Der-Erich-Fromm-Thread

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Da ich gerade "Die Kunst des Liebens" von Erich Fromm lese und sehr begeistert bin, mache ich hier mal einen Thread dazu auf. Nicht unbedingt zu dem einen Buch, aber zu dem einen Mann. Da ich auch schon auf "Haben oder sein"-Leser im Forum gestoßen bin, wollen sie vielleicht ja auch etwas dazu beitragen? Ich würde mich freuen. Wenn sich Diskussionen ergeben sollten, natürlich ebenfalls.

Ich beginne mal mit einer Sammlung an Zitaten, die ich aus einem anderen Thread hierher übernehmen werde...

~~~~~

Die Erfahrung des Abgetrenntseins erregt Angst, ja, sie ist tatsächlich die Quelle aller Angst. Abgetrennt sein heißt, abgeschnitten sein und ohne jede Möglichkeit, die eigenen Kräfte zu nutzen. Daher heißt abgetrennt sein hilflos sein, unfähig sein, die Welt - Dinge wie Menschen - mit eigenen Kräften zu erfassen; es heißt, dass die Welt über mich herfallen kann, ohne, dass ich in der Lage bin, darauf zu reagieren. Daher ist das Abgetrenntsein eine Quelle intensiver Angst. Darüber hinaus erregt es Scham und Schuldgefühle. (...)

Das Bewusstsein der menschlichen Getrenntheit ohne die Wiedervereinigung durch die Liebe ist die Quelle der Scham. Und es ist gleichzeitig die Quelle von Schuldgefühl und Angst.
Das tiefste Bedürfnis des Menschen ist es demnach, seine Abgetrenntheit zu überwinden und aus dem Gefängnis seiner Einsamkeit herauszukommen. Ein absolutes Scheitern bei diesem Versuch führt zum Wahnsinn, weil das panische Entsetzen vor einer völligen Isolation nur dadurch zu überwinden ist, dass man sich so völlig von der Außenwelt zurück zieht, dass das Gefühl des Abgetrenntseins verschwindet, und zwar weil die Außenwelt, von der man abgetrennt ist, verschwunden ist.

Erich Fromm: Die Kunst des Liebens, S. 18/19
(Hervorhebung durch Autor)



Der wichtigste Bereich des Gebens liegt jedoch nicht im Materiellen, sondern im zwischenmenschlichen Bereich. Was gibt ein Mensch dem anderen? Er gibt etwas von sich selbst, vom Kostbarsten, was er besitzt, er gibt etwas von seinem Leben. Das bedeutet nicht unbedingt, dass er sein Leben für den anderen opfert- sondern, dass er ihm etwas von dem gibt, was in ihm lebendig ist; er gibt ihm etwas von seiner Freude, von seinem Interesse, von seinem Verständnis, von seinem Wissen, von seinem Humor, von seiner Traurigkeit - von allem, was in ihm lebendig ist. Indem er dem anderen auf diese Weise etwas von seinem Leben abgibt, bereichert er ihn, steigert er beim anderen das Gefühl des Lebendigseins und verstärkt damit dieses Gefühl des Lebendigseins auch in sich selbst. Er gibt nicht, um zu empfangen; das Geben ist an und für sich eine erlesene Freude. Indem er gibt, kann er nicht umhin, im anderen etwas zum Leben zu erwecken, und dieses zum Leben erweckte strahlt zurück auf ihn; wenn jemand wahrhaft gibt, wird er ganz von selbst etwas zurückempfangen.

(...)

Die Liebe ist aber nicht nur ein Geben, ihr "aktiver" Charakter zeigt sich auch darin, dass sie in allen Formen stets folgende Grundelemente enthält: Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor dem anderen und Erkenntnis.

Erich Fromm: Die Kunst des Liebens, S. 35/36
(Hervorhebung durch Autor)



Dass zur Liebe Fürsorge gehört, zeigt sich am deutlichsten in der Liebe der Mutter zu ihrem Kind. (...) Liebe ist die tätige Sorge für das Leben und das Wachstum dessen, was wir lieben. Wo diese tätige Sorge fehlt, ist auch keine Liebe vorhanden. (...)

Neben der Fürsorge gehört noch ein weiterer Aspekt zur Liebe: das Verantwortungsgefühl. Heute versteht man unter Verantwortungsgefühl häufig "Pflicht", also etwas, das uns von außen auferlegt wird. Aber in seiner wahren Bedeutung ist das Verantwortungsgefühl etwas völlig Freiwilliges; es ist meine Antwort auf die ausgesprochenen oder auch unausgesprochenen Bedürfnisse eines anderen menschlichen Wesens. (...)

Das Verantwortungsgefühl könnte leicht dazu verleiten, den anderen beherrschen und ihn für sich besitzen zu wollen, wenn eine dritte Komponente der Liebe nicht hinzu kommt: Achtung vor dem anderen. Achtung hat nichts mit Furcht und nichts mit Ehrfurcht zu tun: Sie bezeichnet die Fähigkeit, jemanden so zu sehen, wie er ist, und seine einzigartige Individualität wahrzunehmen. Achtung bezieht sich darauf, dass man ein echtes Interesse daran hat, dass der andere wachsen und sich entfalten kann. (...)

Achtung vor einem anderen ist nicht möglich ohne ein wirkliches Kennen des anderen. Fürsorge und Verantwortungsgefühl für einen anderen wären blind, wenn sie nicht von Erkenntnis geleitet würden. Meine Erkenntnis wäre leer, wenn sie nicht von der Fürsorge für den anderen motiviert wäre. Es gibt viele Ebenen der Erkenntnis. Die Erkenntnis, die ein Aspekt der Liebe ist, bleibt nicht an der Oberfläche, sondern dringt zum Kern vor. Sie ist nur möglich, wenn ich mein eigenes Interesse transzendiere und den anderen so sehe, wie er wirklich ist. (...)

Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung und Erkenntnis stehen miteinander in engem Zusammenhang. Sie bilden ein Syndrom der Einstellungen, die beim reifen Menschen zu finden sind, das heißt bei einem Menschen, der seine eigenen Kräfte produktiv entwickelt hat, der seine narzisstischen Träume von Allwissenheit und Allmacht aufgegeben und die Demut erworben hat, die auf einer inneren Stärke beruht, wie sie nur echtes produktives Tätigsein geben kann.

Erich Fromm - Die Kunst des Liebens, S. 37-43
Hervorhebung durch Autor


*Nachtrag*
Alle Seitenangaben der Zitate von mir beziehen sich auf die Ausgabe von 1980
Zuletzt geändert von Sonntagskind am 31. August 2014, 18:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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Fromm über "Erotische Liebe"

(...)
Damit es sich um echte Liebe handelt, muss die erotische Liebe einer Voraussetzung genügen: Ich muss aus meinem innersten Wesen heraus lieben und den anderen im innersten Wesen seines Seins erfahren. Ihrem Wesen nach sind alle Menschen gleich. Wir alle sind Teil des Einen; wir alle sind das Eine. Deshalb sollte es eigentlich keinen Unterschied machen, wen ich liebe. Die Liebe sollte im wesentlichen ein Akt des Willens, des Entschlusses sein, mein Leben völlig an das einen anderen Menschen zu binden. Tatsächlich steht diese Vorstellung hinter der Idee von der Unauflöslichkeit der Ehe, wie auch hinter den vielen Formen der traditionellen Ehe, wo die beiden Partner sich nicht selbst wählen, sondern füreinander ausgesucht werden - und wo man trotzdem von ihnen erwartet, dass sie einander lieben.

In unserer gegenwärtigen westlichen Kultur scheint uns diese Idee völlig abwegig. Wir halten die Liebe für das Resultat einer spontanen emotionalen Reaktion, in der wir plötzlich von einem unwiderstehlichen Gefühl erfasst werden. Bei dieser Auffassung berücksichtigt man nur die Besonderheiten der beiden Betroffenen und nicht die Tatsache, dass alle Männer ein Teil Adams und alle Frauen ein Teil Evas sind.

Man übersieht einen wesentlichen Faktor der erotischen Liebe - den Willen. Jemanden zu lieben, ist nicht nur ein starkes Gefühl, es ist auch eine Entscheidung, ein Urteil, ein Versprechen. Wäre die Liebe nur ein Gefühl, so könnte sie nicht die Grundlage für das Versprechen sein, sich für immer zu lieben. Ein Gefühl kommt und kann auch wieder verschwinden. Wie kann ich behaupten, die Liebe werde ewig dauern, wenn nicht mein Urteilsvermögen und meine Entschlusskraft beteiligt sind?

Von diesem Standpunkt aus könnte man die Meinung vertreten, Liebe sei ausschließlich ein Akt der willensmäßigen Bindung an einen anderen, und es komme daher im Grunde nicht darauf an, wer die beiden Personen seien. Ob die Ehe von anderen arrangiert wurde oder das Ergebnis einer individuellen Wahl war: nachdem sie einmal geschlossen ist, sollte dieser Akt den Fortbestand der Liebe garantieren.

Diese Auffassung übersieht jedoch ganz offensichtlich die paradoxe Eigenschaft der menschlichen Natur und der erotischen Liebe. Wir sind alle eins - und trotzdem ist jeder von uns ein einzigartiges, nicht wiederholbares Wesen. In unserer Beziehung zu anderen wiederholt sich das gleiche Paradoxon. Insofern wir alle eins sins, können wir jeden auf die gleiche Weise im Sinne der Nächstenliebe lieben. Aber insofern wir auch alle voneinander verschieden sind, setzt die erotische Liebe gewisse spezifische, höchst individuelle Elemente voraus, wie sie nur zwischen gewissen Menschen und keineswegs zwischen allen zu finden sind.

So sind beide Auffassungen richtig, die Ansicht, dass die erotische Liebe eine völlig individuelle Anziehung, etwas Einzigartiges zwischen zwei bestimmten Personen ist, wie auch die andere Meinung, dass sie nichts ist als ein reiner Willensakt. Vielleicht sollte man besser sagen, dass die Wahrheit weder in der einen noch in der anderen Auffassung zu finden ist. Daher ist auch die Idee, man könne eine Verbindung ohne weiteres wieder lösen, wenn sie sich als nicht erfolgreich herausstellt, ebenso irrig wie die Ansicht, dass man eine Verbindung unter keine Umständen wieder lösen dürfe.

Erich Fromm - Die Kunst des Liebens, S. 67-69

:herzen:

Hätte er jetzt die Anziehung mit dem Willensakt bzw. Entschlussfreude/-fähigkeit kombiniert, dann wäre er bei meiner Vorstellung gelandet. Unfassbar schön, diese Herleitung, wie ich finde.
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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Sonntagskind hat geschrieben:Fromm über "Erotische Liebe"
Wir halten die Liebe für das Resultat einer spontanen emotionalen Reaktion, in der wir plötzlich von einem unwiderstehlichen Gefühl erfasst werden. Bei dieser Auffassung berücksichtigt man nur die Besonderheiten der beiden Betroffenen und nicht die Tatsache, dass alle Männer ein Teil Adams und alle Frauen ein Teil Evas sind.
? versteh ich nicht, den Bezug zu Adam und Eva. /edit: aha, gefunden: "was nicht zusteht, ist reizvoll" - aber auch "männlicher und weiblicher Pol" ?

Da er die beiden aber erwähnt, bringt mich das auf die Frage, wie Fromm zu gleichgeschlechtigen Lebensformen stand?

hab die Tage ein bisschen hier: http://www.fromm-gesellschaft.eu gelesen;

Sonntagskind, versteh ich den Fromm bisher soweit richtig:

- das Kind wird durch die Familie geprägt
- gesellschaftliche Normative spiegeln sich in der Familie wieder, die dann das Kind prägt
- Gesellschaftsmitglieder "sollen wollen, was sie müssen"
- "freudsche" angeborene Triebe gibt es nicht (oder viel schwächer ausgeprägt), letztendlich entstehen diese durch die Prägung und sind bestenfalls produktiv für die Gesellschaft
- "krank" wäre jemand dann, wenn er sich nicht gesellschaftskonform verhält, oder das nicht will
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)

Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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n19 hat geschrieben: ? versteh ich nicht, den Bezug zu Adam und Eva. /edit: aha, gefunden: "was nicht zusteht, ist reizvoll" - aber auch "männlicher und weiblicher Pol" ?
Kannst du dann bitte nochmal den gesamten Kontext quoten?
Ich kann diese beiden Sätze irgendwie mal so gar nicht zuordnen.

n19 hat geschrieben:Da er die beiden aber erwähnt, bringt mich das auf die Frage, wie Fromm zu gleichgeschlechtigen Lebensformen stand?
Eine sehr gute Frage, die ich mir noch nicht gestellt habe. :)
Wenn du was dazu gelesen hast, kannst du das dann vielleicht hier schreiben, unter Angabe der Quelle?!
Das wäre super!

n19 hat geschrieben:Sonntagskind, versteh ich den Fromm bisher soweit richtig:

- das Kind wird durch die Familie geprägt
- gesellschaftliche Normative spiegeln sich in der Familie wieder, die dann das Kind prägt
- Gesellschaftsmitglieder "sollen wollen, was sie müssen"
- "freudsche" angeborene Triebe gibt es nicht (oder viel schwächer ausgeprägt), letztendlich entstehen diese durch die Prägung und sind bestenfalls produktiv für die Gesellschaft
- "krank" wäre jemand dann, wenn er sich nicht gesellschaftskonform verhält, oder das nicht will
Beziehst du dich mit deinen Fragen auf den von dir genannten Link oder meine Zitate?
Die Verwirrung will bei mir gerade nicht aufhören. :)
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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Die Stichpunkte:
bislang mein Verständnis von seinem Modell/Denken, das bezieht sich aufs Gesamtwerk von Fromm. Dazu hätt ich gerne pro Stichpunkt ein Feedback: hab ich ihn soweit richtig oder falsch verstanden.


Adam und Eva: siehe Dein 2. Posting, 2. Absatz:
..
Wir halten die Liebe für das Resultat einer spontanen emotionalen Reaktion, in der wir plötzlich von einem unwiderstehlichen Gefühl erfasst werden. Bei dieser Auffassung berücksichtigt man nur die Besonderheiten der beiden Betroffenen und nicht die Tatsache, dass alle Männer ein Teil Adams und alle Frauen ein Teil Evas sind.
..
Was will er mit Adam und Eva sagen?
- das könnte sein "Adam und Eva" als Symbol der Versuchung, etwas zu tun, oder sich an etwas unproduktiv zu bereichern, was einem nicht zusteht. Das könnte ein Symbol für den verbotenen Apfel sein, in dem Kontext des Textes der Wunsch nach Ehebruch
- das könnte aber auch ein Symbol sein für ein Paar - männlich und weiblich, (also so, wie von Gott vorgesehen - wenn man das religiöse Familienbild dieser Zeit in den Frommschen Gedankengängen unterstellt. d.h. Liebe bzw. Paar nur m/w-möglich?

wie ist diese Passage zu interpretieren? Das fnde ich wesentlich, gerade wg. dem religiösen Bild. Diese Frage bezieht sich nur auf Deine Fromm-Quotes, vielleicht erst mal das klären, dann das Ding mit der Frommschen-Homophobie ja/nein, dann die Stichpunkte :D
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

6
n19 hat geschrieben:Die Stichpunkte:
bislang mein Verständnis von seinem Modell/Denken, das bezieht sich aufs Gesamtwerk von Fromm. Dazu hätt ich gerne pro Stichpunkt ein Feedback: hab ich ihn soweit richtig oder falsch verstanden.
:lol:

Im Gegensatz zu anscheinend dir stecke ich noch in den Kinderschuhen mit der Beschäftigung mit Fromm. :) Daher finde ich es zwar sehr schön, wenn wir hier ins Diskutieren kommen, aber ich kann nur darüber reden, was ich bislang von ihm gelesen habe: Die Kunst des Liebens, etwa 2/3 davon. ;) Von seinem Gesamtwerk bin ich etwa noch so ca. 15-20 (oder doch 30?) Bücher entfernt, aber habe mir mein nächstes Buch von ihm bereits ausgesucht, es hat mich einfach angesprungen:
http://www.amazon.de/Authentisch-leben- ... 3451056917

Danach kann ich zu deinen Fragen vielleicht auch meinen Senf abgeben.
Aber vielleicht klinken sich noch ein paar ein hier? :)
n19 hat geschrieben:Adam und Eva: siehe Dein 2. Posting, 2. Absatz:
..
Wir halten die Liebe für das Resultat einer spontanen emotionalen Reaktion, in der wir plötzlich von einem unwiderstehlichen Gefühl erfasst werden. Bei dieser Auffassung berücksichtigt man nur die Besonderheiten der beiden Betroffenen und nicht die Tatsache, dass alle Männer ein Teil Adams und alle Frauen ein Teil Evas sind.
..
Was will er mit Adam und Eva sagen?
- das könnte sein "Adam und Eva" als Symbol der Versuchung, etwas zu tun, oder sich an etwas unproduktiv zu bereichern, was einem nicht zusteht. Das könnte ein Symbol für den verbotenen Apfel sein, in dem Kontext des Textes der Wunsch nach Ehebruch
- das könnte aber auch ein Symbol sein für ein Paar - männlich und weiblich, (also so, wie von Gott vorgesehen - wenn man das religiöse Familienbild dieser Zeit in den Frommschen Gedankengängen unterstellt. d.h. Liebe bzw. Paar nur m/w-möglich?

wie ist diese Passage zu interpretieren? Das fnde ich wesentlich, gerade wg. dem religiösen Bild. Diese Frage bezieht sich nur auf Deine Fromm-Quotes, vielleicht erst mal das klären, dann das Ding mit der Frommschen-Homophobie ja/nein, dann die Stichpunkte :D
Meine Interpretation: Eva steht für alles Weibliche und Adam für alles Männliche.
Daraus folgt für mich: Obwohl jeder Mensch einzig ist in seinem Wesen ("Bei dieser Auffassung berücksichtigt man nur die Besonderheiten der beiden Betroffenen"), sind doch alle Frauen Eva und alle Männer Adam aka eben gar nicht sooo besonders ("nicht die Tatsache, dass alle Männer ein Teil Adams und alle Frauen ein Teil Evas sind").

Mehr lese ich da nicht. ;)
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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Welche Bücher hast du denn zuhause von ihm? Sowas sagtest du doch neulich im OT, oder? :)
n19 hat geschrieben:hier noch was http://www.fromm-gesellschaft.eu/index. ... ileId=7944 "Die Kunst des Liebens: Aus der Sicht eines systemischen Paartherapeuten".
:lol:
Das ist doch nicht ein systemischer Paartherpeut, das ist Hans Jellouscheck!
Schöner Text, muss ich morgen fertig lesen.

Daraus:

"Wenn man von Beziehungsarbeit spricht, stößt man neuerdings auf kein gutes Echo. Vor kurzem war ich zu einer Fernseh-Talkshow als Experte geladen. Es ging um das Thema Von der Leidenschaft zur Liebe. Einer der Talk-Gäste war ein bekannter Fernsehmoderator. Als der Begriff Beziehungsarbeit fiel, goss er darüber seine ganze Häme aus. Den Deutschen würde alles zur Arbeit geraten, auch die schönsten und angenehmsten Dinge des Lebens. Fromms Anliegen in diesem Punkt ist also in unserer „Spaßgesellschaft“ durchaus aktuell.
Ein neuerdings sehr berühmt gewordener amerikanischer Paarforscher, John Gottman, sagt dazu, dass es seine Erfahrung aus vielen tausend Paar-Interviews sei, dass eine Liebesbeziehung, für die die Partner nicht explizit und bewusst etwas tun, von selber schlechter wird. Ich erlebe in meiner Arbeit, dass vor allem Männern häufig das Bewusstsein fehlt, dass die Liebe eine Kunst ist, die man erlernen und üben muss. Sie leben nach dem Modell: sich im Beruf verausgaben, zuhause auftanken. Die Tankstelle soll dann die Frau sein. Das ist ein ganz und gar passives Liebesverständnis, gegen das Fromm in seinem Buch immer wieder zu Felde zieht Und die heutigen Frauen akzeptieren dieses Modell auch nicht mehr, sie fügen sich nicht mehr in die Rolle der Tankstelle, was dann häufig das Ende der Beziehung einläutet. Die Frauen sind es ja, die heute zu einem weitaus höheren Prozentsatz als die Männer die Ehe beenden - und meist hat der Scheidungswunsch mit diesem passiven Liebesmodell der Männer zu tun.
Fromm bringt demgegenüber zum Bewusstsein: Liebe ist nicht etwas, das passiert und dann ein für allemal da ist, sondern Liebe erfordert die Aktivität und Produktivität des ganzen Menschen. Sein persönliches Leben ist ein eindrucksvolles Zeugnis davon: Seine zweite Frau Henny begleitete er in ihrer Krankheit hingebungsvoll über mehrere Jahre, und seiner dritten Frau Annis gegenüber war es ihm ein Bedürfnis, ihr ständig kleine Beweise seiner Liebe zukommen zu lassen, zum Beispiel kleine Zettel mit Liebeserklärungen zu hinterlassen, bevor er an seine Arbeit ging. Rainer Funk hat das in seiner Fromm-Biografie in berührender Weise dokumentiert."

Fromm & Jellouscheck, ein Traumgespann. :2daumen:
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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weiss ich doch nicht wer das ist, bin IT- und nicht psycho-Klempner. In der Gesamtliste http://www.fromm-gesellschaft.eu/index. ... eiensuche1 heisst es im Titel zu dem pdf: "aus der Sicht eines systemischen.." :) Diese Liste jedenfall ist klasse um einen Überblick zu bekommen, auch zum Bruch Fromm mit Horkheimer (nach Auftauchen von Adorno) findet man da was; genauso, wie sehr er (Fromm) sich wohl über Marcuse aufgeregt hat. :D

Im Regal bei mir steht "Haben oder Sein", ich glaub das war 1/2 Jahr Thema im Philosophie, durch das Buch muss wohl jeder durch, hab mich danach aber nicht mehr mit Fromm beschäftigt, die Physikphilosophen find ich persönlich interessanter. Ich bin mir nicht hundertpro sicher, meine aber, ich hab oder hatte noch Begleitmaterial zu Hanna Arendt, eben diesen Briefwechsel mit Fromm. Von ihr finde ich jetzt im Chaos bei mir aber nur "Macht und Gewalt", und da steht Fromm nichtmal im Register. (Ich kenn so einen Philofreak, der mir nach jedem Besuch ne Tasche Bücher mitgibt, die ich lesen soll.. was ich dann aber nur halbherzig mache - und ihm die Bücher beim nächsten Besuch dann wieder mitbringe zwecks Umtausch). Wie im OT ja angedeutet, kommt mir der Fromm etwas zu theoretisch und auch dogmatisch daher, zu sehr gefangen in seinen Moral- u. Religionsvorstellungen, speziell beim Thema Eros brennen ihm ja schnell die Sicherungen durch (s. Streit mit Marcuse), wie ich heute gelesen hab. Ist jedenfalls sehr interessant die Dame/n u. Herren dieser Zeit mal näher aufzuarbeiten :bow:
Zuletzt geändert von n19 am 27. August 2014, 11:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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Ich bin in direkter Nachbarschaft zum Erich-Fromm Archiv aufgewachsen.
Einer meiner ersten Wixkumpanen ist der Sohn von Rainer Funk :D
Wir sind dann auch als Kinder immer im Archiv rumgekrachselt, was den Herren Archivar eher minder erfreut hat....
There are, strictly speaking, no enlightened people, there is only enlightened activity. - Shunryu Suzuki Roshi

Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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n19 hat geschrieben:weiss ich doch nicht wer das ist, bin IT- und nicht psycho-Klempner.
Schlechteste Ausrede ever. :lol:
Aber da du offenbar neu im Forum bist: Willkommen n19 und viel Spaß hier beim Umschauen. :* :D
Tatsächlich ist der Name "Jellouscheck" hier im Forum laut SuFu nicht gefallen, das muss ich dir zugestehen ;), aber wenn du sie bemühst mit dem Stichwort "Froschkönig" kommst du bei ihm letztlich raus. Sagen wir, er ist kein unbeschriebenes Blatt. Und es hilft manchmal Menschen, die sich mit dem Führen von Beziehungen beschäftigen, sich mit Jellouscheck zu beschäftigen. ;)

Ich hab schon gemerkt, dass du sehr vieles, was Fromm hinsichtlich Gott und Bibelbezügen schreibt, wörtlich nimmst. Ich sehe hier vielmehr die Symbolik in seinen Worten, von daher berührt mich die Religionsthematik kaum - wobei, im Gegenteil, gleich zu Anfang des Buchs hat er eine so interessante Interpretation von "Jona und der Wal" abgeliefert, dass ich dachte: Geiler Scheiß, solche hintergründigen Geschichten stehen in der Bibel? Das Buch sollte ich mal lesen. Genial!
Ganz ernsthaft. Gerade gestern Abend habe ich erneut etwas zu seinem Gottesbild im Buch gelesen, evtl. werde ich später ein Zitat zu reinsetzen (bekommt aber ein eigenes Posting). So, wie ich seine Vorstellungen bzgl. Religion lese, finde ich sie fast schon fortschrittlich für 1956.
Psychedelicious hat geschrieben:Ich bin in direkter Nachbarschaft zum Erich-Fromm Archiv aufgewachsen.
Einer meiner ersten Wixkumpanen ist der Sohn von Rainer Funk :D
Wir sind dann auch als Kinder immer im Archiv rumgekrachselt, was den Herren Archivar eher minder erfreut hat....
:lol: :2daumen:
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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Muss erst noch was dazwischen schieben. Der Gott-Text, den ich meinte, geht über etwa 2 Seiten, vielleicht sogar mehr.

Fromm über "Selbstliebe"

"Liebe ist grundsätzlich unteilbar; man kann die Liebe zu anderen Liebes-"Objekten" nicht von der Liebe zum eigenen Selbst trennen. Echte Liebe ist Ausdruck inneren Produktivseins und impliziert Fürsorge, Achtung, Verantwortungsgefühl und "Erkenntnis". Sie ist kein "Affekt" in dem Sinn, dass ein anderer auf uns einwirkt, sondern sie ist ein tätiges Bestreben, das Wachstum und das Glück der geliebten Person zu fördern. Dieses Streben aber wurzelt in unserer eigenen Liebesfähigkeit.

Einen anderen lieben bedeutet eine Aktualisierung und ein Konzentrieren der Liebesfähigkeit. Die grundsätzliche in der Liebe enthaltene Bejahung richtet sich auf die geliebte Person als der Verkörperung von Eigenschaften, die zum Wesen des Menschen gehören. Einen Menschen lieben heißt alle Menschen als solche lieben. Jene "Arbeitsteilung", von der William James spricht, bei der man die eigene Familie liebt, aber kein Gefühl für den "Fremden" hat, ist ein Zeichen dafür, dass man im Grunde zur Liebe nicht fähig ist. Liebe zum Menschen ist nicht, wie häufig angenommen, eine Abstraktion, die auf die Liebe zu einer bestimmten Person folgt, sie geht ihr vielmehr voraus. Genetisch gesehen wird die Liebe zum Menschen überhaupt dadurch erworben, dass man bestimmte Individuen liebt.

Hieraus folgt, dass mein eigenes Selbst ebenso sehr Objekt meiner Liebe sein muss wie ein anderer Mensch. Die Bejahung des eigenen Lebens, des eigenen Glücks und Wachstums und der eigenen Freiheit ist in der Liebesfähigkeit eines jeden verwurzelt, das heißt in seiner Fürsorge, seiner Achtung, seinem Verantwortungsgefühl und seiner "Erkenntnis". Wenn ein Mensch fähig ist, produktiv zu lieben, dann liebt er auch sich selbst; wenn er nur andere lieben kann, dann kann er überhaupt nicht lieben.

Wenn wir annehmen, dass die Liebe zu uns selbst und zu anderen grundsätzlich miteinander zusammenhängen, wie ist dann die Selbstsucht zu erklären, die doch offensichtlich jedes echte Interesse an anderen ausschließt? Der Selbstsüchtige interessiert sich nur für sich selbst, er will alles für sich, er hat keine Freude am Geben, sondern nur am Nehmen. Die Außenwelt interessiert ihn nur insofern, als er etwas für sich herausholen kann. Die Bedürfnisse anderer interessieren ihn nicht, und er hat keine Achtung vor ihrer Würde und Integrität. Er kann nur sich selbst sehen; einen jeden und alles beurteilt er nur nach dem Nutzen, den er davon hat. Er ist grundsätzlich unfähig zu lieben. Beweist das nicht, dass das Interesse an anderen und das Interesse an sich selbst unvereinbar sind? Das wäre so, wenn Selbstsucht dasselbe wäre wie Selbstliebe. Aber diese Annahme ist eben der Irrtum, der bei unserem Problem schon zu so vielen Fehlschlüssen geführt hat. Selbstsucht und Selbstliebe sind keineswegs identisch, sondern in Wirklichkeit Gegensätze. Der Selbstsüchtige liebt nicht zu viel, sondern zu wenig; tatsächlich hasst er sich. Dieser Mangel an Freude über sich selbst und an liebevollem Interesse an der eigenen Person, der nichts anderes ist als der Ausdrzuck einer mangelnden Produktivität, gibt ihm ein Gefühl der Leere und Enttäuschung. Er kann deshalb nur unglücklich und eifrig darauf bedacht sein, dem Leben die Befriedigung gewaltsam zu entreißen, die er sich selbst verbaut hat. Er scheint zu sehr um sich besorgt, aber in Wirklichkeit unternimmt er nur den vergeblichen Versuch, zu vertuschen und zu kompensieren, dass es ihm nicht gelingt, sein wahres Selbst zu lieben.
Freud steht auf dem Standpunkt, der Selbstsüchtige sei narzisstisch und habe seine Liebe gleichsam von anderen abgezogen und auf die eigene Person übertragen. Es stimmt zwar, dass selbstsüchtige Menschen unfähig sind, andere zu lieben, aber sie sind auch nicht fähig, sich selbst zu lieben.

Erich Fromm - Die Kunst des Liebes, S. 71-73
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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hast Du das Buch jetzt ausgelesen?

Hier eine Fromm-Biografie: http://www.fromm-gesellschaft.eu/index. ... ileId=8400

erklärt evtl. sein -für mich- seltsames Bild von Mutter und Vater.. dass die Liebe von der Mutter gelehrt wird, vom Vater aber die Ordnung, etc. - ich kann das einfach nicht nachvollziehen. Das hab ich so nie erfahren und nie gelebt. Auch keine Strenge oder sowas; die ganze antiautoritäre Generation tickt doch anders als Fromm sich ausmalen konnte. Da erhebt er imo seine eigene Erfahrungen zum Postulat - was dann aber Fundement der weiteren Lehre wird; oder es war damals so. k.a. Mit der Bestimmtheit, wie er das schreibt - da komm ich nicht mit mit klar. Einfach mal behaupten: die Mutter blabla.. ohne Beweis, ohne Herleitung - no go. Auch seine empirisch/klinische Erfahrung berechtigt ihn imo nicht, das quasi ins zeitlose zu verallgemeinern. In Deinem Buch müsste auch irgendwo eine Stelle kommen, wo er sogar(!) zu dem Schluss kommt: die wahre Liebes-Beziehung ist eben nicht von spontan-erotischen Ausbrüchen geprägt. k.a. was der Typ für ein Problem hatte - grosser Denker: ja. Aber in Fragen Liebe etc.: ich glaub nicht so der Praktiker. Man sagt ja: wer monogam lebt, tut dies evtl. nicht aus Überzeugung - sondern mangels Gelegenheiten. :pfeif: Werde da biographisch bei Zeiten weiterforschen.. was ihn geritten hat, lol, oder ich das falsch sehe. ;)

Kannst Du mal gucken, ob das in Deiner Ausgabe auch so (noch) steht:
"Die homosexuelle Abweichung von der Norm entsteht dadurch, daß diese polarisierte Vereinigung nicht zustande kommt und daß der Homosexuelle hierdurch unter dem Schmerz der nicht aufgehobenen Getrenntheit leidet, wobei es sich im übrigen um ein Unvermögen handelt, das er mit dem durchschnittlich heterosexuell Veranlagten, der nicht lieben kann, teilt."[S.57f
Fromm, Erich: Die Kunst des Liebens. Frankfurt/M 1994.

Nun triffts mich nicht, aber ich finds strange. Kommt mir so vor, als würde alles, was seiner Moral nicht entspricht, abwerten.

Nicht falsch verstehen: Fromm ist imo ein grosser Denker gewesen und auch ein sympathischer Typ. Sein politisches Engagement, seine Weitsicht, etc. etc. - grandios; ich will da garnicht kritisieren oder gegenan stinken. Ob seine Schlüsse speziell in diesem Buch aber der -heutigen- Realität entsprechen, und das als, wie sagt man.."Werkzeug" bei der Arbeit mit Menschen, 100% tauglich ist, das wag ich zu bezweifeln. Mir als ITler ja egal, aber Sonntagskind - keep care vor so religiös geprägten Leuten lol.

Nochmal zu dem Adam-Eva-Bild aus Deinem Quote: bei ihm muss man imo jedes Wort umdrehen, da steht nichts einfach so oder aus Zufall. Mittlerweile glaub ich: er meint damit: als Kinder Adams und Evas haben wir immer die Wahl: der Versuchung zu erliegen - und verbotenes zu tun; oder mit dem Gegebenen zufrieden zu sein. Ist imo aber nicht richtig, für micht sind Leute vorstellbar, die keine Freiheit mehr über ihre (destruktiven) Entscheidungen mehr haben. Umgang mit Suchtverhalten wäre da bei Fromm mal näher zu untersuchen :D

/edit: seit gestern bin ich besonders skeptisch - man muss ja *jetzt* davon ausgehen, das Psychedelicious beim toben im Archiv Seiten rausgerissen, vertauscht oder umgeschrieben hat :lol: :wink:
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Re: Der-Erich-Fromm-Thread

14
:rofl:

Bitte, lies doch mal mindestens ein Buch (nochmal) von Fromm. Ob das deins ist, das im Regal steht, oder "Die Kunst des Liebens" oder whatever. Ich kann echt nicht nachvollziehen, wieso du dich mit Sekundärliteratur zufrieden gibst, wenn du doch die Möglichkeit hast, das/ein Buch in die Hand zu nehmen und darin zu lesen. Seine eigenen Worte und dann deine Gedanken dazu.
n19 hat geschrieben:hast Du das Buch jetzt ausgelesen?
Nein, ganz im Gegenteil. :blacklol:
Nachdem ich schon bei Seite paar 80 war, habe ich gemerkt, dass ich dieses Buch echt nicht vorm Schlafen gehen lesen kann, weil ich nicht mehr wach genug bin, mir um die gelesenen Worte Gedanken zu machen. Daher hab ich nochmal bei 50 begonnen. Muss ich tagsüber lesen.

Btw: Warum die SuFu nichts zu Jellouschek ausgespuckt hat, weiß ich nun auch: Ich hatte ihn falsch geschrieben und noch ein "c" hinzugefügt. :D
erklärt evtl. sein -für mich- seltsames Bild von Mutter und Vater.. dass die Liebe von der Mutter gelehrt wird, vom Vater aber die Ordnung, etc. - ich kann das einfach nicht nachvollziehen. Das hab ich so nie erfahren und nie gelebt.
Quelle? Primär- oder Sekundärliteratur? Und ja, IMO ist das nicht unwichtig!

Ich kann absolut nachvollziehen, wie er darauf kommt und er leitet es in "Die Kunst des Liebens" über Seiten her. Was nicht zwangsläufig bedeutet, dass ich es auch so erfahren habe. ;) Er zielt damit übrigens viel mehr auf die Gegensätze matriarchalische <-> patriarchalische Gesellschaften ab.
Also sollte ich wohl auch noch diese Passage mal abtippen...^ ^ Mal sehen.
die ganze antiautoritäre Generation tickt doch anders als Fromm sich ausmalen konnte.
Ich selbst kenne niemanden, der einer "antiautoritären Generation" entspringt, wenn du damit meinst, eine antiautoritäre Erziehung "genossen" zu haben. Erzähl doch mal... :)
In Deinem Buch müsste auch irgendwo eine Stelle kommen, wo er sogar(!) zu dem Schluss kommt: die wahre Liebes-Beziehung ist eben nicht von spontan-erotischen Ausbrüchen geprägt. k.a. was der Typ für ein Problem hatte
Möglich, dass diese/eine ähnliche Stelle noch kommt - ich aber würde sagen, ich habe genau dazu ein Quote verfasst, das oben steht. ;)
Kannst Du mal gucken, ob das in Deiner Ausgabe auch so (noch) steht:
"Die homosexuelle Abweichung von der Norm entsteht dadurch, daß diese polarisierte Vereinigung nicht zustande kommt und daß der Homosexuelle hierdurch unter dem Schmerz der nicht aufgehobenen Getrenntheit leidet, wobei es sich im übrigen um ein Unvermögen handelt, das er mit dem durchschnittlich heterosexuell Veranlagten, der nicht lieben kann, teilt."[S.57f
Fromm, Erich: Die Kunst des Liebens. Frankfurt/M 1994.
Hab die Stelle mal gerade aufgeschlagen, ist wohl 'ne andere Ausgabe. Mein Buch hab ich für 4 Euro neulich im Antiquariat erstanden und es ist die Ausgabe von 1980, seinem Todesjahr. Ich werd die umstehenden Passagen nochmal lesen, aber würde mich nun wirklich sehr wundern, wenn ich das Wort "Homosexualität" bislang überlesen hätte; mir ist es jedenfalls nicht aufgefallen.
*edit*: Ich hab nochmal S. 53 - 67 gelesen und nichts finden können. Bitte schreib doch mal ein paar weitere Sätze dazu, am besten einen ganzen Abschnitt.
Nun triffts mich nicht, aber ich finds strange. Kommt mir so vor, als würde alles, was seiner Moral nicht entspricht, abwerten.

Nicht falsch verstehen: Fromm ist imo ein grosser Denker gewesen und auch ein sympathischer Typ. Sein politisches Engagement, seine Weitsicht, etc. etc. - grandios; ich will da garnicht kritisieren oder gegenan stinken. Ob seine Schlüsse speziell in diesem Buch aber der -heutigen- Realität entsprechen, und das als, wie sagt man.."Werkzeug" bei der Arbeit mit Menschen, 100% tauglich ist, das wag ich zu bezweifeln. Mir als ITler ja egal, aber Sonntagskind - keep care vor so religiös geprägten Leuten lol.
Deine Zweifel, Skepsis und vor allem Sorge um mich ( :D ) in Ehren, aber ich lese den Fromm ganz offensichtlich anders als du. Mag aber auch daran liegen, dass ich seine Worte lese und du zunächst mal die Interpretation seiner Worte durch jemand anderen! Selbst, wenn wir beide dasselbe Buch lesen würden, glaube ich nicht, dass wir dasselbe lesen würden. Sehe ich an deinem Adam-Eva-Zitat-Problem. :blacklol: Das schlechteste, was man IMO machen kann, ist:
Nochmal zu dem Adam-Eva-Bild aus Deinem Quote: bei ihm muss man imo jedes Wort umdrehen, da steht nichts einfach so oder aus Zufall. Mittlerweile glaub ich: er meint damit: als Kinder Adams und Evas haben wir immer die Wahl: der Versuchung zu erliegen - und verbotenes zu tun; oder mit dem Gegebenen zufrieden zu sein.
:lol: Deine Herleitung klingt für mich ganz arg aus der Luft gegriffen.
Ist imo aber nicht richtig, für micht sind Leute vorstellbar, die keine Freiheit mehr über ihre (destruktiven) Entscheidungen mehr haben. Umgang mit Suchtverhalten wäre da bei Fromm mal näher zu untersuchen :D
Ich finde deine hochmotivierte Auseinandersetzung mit Fromm genauso hochspannend wie unseren Austausch hier, n19. Dennoch - und ich weiß, ich wiederhole mich- hilft es immer, die eigenen Worte des Autors zu lesen und nicht Interpretationen anderer...
~~ courage ~ compassion ~ connection ~~
~~ ~~ ~~ ~~ vulnerability ~~ ~~ ~~ ~~

~~ ~~ ~~ ~~ Γνῶθι σεαυτόν ~~ ~~ ~~ ~~

Re: Der-Erich-Fromm-Thread

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spannend und spassig ist das allemal, thx Sonntagskind. Überschätze aber nicht die Zeit, die ich damit verbringe. ;)

Dass ich lieber auf zusammenfassende Sekundärlitaratur zurückgreife, heisst nicht, dass ich das Buch nicht habe :D als Ebook liegts mir vor, und auch in der Sekundärliteratur stehen viele ausführliche Zitate. Das im Original zu lesen ist sicher der beste Weg, aber dazu fehlt mir sowohl die Zeit als auch die Lust. Wirklich schade, dass hier keine weiteren Fromm-Freaks was posten.

k.a. wie der Anhang jetzt dargestellt wird - zum abtippen hab ich keine Lust und kopieren geht aus dem pdf leider nicht -

aber es sind so Stellen wie im Screenshot, mit denen ich nicht klarkomme. "Vaterliebe ist bedingte Liebe". Da fehlt mir einfach die Erklärung, der Beweis und auch die eigene und fremde Lebenserfahrung; ich kanns einfach nicht bestätigen. Da frag ich mich: mit welchem Recht postuliert er so bestimmt seine Thesen? Auf welcher Grundlage beruht die Aussage? Imo kann das nur aus seiner eigener Erfahrung kommen (bitte zieh Dir mal die Biographie rein, aus meinem letzten Post), oder er hat es sich einfach so mal ausgedacht, und das verdirbt mir ein bisschen den Spass, weil ich Aussagen in dieser Form nicht nachvollziehen kann, -das ist Bullshit aus heutiger Sicht, und mit Sicherheit auch zu seiner Zeit - und davor, sicher auch. So ein Statement in die Welt zu posten ist einfach nur anmaßend (wie andere auch). Was die Fromm-Gesellschaft niemal formulieren würde, mach ich jetzt: "Fromm war -auch bzw. teilweise- Opfer seiner eigenen Biographie!"

Persönlich kann ich anmerken: "lange bevor ich überhaupt wusste, dass ich jemals Vater werde (also im Alter von 14 aufwärts setzte das schon ein) - hab ich meine zukünftigen Kinder, egal welchen Geschlechts, schon bedingunslos geliebt. Und unterstell das auch meinen Eltern. Damit ist seine -Fromms- These schon widerlegt, und alles weitere, was darauf aufsetzt - fragwürdig. Und sowas taucht bei ihm wie ein Naturgesetzt einfach auf. Immer wieder - sofern es Familie, Partnerschaft und Sexualität betrifft. (Bei anderen Themen: ganz grosse Klasse, *Kniefall vor Fromm* Medienkritik z.B.)

Dazu kommt, das er ein Revisionist war (nicht negativ gemeint), und sich konsequent auch selber revidiert hat. Im Alter von 70 Jahren noch. Jetzt lieste ein Buch von ihm, lässt Dich darauf ein, schlimmstenfalls verfasste noch eine Doktorarbeit darüber - und ein bisschen später sagt er dann: äh, sry, war doch nicht richtig, oder anders gemeint. :doh: Ist natürlich sein gutes Recht was zu ändern, aber für den Leser, der bibliograpisch aufsteigend arbeitet - anstrengend :lol:

Nach meinen Recherchen gab es eine 10 (in Worten: zehn) bändige Gesamtausgabe. Irgendwann wurde die überarbeitet und um 2 Bände erweitert, die neuen 2 Bände revidieren dann -in Teilaspekten- die alte Ausgabe. wtf. (edit: das kann natürlich auch der "Verdienst" von Psychedelicious sein - solange Du Dich dazu nicht äusserst, Alter, haha, tappen wir im Nebel :wink: ).

Was ich persönlich sympathisch finde: er lebte -teils- entgegen seine Postulate. Wenn Du mal googlest, findeste einige enttäuschte (Groupie lol)-Seelen - z.B. insbesondere weil Fromm Raucher war (Konsum!) und sich hat scheiden lassen (Widerspruch zum Thread-Büchlein). Für "halligalli" unterstell ich mal, war er immer zu haben. :) Das ist sein Stein in meinem Brett :blacklol:. /edit: da fällt mir noch eine Passage in seinem Buch ein, bzgl. Trennung: kennste bestimmt.. da eiert er auch komisch rum, sinngemäss schreibt er: der Gedanke an Trennung ist IRRIG, aber ausschliessen und vermeiden kann man es doch nicht, und wenns nicht anders geht, na dann macht mal. LOL. Was soll der Satz? Es bleibt dem Leser überlassen, an dieser Stelle "ja und Amen" zu sagen, oder das Buch entgültig zuzuklappen und bei ebay einzustellen - imo, sofern man es mit einem formal-logisch Anspruch erworben hat.

Mit dem Adam-Eva-Dings bin ich noch nicht fertig, :lol:.

Das Buch, soweit ich es gelesen hab, gefällt mir trotzdem - im Wesentlichen. Hab aber immer das Gefühl, da spricht der Prototyp des "Gutmenschen" zu mir. So richtig eins werd ich damit nicht. :denk:

/edit: meine Hauptkritik an dem Buch ist die: ich kann Freunde und Freundinnen, oder Familienmitglieder, mit der selben Intensität lieben, wie meine Freundin (die ich auch, z.Z. exclusiv sogar, sexuell liebe). Dieser Fall ist bei Fromm nicht vorgesehen, er definiert die "höchste der Form der Liebe" AUSSCHLIESSLICH als sexuelle Vereinigung des männlichen und weiblichen "Pols" -. egal welche Ausgabe vom Buch. Bullshit, imo. /edit: bevor Du mich auffordest, das anhand von Zitaten zu belegen, bitte ich Dich (ich hab jetzt Wochenende), das zu widerlegen. :)
„Hupen Sie, wenn Sie bewaffnet sind!“ (R.A.W)
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