Re: Philosophische Sprüche/Texte

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Eine Schwäre peinigt mich.
Wo denn sitzt sie? Da wo ich.

Mitunter sitzt die ganze (größte) Seele
In eines Zahnes dunkler (kleiner) Höhle.

Ein weher Zahn - schlechter Schlafkumpan.

Ein Zahn, ein hohler, macht mitunter
Sogar die faulsten Leute munter.

Ein hohler Zahn ist ein Asket,
Der allen Lüsten widersteht.

Sie hat viel zu tun mit ihren Schmerzen.

Viel besser als ein guter Wille
Wirkt manchmal eine gute Pille.


Wie stark leidet einer? Verschiedene Dicke der Haut.
Ausdruck nicht zu prüfen auf seine Richtigkeit.


Kalte Füße sind lästig, besonders die eigenen.




vom busch.
namaste willhelm
:bow:

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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Der Mond riß ein Loch in die schwarzen Wolken und machte aus der aufgeweichten Landstraße einen silbern schimmernden Märchenweg, zu dessen beiden Seiten die Kiefern standen, unwillig die Köpfe schüttelten, weil der Wind ihnen ihre schwarzen Locken etwas zu grob kämmte, und ab und zu "Au!" und "Uih!" schrien, machte er es gar zu arg. An der Straße starrte gespenstig der hohe Giebel eines Bauernhauses aus seinem Hausbusche. Die große Tür stand offen; rot funkelte das Feuer, in dessen Mitte gespenstig der Kesselhaken mit dem Kessel hing, während vor ihm eine dunkle Frauengestalt sich hin und her bewegte, die bei ihrer Arbeit ein Lied sang, das der Wind stückweise zu mir hertrug.
Wie ein leibhaftiges Märchen war das, das alte Haus, das breite Tor, das rote Feuer, die dunkle Gestalt und das helle Lied. Ich ging weiter und dachte, wie arm wir wohl wären an Liedern und Märchen, hätten wir das offene Feuer nicht gehabt, sondern von jeher Öfen, geschlossene Feuerstätten, die das Herz nicht erwärmen und die Seele frieren lassen, die keinen warmen Schein auf stille Gesichter werfen, nicht mit roten Funken die Augen himmelan führen, neben denen kein Spinnrad schnurrt und vor denen keine schwarze Katze mit grünen Augen liegt und in die Glut blinzelt. Und weil wir kein offenes Herdfeuer mehr haben, dessen lebendige Glut eine bessere Wärme gibt denn die eingesperrten Flammen der eisernen Öfen, darum verlernten wir es, Lieder herauszuhören aus dem Flüstern der Flammen und den Funken die Märchen abzuhorchen."

Löns in "Unter dem Schornsteinkleid" anno 190x

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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Moegt ihr sowas..?

Wie aber urteilt denn ein Geist, der viel begreift?
Er schweigt.

Verschlossen ist des Schicksals Buch fuer uns.

Was der Mensch auch erforscht, sich selbst erforscht er nicht.

Nie weiss er sein Woher, nimmer sein Wohin.

In diesem Schauspiel Welt, das eitel ist und boes, schwaermt
kranker Narren Schar und faselt noch vom Glueck!

Voltaire, vor ein paar hundert Jahren.


Wenn jemand solche Sprueche hat, bitte her damit, lass alle sich daran erfreuen.

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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Der ist sehr gut, sollte man aber vielleicht kurz für die nicht Wilson Kennen (bzw. Wilson hat dies ja auch nur zitiert) kommentieren. Das Zitat fasst die Beobachtung zusammen, dass Menschen im Allgemeinen dazu neigen, aus den Aufgenommen Informationen genau jene zu selektieren, die ihrem Realitätsmodell entsprechen. Denken wir, es gibt einen Gott, werden wir in unserem Leben alle Hinweise sammeln, die uns zeigen, dass wir recht haben, denken wir aber, es gibt keinen Gott, so werden alle Informationen so filtern, dass sich unsere Auffassung bestätigt und wir in den Atheismus beweisen. Das Prinzip funktioniert natürlich überall und es ist interessant Menschen dabei zu beobachten, wie sie ihr Realitätsmodell immer wieder beweisen (SPD Wähler, CDU Wähler, Befürworter Autoritärer Verhaltensweisen, Besitzer eines Autos einer speziellen Automarke, die sich einig sind, dass nur diese Automarke wirklich vernümftig ist, Kriegsbefürworter, Drogenverächter usw.).
Allerdings stellt sich mir die Frage, was wir überhaupt denken und ich habe das Gefühl, dass sich unser Denken stark nach unseren dahinter liegenden Gefühlen richtet. Wir fühlen, dass SPD besser ist als CDU (oder was auch immer), fassen daraufhin den Gedanken, dass die SPD die bessere Politik macht und beweisen dies schließlich, indem wir die Informationen so selektieren. Werden unsere Gefühle in eine Richtung gedrängt (z.B. Drogen verbunden mit dem Gefühl der Angst) so werden wir diesem Verhaltensmuster nur schwer entkommen. Daher Phönix Erweiterung des Zitates:

Was der Mensch fühlt,
wird der Denker denken,
wird der Beweiser beweisen.

(Ich hab mich bewusst für "Mensch" entschieden, auch wenn es aus der Form fällt. Aber "Was der Fühler fühlt" klingt doch etwas seltsam ;) ).
"Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, so erschiene dem Menschen alles, wie es ist: unendlich. Denn der Mensch hat sich selbst eingesperrt, so dass er alle Dinge nur durch die engen Ritzen seiner Höhle sieht.“
(William Blake)

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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Würde ich auch Empfehlen. Cosmic Trigger I hat mmich auch noch begeistert, die anderen beiden eher weniger.

Hm...ich dachte gerade nochmal über meine Ergänzung nach und mir viel Yoda's weiser Ratschlag ein:

Erforschen deine Gefühle du musst :beten:
"Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, so erschiene dem Menschen alles, wie es ist: unendlich. Denn der Mensch hat sich selbst eingesperrt, so dass er alle Dinge nur durch die engen Ritzen seiner Höhle sieht.“
(William Blake)

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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Phönix hat geschrieben:Der ist sehr gut, sollte man aber vielleicht kurz für die nicht Wilson Kennen (bzw. Wilson hat dies ja auch nur zitiert) kommentieren.
Da hast Du vollkommen Recht, Phönix; ohne die Information, daß sowohl der Denker, als auch der Beweiser im selben kognitiven System sitzen und dort ihrer Arbeit nachgehen.... könnte das Zitat als unverständlich durchgehen. :2daumen:

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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anima hat geschrieben:Der neue Prometheus :2daumen:

.... sehr geilo!
Das scheint mir die beste Einführung in Wilson'sche Welt zu sein (so weit ich das beurteilen kann, kenne ja nur ein paar Bücher von ihm). Bei mir hat es "Klick" gemacht, als ich Wilsons "Quantum Psychology" gelesen hatte. Ist in e-prime geschrieben, enthält Sufigeschichten und Zenkoans und ist auch sonst recht mindfucking :D (aber eher als Fortsetzung zum Prometheus gedacht, mMn).

Re: Philosophische Sprüche/Texte

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ja, ja, der wilson....
irgendwie werde ich bei ihm das dumpfe bauchgefühl nie ganz los, dass er "sowohl als denker wie auch als beweisführer nie wirklich aus dem kognitiven system, das er in seim spätwerk "die neue inquisition" als das naturwissenschaftlich-mechanistische anprangert, ausbrechen konnte....
diese meine vorsichtige kritik kann und will aber die kühnheit dieses frei-geistes nicht schmälern...

trotzdem: andere sind da weiter gegangen als wilson (oder lass mich sagen: einen anderen weg gegangen, der, so sagt mir mein bauchgefühl, "richtungweisender" ist...), ohne dass hierdurch ihr werk an qualität, niveau oder ernsthaftigkeit eingebüßt hätte.

stanislav lem zb., medizinstudium in krakau mit anschließender forschungstätigkeit im bereich: "probleme der angewandten psychologie", fasziniert in dieser beziehung....

seine berufliche karriere als mediziner gab er aus "gewissensgründen" auf und widmete sich seither dem schreiben.
und wurde erfolgreicher science fiktion autor!

alle seine werke sind metaphern für...na was wohl.
das was die meisten forenmitglieder hier am meisten bewegt. ;)



sorry...ist nicht gerade topic...aber was solls. ;)



romanempfehlung:
solaris
der futorologische kongress

hier ein auszug aus der kurzgeschischte:
"der weisse tod"
vielleicht macht es den ein oder anderen "dmt-liebhaber" hellhörig und neugierig auf lem's erzählungen...

Der Planet Aragena war nach innen ausgebaut. An seiner Oberfläche durfte nichts
angetastet werden, nicht einmal das kleinste Steinchen. Denn so befahl dies der Beherrscher
dieses Himmelskörpers, König Metamerius, der sich auf Äquatorialbreite
dreihundertsechzig Grad weit erstreckte und seinem solcherart umgürteten Reiche nicht nur
Herr, sondern auch Schutz und Schirm war. Durch jenes Verbot wollte er seine Untertanen,
das Volk der Enteralen, vor Angriffen aus dem All bewahren. Deshalb lagen die Lande der
Aragena wüst und leblos. Nur die Beilschläge der Blitze hackten auf die
Flintgebirgskämme ein, und Meteore prägten Krater in die Kontinente. Doch zehn Meilen
unter der Oberfläche verlief eine Zone voll lebhafter Arbeit der Enteralen. Sie höhlten den
Heimatplaneten aus und füllten seinen Innenraum mit Kristallgärten und mit Städten aus
Silber und Gold und erbauten dodekaedrische und ikosaedrische Häuser mit dem First nach
unten, und ebenso auch hyperbolische Paläste. Dort hättest du dich in
zwanzigtausendfacher Vergrößerung in der Spiegelkuppel besehen können, wie im
Gigantentheater. Denn die Enteralen liebten den Glanz und die Geometrie und waren
vorzügliche Baumeister. Durch Systeme von Rohrleitungen preßten sie das Licht tief in den
Planeten hinein. Bald durch Smaragde, bald durch Diamanten, bald durch Rubine filterten
sie das Licht; so hatten sie je nach Wunsch Morgengrauen, Mittag oder rosiges
Verdämmern. Sie waren aber so verliebt in die eigene Form, daß die ganze Welt bei ihnen
spiegelig war. Ihre kristallenen, vom Atem heißer Gase fortbewegten Fahrzeuge hatten
keine Fenster, sondern waren ganz und gar durchsichdg. Und die Reisenden sahen in den
Fronten der Paläste und Heiligtümer sich selbst widergespiegelt als wundersam vielfache,
aneinandergrenzende, ineinandergleitende, irisierende Abbilder. Die Enteralen hatten sogar
ihren eigenen Himmel, wo im Feuer gezüchtete Spinelle und Bergkristalle in Spinnweben
aus Molybdän und Vanadium glommen.
Erblicher und zugleich ewiger Herrscher war Metamerius. Denn sein kalter und schöner
Leib war vielgliedrig, und im ersten seiner Glieder wohnte der Verstand. War nun dieses im
Lauf der Jahrtausende gealtert, und hatten sich die Kristallnetze ob des reichswaltenden
Denkens schon abgewetzt, so übernahm das nächste Glied die Herrschaft. Und so ging du
weiter, denn Metamerius hatte zehn Milliarden von Gliedern. Er selbst stammte von den
Aurigonen ab. Er hatte sie nie gesehen und wußte von ihnen nur dies: Vom Verderben
bedroht durch schreckliche Wesen, die der Kosmonautik zuliebe die heimischen Sonnen
aufgegeben hatten, schlossen die Aurigonen all ihr Wissen und all ihren Daseinsdrang in
winzige Atomkörner ein. Damit befruchteten sie den Felsboden der Aragena.........


sehr schön auch die kurzgeschichte:
von den drachen der wahrscheinlichkeit
usw.

reinschnuppern lohnt!
:nick:

Re: Philosophische Sprüche/Texte

75
Sachliche Romanze
Erich Kästner

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wussten nicht weiter.
Da weinte sie schliesslich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagt, es wäre schon Viertel nach vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.




Danke, Erich. :bow:

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