstehen Projektionen immer in uns und wirken, direkt, auch nur in uns. Das sie natürlich auch wirken, indem unsere Handlungen durch die Projektionen beeinflusst werden, steht ausser Frage. Auf diesem Weg kann eine Handlung sicher die Muster anderer Menschen triggern. Aber darüber hinaus? Hm...
Mao hat geschrieben: Ein interdependeter Prozess, bei dem die Einflussnahme des Einzelnen auf das gesamte Geschehen begrenzt bleibt. Träger dieses kollektiven Über-Ichs ist unter anderem der kulturelle Code, welcher in Kanada zB ein anderer ist wie in Deutschland ... Es ist schwer etwas zu lernen im Sinne von Wissen erwerben ohne den kulturellen Code gleich mitgeliefert zu bekommen - mitsamt dem ganzen Rattenschwanz.
Was unterscheidet gesellschaftliche Bilder von den anderen Bildern, die uns in unserer Kindheit vermittelt wurden und die das Fundament des Über-Ichs darstellen?
happiness is the absence of resistance

Re: Das Überich

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Erraphex hat geschrieben:Was unterscheidet gesellschaftliche Bilder von den anderen Bildern, die uns in unserer Kindheit vermittelt wurden und die das Fundament des Über-Ichs darstellen?
Nungut ... in ihrem Bildcharakter unterscheiden sie sich nicht. Imho ist aber der Ort ihrer ursprünglichen Enstehung ein anderer (nicht die sekundäre in uns als Individuen). Kriege, eine Generation die Hunger leiden musste, eine Fußballweltmeisterschaft, Inzesttabus, Konventionen wie das Verbot körpereigene Gase jederzeit auszustoßen mal als Beispiele... :stumm:
Take pain as a game.

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